Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website
MyOwnMusic

Pop  Magazin

Wenn ich komponiere, bin ich in einer anderen Welt

Interview mit Woife Herrmann
Wenn ich komponiere, bin ich in einer anderen Welt

Deine Songs hier auf MyOwnMusic sind auch Geschichten die Du 
erzählst ! Man spürt förmlich die Bühne, das Theater und beim hören
Deiner Musik 
sieht man die Show vor dem geistigen Auge ! 
Woher nimmst Du deine Ideen, was inspiriert dich ?

Das kann daran liegen, dass ich versuche, das Gefühl, das ich trans-
portieren möchte, so echt und wahr als es mir möglich ist, wiedergeben
zu wollen. Ich werde inspiriert von persönlichen Erlebnissen und Beobach-
tungen an mir selbst oder meiner Umgebung. Stimmungen von Mitmenschen
oder mir selbst. Einen Satz den ich irgendwo höre, eine Person, die mir
begegnet und mit mir spricht oder auch nicht. Oft sind es spontane Einfälle 
auf Stichworte in Filmen oder dem ganz normalen Leben. Oder Töne, die
ein Gefühl und Bilder im Kopf entstehen lassen. Oder Dinge die mich extrem
ärgern und mir stinken. 

Du bist ja auch schon auf der Theaterbühne gestanden und hast
Regie geführt 
und auch schon mal ein  komplettes Musical
getextet und komponiert ! Gehst Du 
selber auch gerne ins 
Theater oder in ein Musical ?
 

Ins Theater gehe ich eigentlich nur, wenn ich eine gute Rolle habe. Mir gefällt 
der Platz auf der Bühne besser als der davor. Aber ab und zu schau ich mir 
schon mal ein Stück an. „Kunst“ z.B. finde ich gut. Eigentlich hasse ich
Musical zutiefst ! Wenn ich allein schon bedenke, wie viele tote oder untote
Persönlichkeiten schon für die Story irgendeines fünftklassigen Musicals
herhalten mußten, geht mir die Galle hoch. Diese armen Menschen können 
sich ja leider nicht mehr wehren. So dachte ich auch über „Phantom der
Oper“, bzw. dessen Komponisten Webber. Doch dann hat man mir 
irgendwann mal eine DVD dieses  Musicals in die Hand gedrückt und habe
mich damit vor den Fernseher gesetzt. Und die Musik in diesem Musical war
es, die mich total elektrisiert hat. Die Handlung kannte ich ja vom Buch. Aber
da hat es der Webber doch tatsächlich geschafft, klassische Musik so zu
komponieren und arrangieren, dass man glauben möchte, es wäre eine
Oper. Und das ist das Tolle am Phantom! Andrew Lloyd Webber hat aus
meiner Sicht hier klassische Musik auf wunderbare Weise mit einem
Musical verbunden. Das ist bewundernswert. 

Welche Musiker oder Künstler findest Du besonders gut oder sind 
vielleicht auch so etwas wie Vorbilder für Dich ?

Meine Vorbilder sind im Pop-Bereich natürlich die Beatles, insbesondere
John Lennon.  Dummerweise haben sie alles Mögliche und Unmögliche
in der Popmusik schon ausprobiert und ausgereizt, jede mögliche und
unmögliche Harmonie eingebaut, sodass, wenn du heute einen Popsong
schreibst, er trotz aller persönlicher Innovation immer irgendwie nach den 
Beatles klingt. Und das ist schon ärgerlich! Im komödiantischen Bereich
würde ich Loriot und Monty Pythons zu meinen Lieblingen zählen. In der
Klassischen Musik habe ich so 3 bis 4 Lieblingskomponisten. Ganz vorne
natürlich Stravinsky, der ist klasse! Was der aus Instrumenten herausholt ist
unnachahmlich und grossartig! Wagner mag ich gerne, insbesondere seine
gewaltigen Bläsersätze, von Gustav Mahler packt mich die 2. Sinfonie und
Puccini hat auch ganz gute Sachen gemacht. Im Literaturbereich liegen
meine Interessen bei Biografien von Künstlern, Psychologisches,
Philosophisches und mitunter auch Esoterisches- alles, was der
Ausformung meine Weltanschauung dient.

