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Rock  Magazin

Die haben es sich verdient!!!

Vorgestellt: SPINDRIFT
<b>Die haben es sich verdient!!!</b>

Es gibt wenige Newcomer-Bands, die auf ein „Auto-Mixtape“ von mir kommen und somit die Ehre haben, mich und meine Fahrtbegleiter fuer eine gewisse Zeitspanne zu unterhalten. Spindrift (im folgenden: „SD“) haben dieses Kunststueck vollbracht, spielen nun zwischen Bands wie den Queens Of The Stone Age, den Foo Fighters oder Filter im Konzert der Großen und ließen Titel anderer Helden meiner Musikgeschichte an der „90-Minuten-Huerde“ der Cassettenlimitierung scheitern. Und womit? Mit Recht!
In good-old Germany existieren tausende Nachwuchsbands, die gerne bekannt werden wuerden, groß raus kommen moechten und die Welt auf Buehnen erkunden moechten, vor denen wiederum tausende Zuhoerer stehen und ihre Musik abfeiern. Die meisten dieser Bands werden dies nie schaffen. Andere wiederum haben die Ausdauer und, vor allem, das Glueck und schaffen diesen Sprung aus dem Nichts ins Rampenlicht. Neben einigen Dingen, die als Voraussetzung fuer das Forcieren dieses Glueckszustandes gelten, gibt es auch zwei Fakten, die unerlaeßlich sind: Originalitaet und Komplettheit. Und dies beides hat SD auf jeden Fall. In formvollendetem Zustand.
Wenn man sich zu Kritikzwecken die neueste CD von SD, das Drittwerk „The Standard Of Difference“, anhoert, dann ist man, wie immer, geneigt, die Sache als erstes mit Vergleichen zu anderen Bands anzugehen. Doch dieser Weg fuehrt hier ins geistige Nirwana. Kein Vergleich draengt sich, zumindest direkt, auf. Man erkennt in Bruchstuecken den ein oder anderen Schimmer von Querverweisen, doch das Gros bleibt auch nach dem x-ten Hoeren dasselbe: einfach SD. Gut, mir war es leider nicht vergoennt, das ganze Schaffensspektrum von SD zu erkunden, und es ist somit ein „Urteil unter Vorbehalt“, aber das restliche Material mueßte sich schon arg unterscheiden, um das Plateau „Originalitaet“ zu verlassen.
Doch beleuchten wir das ganze mal etwas praeziser. Da ist das Lied „Unreal“. Es beginnt mit einem kraftvollem Gitarrenriff, faehrt mit einem gesampleten Background fort, waehrend der Saenger seine ersten Textzeilen ambitioniert und engagiert vortraegt, um dann Instrument und Computer zu vereinen und die Bridge zu einem melodioes, eingaengigen Ohrwurmrefrain zu schlagen. So weit, so gut. Hoert sich nicht besonders spektakulaer und revolutionaer an, ist in der Ausfuehrung aber unglaublich eigenstaendig. Vergleiche zu Incubus, die bei SD-Mitgliedern als private Lieblingsband hoch im Kurs stehen, sind sicherlich nicht ganz zu verdraengen, schlagen aber doch reichlich fehl, denn der Gesang von Koral Erbey, z. B., ist zu aggressiv und zu direkt, um als Kopie von Mr. Boyd durchzugehen. Auch wird hier weniger rumgefrickelt, was die Musik besser auf den Punkt kommen laeßt. Spaeter im Song gibt es dann noch eine Metalattacke mit abgehackten Gitarrenpart und kleinem Soli, und schon ist der Incubus-Vergleich dahingesprengt. Ueberhaupt kann man den „Spinrock“, wie die Band ihren Musikstil gerne bezeichnet sieht, gut dadurch kennzeichnen, daß melodioese und brachiale Gitarren in feinem Wechsel kooperieren, langsame Parts mit Uptempo-Einheiten konkurrieren (siehe „Alternative Lovesong“), Samples die gute, alte Instrument-Handarbeit unterstuetzen und auch im haerteren Rockbusiness eigentlich seltenere Tonerzeuger, wie das Keyboard, ihren Einsatzbereich finden. Ein Plus ist außerdem sicherlich die oben bereits angesprochene Stimme von Saenger Koral. Sie beeinhaltet viele unterschiedliche Ausdruecke von harmlos bis aggressiv, von hilfesuchend