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Pop  Magazin

Mensch: Human being

steep
Mensch: Human being

concerning: Steep.

Das erste Album ist ja immer etwas besonderes. Freude hier und da, endlich besser produziert und im richtigen Rahmen präsentiert, kann man aus den Songs einiges ’rausholen und sogar schlechte Songs besser klingen lassen. Andersherum geht das Ganze natürlich auch, gute Songs kann man durch eine schlechte Aufnahme auch gut verhunzen. Steep aus dem aufgeschlossenen und innovativen Bayern haben das „Die erste CD“-Gefühl nun auch gerade erleben dürfen und darauf auch die Songs verarbeitet, die bereits bei My Own Music zum Herunterladen bereitstanden. Der Titel ist prägnant-schlicht „Human Being“. Steep versprechen die Revolution der Vorstellungskraft und fallen auch in ihrer Selbstbeschreibung bei My Own Music nicht zwingend durch Bescheidenheit auf, so schaffen sie es perfekt die normalerweise von Plattenfirmen angefertigten Lobeshymnen zu imitieren: „Diese junge Band ist unabhängig, undercover und trotzdem unmittelbar präsent.“ Unmittelbar präsent gehen sie mit „Begeisterung, Leidenschaft und Freude“ ans Werk und entwickelten mit „viel Kreativität“ einen unmittelbar präsenten „Stil jenseits des Mainstreams“. Und so erfährt man letztlich, dass die Welt Steep sehen und hören will. Ob das wirklich so ist, soll jetzt näher überprüft werden.

Opener verschaffen einen wichtigen Ersteindruck und daher sollte man sie möglichst gut auswählen. Einen Song, der nicht der stärkste das Albums ist und nicht der schwächste oder einen Song, der gleich ins Ohr geht. Dass das am Anfang einer Karriere mitunter nicht ganz so gut gelingt, ist kein Beinbruch, doch trotzdem scheint es, als hätten Steep sich für einen Opener entschieden, bei dem zwingend der Gedanke aufkommt, dass jetzt nur noch besseres folgen kann, denn „In This Mirror“ ist ein dahinplätschernder Song, der den Rest des Albums in keiner Weise repräsentativ wiedergibt. Ziemlich pathetisch und unnötig dramatisiert der Refrain, langweilige Gitarrenriffs und auch die schlechteste stimmliche Leistung des Albums sollte man nicht unbedingt an den Anfang setzen. Mit „Poison For Your Soul“ kommt das Album dann in Fahrt, auch wenn der Titel „Gift für deine Seele“ eher an HIMs letzte Eskapaden erinnert. Musikalisch allerdings um Klassen besser als der Opener, mit einem eingängigen Refrain und guter Instrumentierung. Der eigentliche Opener des Albums, wenn auch dieser textlich gesehen nicht wirklich überzeugen kann.

Der Titelsong des Albums ist ein Song, den die Band mit der Beschreibung „Große Tränen wurden nach dem Motto ‚Quiet is the new loud’ in rührenden Piano-Balladen vergossen“ gemeint haben könnte. Der Song benötigt allerdings keine euphemistisch-anmutende Beschreibung, er überzeugt auch ohne vorausgeschickte Überzeugunsversuche. Eine Ballade, die nicht übermäßig im Kitsch versinkt, aber gerade genug Kitsch hat, um überzeugend zu wirken. Die Titelfolge des Albums gestaltet sich wie ein Auf und Ab, denn nach nun mehr zwei guten Songs folgt „No Revolution“, der an sich tatsächlich keine Revolution darstellt und dem Album geholfen hätte, wenn er gar nicht erst mit hinaufgenommen worden wäre. Im lustig wirkenden 80er-Jahre-Europe-Outfit ist er eine ausgelutschte Hymne, deren Aufruf „Let’s meet together“ nur wenige Leute folgen würden.