Wann hast Du das erste mal gemerkt, dass Musik und Theater
Dein Ding ist ?

Erste künstlerische „Auftritte“ - zur Hauptsache gesehen von vielen
Millionen Sägespänen unten am Boden eines Holzdehners (sagt
man so im Bayerischen) - hatte ich zusammen mit meiner damaligen
ersten großen Liebe „Weibi“. Wir ahmten Sänger und Sängerinnen
unserer Zeit und jeglicher Couleur nach, indem wir eine Schnur an
einen Holzstäbchen banden und dann  wie sie stolzierten, uns wie
sie bewegten und sangen. Da war ich wohl 4 oder 5. Doch ange-
fangen hat alles mit einem Schulkinderchor in der 1. Klasse und
einem Lehrer, der mein gesangliches Talent gefördert hat. Hier hab
ich auch das erste Mal Bühnenluft geschnuppert und bin bis heute
fasziniert davon. Bin dann später echt zur Rampensau mutiert, hab
oft gleichzeitig in verschiedenen Bands gespielt, ein Theaterstück
geprobt und gleichzeitig an einem Kabarettprogramm geschrieben
oder einem Regisseur bei einem anderen Stück über die Schulter
geguckt. Mein Vater unterstützte mich in diesem Bereich, indem er
mir Akkordeon und Orgel sowie Noten und Takte im Rahmen seiner
Möglichkeiten beibrachte. Ich hab das dann für mich immer selbst
weiter entwickelt. Er hat mir dann auch irgendwann gesagt, dass ich
beim Orgelspielen nicht am Boden liegen muss, um den gleichen
Blickwinkel wie beim Akkordeon zu haben. Besagte Orgel hat meine
schon damals (als ich ca. 9 Jahre alt war) gern ins dramatisch 
komödiantische abgleitenden Musikdarbietungen leider nicht überlebt.
Als ich versuchte, Jerry Lee Lewis darauf zu imitieren und neben dem
zweihändigen Spiel mit dem rechten Fuß auf die Tasten schlug, fing sie
an zu qualmen – mein Vater im Anschluss übrigens auch.

Du spielst auch Gitarre, hast Dir das selber beigebracht ! Wie kam
es dass Du auch eigene Musik 
komponiert hast bzw. zu Deinem
ersten eigenen Song ?


Als ich 14 war kauften mir meine Eltern eine Wandergitarre. Das Spielen
auf dieser brachte ich mir daraufhin selbst bei, was nicht ganz leicht war,
da ich als umgelernter Linkshänder (das war damals so üblich) natürlich 
mit Problemen zu kämpfen hatte. Mein erster Akkord, den ich konnte, war
G-Dur. Ein halbes Jahr lang habe ich daraufhin G-Dur-Kompositionen
angefertigt und war mächtig stolz darauf. Naja! Sketche waren auch ein 
Talent meines Vaters, das ich wohl von ihm geerbt habe. Er hat mich so
inspiriert, dass  ich mit 11 Jahren angefangen habe, selbst kleine lustige
Kurzgeschichten zu schreiben, die Gott-sei-Dank verschollen sind. In
meiner Teenagerzeit, habe ich jeden Korb, den mir ein Mädchen gab,
umgehend in ein Gedicht verarbeitet.  Es waren sehr viele, was meiner
künstlerischen Entwicklung sehr zu Gute kam. Meine erste eigene Kom-
position – übrigens auf G-Dur hieß „Lonley little Darlin'“ - Gott-sei-Dank
haben ihn nur wenige gehört!! - 

Beschreibe doch mal , was in Dir vorgeht wenn du gerade einen 
neuen Einfall für 
einen neuen Song hast ! 

