C64-SID (Sound Interface Device)
Der legendärere Soundchip des C64.
Welchen Einfluss der C64 auf die Entwicklung der elektronischen Musik gehabt hat, ist schwer abzuschätzen. Einen Anhaltspunkt liefert aber vielleicht, dass viele elektronische Formationen auch später noch Samples nutzten, es gab „C64“-Mixe, ebenso haben typische Sounds Einzug in elektronische Musik gehalten. Man kann heute SID-bestückte Synthesizer und Soundkarten kaufen.
Die Geschichte der Technik...
1982 wurde der C64 vorgestellt, 1983 auch in Deutschland, zuerst noch sündhaft teuer, fand er ab Mitte der 80er Jahre immer größere Verbreitung und als die Produktion nach elf Jahren eingestellt wurde, waren über 17 Millionen Exemplare des C64 verkauft worden.
Während dieser Zeit war das Innere nicht unverändert geblieben – im Gegenteil: Das Innere des ersten C64 glich dem elf Jahre später kaum mehr, die Kompatibilität blieb jedoch vollständig erhalten.
In Bezug auf den SID gab es zwei Varianten: Zu Beginn gab es den MOS Technology 6581 SID, der später durch den MOS Technology 8580 SID ersetzt wurde. Diese beiden Chips haben einen deutlich unterschiedlichen Klang. Die Filterstärke war korrigiert worden, ebenso waren Störgeräusche bei der Lautstärkeänderung eliminiert. Letztere waren allerdings zum Abspielen von 4-Bit Samples eingesetzt worden, die auf neueren C64 unhörbar wurden. Abgesehen von diesen Unterschieden handelt es sich von der Steuerung her natürlich um identische Soundchips, die zu der Zeit, als der C64 auf den Markt kam, im Bereich der Heimcomputer (bezüglich des Klangs) bahnbrechend waren.
Rob Yannes, dem man bei der Entwicklung des SID’s freie Hand gelassen hatte, hatte zuvor Synthesizer-Chips entwickelt und sollte später mit der Gründung von Ensoniq wieder auf diesen Weg zurückkehren. So kam es, dass er den SID nicht – wie zu der Zeit üblich – stiefmütterlich behandelte. Tatsächlich sind die Fähigkeiten des C64 als Rechner eher beschränkt. Seinen Erfolg hatte er dem guten Videochip (16 ausgewogene Farben bei 320x200 Bildpunkten) und eben dem SID zu verdanken.
Der SID als Synthesizer...
Der SID beinhaltet drei unabhängige monophone Klangerzeuger, die die Wellenformen Dreieck, Rechteck (mit variabler Pulsbreite), Sägezahn und Rauschen ermöglichen. Die Frequenzen sind frei einstellbar, die ADSR-Hüllkurven können in einem weiten Bereich variiert werden. Es gibt die Möglichkeit der digitalen Synchronisation und Ringmodulation der Stimmen. Bei entsprechender Programmierung sind LFO’s möglich.
Der SID beinhaltet einen Filter, der Low-Pass, High-Pass, Band-Pass oder Notch geschaltet werden kann bei frei wählbarer CutOff-Frequenz und in 16 Stufen variierbarer Resonanz. Der Filter kann den Kanälen frei zugeordnet werden. Man könnte aufgrund dieser Spezifikationen der Vermutung erliegen, der Klang des SID ließe sich einfach digital nachbauen. Dies ist jedoch nicht der Fall, was daran liegt, dass der SID ein Analog/digital-Hybridchip ist. Die tatsächlich ausgegebenen Wellenformen unterscheiden sich deutlich von den theoretischen wodurch der typische Klang entsteht. Darüberhinaus hört man den SID auch in ausgeschaltetem Zustand deutlich und charakteristisch. Mittlerweile gibt es viele Emulationen, die teilweise den Klang recht gut – aber nicht perfekt – wiedergeben, dann aber dafür einen immensen Rechenaufwand betreiben müssen.
Von der Spielekonsole zum Musikinstrument...
In erster Linie wurde der C64 als Spielecomputer genutzt, wobei in jener Zeit Computerspiele eine bemerkenswerte Evolution durchmachten und das in optischer und akustischer Hinsicht, als auch in Hinblick auf das Gameplay. Da sich die Hardware nicht veränderte, konnten alle Weiterentwicklungen nur durch Optimierung der Programmierung erreicht werden, was üblicherweise bedeutete, durch geschickte Mechanismen die hardware-gegebenen Beschränkungen zu unterwandern.