Eine Prise Punk sähen Steep mit „Just Nothing Else“, einem Highlight auf der CD. Der Song geht treibend nach vorne, ist eingängig, aber nicht langweilig und ist mit Sicherheit ein Renner auf jedem Festival. „Insanity“ ist ein wirklich ausgearbeiteter Song, der nach einem langsamen Anfang auf die Geschwindigkeit des Vorgängers wechselt und auch auf der gesamten musikalischen Linie überzeugen kann. Der Refrain setzt sich im Kopf fest und auch die Melodie ist prägnant. Das wirkliche Highlight folgt jedoch nach den beiden Songs: „Never Too Soon, Never Too Late“ ist nach den vorhergehenden Songs eine musikalische Überraschung und wirkliche Abwechslung auf dem Album. Die Produktion ist am besten ausgearbeitet, Stimme und Musik sind perfekt aufeinander abgestimmt und in Szene gesetzt und letztlich stimmt auch Melodie und Eingängigkeit. Mit elektronischen Einflüssen gestaltet, erreicht man das beste Ergebnis des Albums und hätte diesen Rezept auch auf andere Songs anwenden können. Prädikat besonders wertvoll.

„In Some Respects (I’m A Child)“ ist eine dieser Songs, die weder besonders positiv, noch besonders negativ auffallen und man daher nicht großartig etwas über sie sagen kann. Ein nettes Stück schnelleren Rocks, vielseitig aufgebaut, aber nicht auszeichnend oder hervorstechend. Der Abschluss hält noch einmal eine wirkliche Überraschung parat, den etwas an Pulps „Weeds II“ erinnernden Song „Glade Of Thousand Reflections“, der durch gesprochenen Text seltene atmosphärische Dichte erzeugt und den Zuhörer wirklich zuhören lässt. Ein wirklich gelungener Abschluss für ein Album, da dieser Song noch tatsächlich zum Stichwort „Imagination“ passt.

Abschließend bleibt festzustellen, dass Steep wirklich überzeugende und hervorstechende Songs schreiben können, aber noch nicht wirklich aus dem Genre-Standard herausgekommen sind. „Never Too Soon, Never Too Late“ und „Glade Of Thousand Reflections“ sind erstaunlich gute Ansätze, denn meist findet man keine Songs dieser Liga auf den ersten Alben, doch auch gerade im Schatten gehen viele Songs unter. Tiefleistungen bleiben nicht aus, denn auf „No Revolution“ oder „In This Mirror“ hat im gesättigten Musikgeschäft niemand gewartet. Die stimmlichen Leistungen sind auch noch nicht ausgeschöpft und könnten vielseitiger eingesetzt werden, als es auf „Human Being“ der Fall ist. Die Band ist auf dem richtigen Weg wirklich gut zu werden, legt sich aber auch selbst Steine in den Weg. Der mitunter größte Stein sind die Texte, die über den Rohstatus allesamt nicht hinauswachsen. Wirkliche Aussagen, außer den abgedroschenen Standardstatements des alternativen Genres, kann man nicht entdecken und das, was einem geboten wird, erreicht meistens nicht die rettende Insel und geht irgendwo im Meer der uninteressanten Texte unter. Zudem sollte man beim Benutzen der Fremdsprache möglichst wenige Grammatikfehler machen. Bleibt abzuwarten, ob sich in lyrischer Hinsicht neues Potential ergibt.

Die Welt wird Steep nach diesem Album nicht beide Ohren schenken, aber einige Songs mögen und auch auf das Potential der Band hoffen. Bis zum Plattenvertrag hat die junge Band auch noch Zeit genug, um die notwendigen Veränderungen geschehen zu lassen. Und dann wird die Welt Steep genügend Aufmerksamkeit schenken.

5/10

Tracklist: In This Mirror; Poison For Your Soul; Human Being; No Revolution; Just Nothing Else; Insanity; Never Too Soon, Never Too Late; In Some Respects (I’m A Child); Glade Of Thousand Reflections.

Anspieltipps: Never Too Soon, Never Too Late; Glade Of Thousand Reflections. Anspieltipps: Never Too Soon, Never Too Late; Glade Of Thousand Reflections.

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von  Redaktion am 26.04.2003
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