Das ist manchmal absolut identisch mit dem, was „Charly Ramon“ zum
Beginn des Songs erzählt. In jedem Song offenbart man sich ja dem
Publikum immer ein wenig selber. Dann ist es aber auch oft so, das - wenn
eine  Idee kommt, - ich sage „Net scho wieda!“ oder „Jetz grod net!“, da sie
meist zur Unzeit kommen. Wenn es aber richtig fest in mir anklopft, kann ich
nicht anders, als sofort einen Textentwurf und/oder eine musikalische Skizze 
anzufertigen. Dummerweise kommen viele Ideen nachts, wenn ich eigentlich
schlafen will und dann leider nicht mehr kann. Ich finde dann erst zur Ruhe,
wenn ich die wichtigsten Teile der Idee notiert habe. Wenn ich eine Idee habe,
lässt sie mich nicht eher los, bis ich sie zu Ende gebracht habe. Ich fühle
mich dann regelrecht getrieben, was mich dazu zwingt in jeder freien Minute
daran zu arbeiten, bis ich erst mal zufrieden bin – vorerst. Der Zweifel
begleitet mich von jeher durchs künsterlische Leben, bringt mich aber auch
voran, indem   er mich dazu antreibt, meine künstlerischen Grenzen immer
wieder aufs Neue zu sprengen. Wie du ja bestimmt auch selbst weißt, ist
man als Künstler mit seinen Sachen ja eh nie wirklich zufrieden. Man könnte
immer noch Dieses oder Jenes verbessern, verändern oder weglassen. Ich 
teile das bei mir in verschiedene Phasen ein. Hab ich einen Song „fertig“
und denke mir „Boah,  wie geil ist das denn?!“ fange ich an mir zu misstrauen
und höre auf. Lass das Teil eine Zeit in Ruhe, mache was Anderes und höre
es mir später wieder an. Dann denk ich meistens „Mann, was für ne
Scheiße...“ und geh nochmal ran. Doch oft war es dann eben gerade dieser
„Scheißteil“, der mich dann zu dem Teil brachte, der dann halt zu hören ist.
Hätte ich also die eine Woche für jenen „Scheißteil“ den ich dann entsorge,
nicht verschwendet, wäre ich nie zu dem „guten Teil“ hingekommen.  
Und das passiert einige Male, wenn ich gerade am Komponieren oder
schreiben bin. Da bin ich echt in einer anderen Welt. Brauch da auch nix
zu essen, und frag mich dann schon manchmal: „Wie sieht meine Frau
gleich wieder aus … und wow, meine Kinder sind auch schon ganz
schön groß geworden ...“ Also ich will damit eigentlich nur sagen: Wenn ich
am Arbeiten bin, bin ich nicht auf dieser Welt. Ich führe dann einen schlimmen
Dialog mit mir selber, schimpfe und  lobe mich, streite mich mit mir um
ein“A“ bei den Bläsern, dass wohl als „G“ besser klingen würde usw.
Versuch mir einen Übergang schönzureden oder auszureden usw. Ich habs 
manchmal echt schwer mit mir ! Aber bis jetzt  konnt ich mich mit mir noch
immer einigen.

Wie wichtig ist dir die Musik ?

Sie bedeutet mir sehr viel, eigentlich fast alles! Die Kunst hat mich schon 
als Kind gepackt, war immer für  mich da und hat mich mein Leben lang 
begleitet und wird es weiterhin tun. Egal was sonst in meinem näheren  
Umfeld passiert, sie ist immer da. Ein Leben ohne sie könnte und will ich
mir nicht vorstellen. Sie ist mein Ventil und mein Antrieb.

Wie bist Du auf MyOwnMusic aufmerksam geworden und was
gefällt dir besonders an MyOwnMusic?