bis bestimmend. Sie wirkt mit all diesen differierenden Moeglichkeiten allerdings niemals fehl am Platz, paßt immer zu den entsprechenden Liedpassagen. Letzteres zeigt natuerlich auch die Klasse des Frontmannes, der seine Hausarbeiten gemacht hat. Das wiederum trifft auf den Rest der Crew ebenso zu. Jeder beherrscht sein Instrument in perfekter Art und Weise, den großen Verspieler sucht man hier vergebens. Durch diese Qualitaet in der Spielweise ist es fuer SD natuerlich leichter, sich dem zweiten Erfolgskriterium zu stellen: der Komplettheit. SD hoeren sich nicht an wie eine Band, die im Stadium der Entwicklung gerade das Kindbett verlassen haben. Man braucht hier nicht zu fuerchten, daß die naechsten Auskopplungen alles bis dahin Dargewesene in Frage stellen. Nein, SD sind am Ziel. Sie haben ihre musikalische Destination gefunden. Und das hoert man deutlichst.
Verlaeßt man die musikalische Ebene nun, so stellt sich die Frage nach den Texten. Hier gibt es keine leichte Kost zu verdauen, die einem „tri-tra-trulala“-Gesinge aehnelt. Hier werden vielmehr die Hoerer aufgefordert, sich, das Leben, die Gesellschaft und eigentlich Alles zu ueberdenken. In „Alternative Lovesong“ soll man die Welt mit den Augen eines Kindes sehen, um die „wahre Liebe“ wiederzufinden, denn der Zustand der Welt schreit nach Veraenderung. „Unreal“ dient der Selbstfindung des Menschen und „Redefine“ ruft dazu auf, die eigenen Lebensspielregeln neu zu definieren, das eigene Leben vorsichtig und angemessen zu begehen und sich vorzustellen, das Leben waere wie ein Computerspiel, in dem man nur einen Versuch zur Verfuegung haette, um alles richtig zu machen. Ja, Oberflaechlichkeit ist bei SD kein gern gesehener Gast. Aber gerade dies ist eine wohltuende Erkenntnis, wenn man an die vielen Bands und Songschreiber, vor allem in anderen Musikrichtungen, denkt, die entweder gewaltverherrlichend, intolerant oder durch ihr Gehaenge regiert ihre „Moechtegern“-Texte verfassen.
So, am nahenden Ende dieses Artikels vielleicht noch ein kleiner Blick auf die Bandmitglieder, die ihre Erwaehnung in diesem Text sicher verdient haben. Da sind Saenger und Gitarrist Koral Erbey, der zweite Gitarrist Sebastian Manns, Basser Holger Zuehlke, Drummer Marcell Berger und Keyboarder und Sampler Remigius Jaroszewicz. Sie haben ihre Domizile im Raum Koblenz und spielen seit der Gruendung der Band im Sommer 1999 zusammen. Obgleich ihr Alter zwischen 22 und 27 liegt, sind neben Studenten und Azubis auch schon Manager in der Truppe, was auf dem Weg nach oben nur von Vorteil sein kann. Ueber ihre musikalischen Vorlieben (Incubus, Tool, System Of A Down) laeßt sich der Hang zur Gitarremucke leicht nachweisen, obwohl Drummer Marcell schonmal in anderen Sphaeren geschwebt haben muß, denn die erste gekaufte Platte war „Cherry, cherry, lady“ von Modern Talking, was aber hoffentlich lange, lange zurueckliegt . . .
„To put the whole matter into a nutshell“, wie mein Oberstufen-Englisch-Pauker immer zu sagen pflegte, laeßt sich feststellen, daß SD eine Band mit mehr als vielversprechenden Talenten ist, die unglaublich gute Musik macht und es sich absolut verdient hat, in naechster Zukunft auf breiter Front Anklang zu finden. Live sollen die Jungs, uebrigens, auch gut abgehen, was ich mir ohne Zweifel sehr gut vorstellen kann* . . .


*Daten der kommenden Gigs entnehme man bitte der Homepage der Band. Auf jeden Fall ist der 18.01.03 zu beachten, wenn die Jungs bei der „Infectous Grooves Party“ in Koblenz aufspielen.

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von  Redaktion am 09.01.2003
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