Auf irgendeinem Kanal irgendeines YouTube-User's hab ich MoM mal
entdeckt und mir dann angeguckt. Was mir an MoM gefällt? Naja, dass man
seine Songs hochladen kann, und womöglich fachliche, technische  oder
künstlerische Feedbacks dazu bekommt. Man lernt ne Menge Musiker
kennen, tauscht sich gegenseitig aus und hilft sich. Das find ich prima!
Natürlich gibt’s hier auch ein paar Rüpel, aber sie sind meiner Erfahrung
nach die Ausnahme.

Nach welchen Kriterien beurteilst Du Musik ?

Wenn ich mir Songs auf MoM anhöre ist erstmal für mich wichtig, ob mich der
Song berührt, ob ich lachen kann  wenn es was Lustiges ist, oder ob ich das
Gefühl spüre, dass der Song ausdrücken möchte. Das ist mein  oberstes
Kriterium. Oft ist es ja so, das der Mix und/oder das Arrangement eher
suboptimal sind, aber das  Gefühl des Songs zu 100 % bei mir ankommt.
Das ist für mich entscheidender als der technische Faktor. Dann interessiert
mich natürlich das Arrangement, die Verteilung im Mix und wie es gesungen
worden ist. Ist musikalische  Intelligenz vorhanden oder ahmt man
irgendetwas nach was es schon x-mal gegeben hat. Mit welchen Samples
oder Sounds gearbeitet wurde oder auch nicht, und wenn mit Samples
gearbeitet wurde interessiert  mich wie sie eingesetzt worden sind. Auch
die Dynamik in einem Song ist für mich wichtig. Wird bei gefühlvolleren
Teilen die  Musik zurückgenommen und bei wilderen Teilen sie verstärkt.
Hört man den Refrain wirklich als solchen heraus usw.

Wie sehen deine musikalischen Pläne für die Zukunft aus bzw. was
möchtet Du mit deiner Musik erreichen ? 

Ich hab so viele Pläne und Ideen im Kopf und zum Teil auch schon auf Papier,
was ich noch alles so künstlerisch machen möchte, doch dazu müßte ich
mindestens 200 Jahre alt werden, und das wird mir wohl nicht gelingen.

Pläne im Sinne von „Ich komm jetzt ganz groß raus“ hab ich eher nicht.
Für mich zählt meine persönliche künstlerische  Weiterentwicklung. Dass es
mir gelingt, mit jedem neuen Song meine bisherigen Grenzen in Komposition
und Arrangement zu  sprengen, denn irgendwann möchte ich so etwas wie
eine Sinfonie komponieren können. Auch dass ich mit meinen Texten 
schneller an den Kern meiner gewollten Aussage komme ist ein Ziel von
mir, ohne Abstriche machen zu müssen und ohne, dass die Poesie dabei
zu kurz kommt. Ich will erreichen, dass mir die Leute zuhören, wenn ich
glaube, etwas zu sagen zu haben oder ganz dringend aus mir heraus will. 
Ich würde mir wünschen, dass die Leute sich auf einen Song oder ein
Theaterstück einlassen und mitgehen. Dass sie keine Scheu  haben, oder
glauben, als schwach eingestuft zu werden, wenn sie ihre tiefsten inneren
Gefühle zeigen, dass sie sich auf das  konzentrieren, was im Leben wirklich
zählt. Und nicht darauf, wieviel „Freunde“ man in Facebook oder sonstwo
hat. Dass manche Menschen endlich mal ihre Oberflächlichkeit beiseite
legen und über irgendetwas wirklich nachdenken. Denn ab und an hab 
ich das Gefühl, dass Denken zu einem Luxusgut geworden ist. Und natürlich
freue ich mich, wenn die Leute sich über meine lustigen Songs amüsieren
und sich auch die restlichen Sachen von mir anhören oder ansehen.

Danke für das Interview und den kurzen aber interessanten Einblick
in Dein künstlerisches Schaffen !



Kommentare

ZWEXX
ZWEXX Februar 2013
Sehr schönes Interview ! Kluge Fragen und Antworten, die ich komplett unterschreiben kann.


von  ACM am 06.02.2013
Aufrufe  14781



Anzeige


Weitere interessante Artikel