Besonders in Bezug auf den Sound des C64 ist noch anzumerken, dass - offenbar aufgrund der extrem schnellen Entwicklung - der SID nur unzureichend und teilweise sogar falsch dokumentiert ist. Trotzdem entstanden immer bessere SIDs, wie die Musikstücke für den C64 gerne abgekürzt wurden, nicht nur in Spielen, sondern ebenso in der sehr breiten Demo-Szene, die sich auch gerne bei bekannten Hits jener Zeit bediente. Natürlich wurde auch versucht, Samples abzuspielen – mit einer Vielzahl von Einschränkungen – alleine wenn man die Taktfrequenz von 0,97MHz und den Arbeitsspeicher von 64kByte bedenkt!
Im Computerspiel „Impossible Mission“ von 1984 hörte der verblüffte Spieler die Eröffnung „Another Visitor ... stay awhile ... stay forever!“, ein Sample, das später gerne in elektronischer Musik verwendet wurde. Während das Sample lief, bewegte sich nichts auf dem Bildschirm und keine Eingabe war möglich. Die komplette Rechnerleistung war damit beschäftigt, ein arg rauschendes Sample schlechter Qualität wiederzugeben.
Die Integration von Samples in Musik gelang später ebenfalls, wobei die Qualität allerdings nie viel besser wurde. Interessant war die Verwendung besonders für Drum-Sounds, da diese zum einen wenig Speicher in Anspruch nahmen, zum anderen die Generierung von Drums aus weißem Rauschen nie zu wirklich befriedigenden Ergebnissen geführt hatte.

..und zum ersten Tracker...
1986 wurde in der Zeitschrift 64’er das Listing zu Chris Hülsbecks Soundmonitor veröffentlicht, dem ersten Tracker der Musikgeschichte. Dieses (recht maschinennahe) Programm fand eine enorme Verbreitung und war vielleicht der Startschuss dazu, dass auch Menschen ohne tiefere Programmierkenntnisse (in Assembler) den C64 als Musikinstrument begriffen.
Wenn man die enorme Verbreitung des C64 bedenkt, verwundert es nicht, dass dieser Rechner für eine ganze Generation Hörgewohnheiten geprägt, aber auch für viele ein erstes Tor in die Erzeugung elektronischer Musik dargestellt hat.
Vielleicht sollten an diesem Punkt einige typische Arbeitstechniken der SID-Musik angeschnitten werden: Ein Problem stellte immer die Beschränkung auf drei Stimmen dar. Um trotzdem eine Harmonik darstellen zu können, wurde üblicherweise mit schnellen Arpeggios gearbeitet, was ein typisches Klangelement darstellt. Ein weiteres Problem war die Schwierigkeit, ein realistisch klingendes Schlagzeug zu simulieren, wobei besonders eine Bass Drum selbst mit Samples nur schwer darzustellen war. Daher etablierten sich fette Bässe. Der eine zur Verfügung stehende Filter wurde häufig für den Bass als Low Pass Filter verwendet.
Der nur begrenzt zur Verfügung stehende Speicher führte zu einer möglichst effektiven Speichernutzung, was für Musikstücke die Verwendung möglichst vieler repetitiver Elemente bedeutete. In der großen Zeit des C64 gab es Radiosender, die nur SIDs spielten, aber auch nach der Einstellung der Produktion blieb die Szene aktiv und heute existieren umfangreiche freie Archive dieser Musikstücke, die teilweise Klassiker der Computermusik sind. Als wichtige Programmierer/Komponisten sind neben Chris Hülsbeck sicher auch Rob Hubbard, Martin Galwayund Jeroen Tel zu nennen.
Wichtige Links zu diesem Thema:
Um SIDs auf dem PC abzuspielen, gibt es spezielle Emulatoren, z.B.: Sidplay2 (http://www.gsldata.se/c64/spw/).
Eine sehr umfangreiche Sammlung an SID's steht in Form der High Voltage SID Collection (http://www.hvsc.c64.org/) zur Verfügung - unter anderem die Stücke der oben genannten Komponisten!
Wer auf den Geschmack gekommen ist und vielleicht Lust auf Spiele wie Katakis, Paradroid oder Maniac Mansion bekommen hat, dem sei der C64-Emulator VICE (http://www.viceteam.org/) empfohlen.
Wem die Emulation nicht reicht, der kann sich den SID auch in den PC einbauen z.B. in Form der HardSid - Karte (http://www.hardsid.com/).
Ein Klangbeispiel:
(http://www.myownmusic.de/player/?songid=121289)
Kommentare
static disruption Februar 2006
Ersteres ist mit über 900€(!) völlig überteuert, zweiteres beinhaltet lediglich eine SID-Emulation (wenn überhaupt). Es mag ein gutes Gerät sein und wenn man der Meinung ist, der SID würde eh nur PacMan Sounds beherrschen, lohnt sich auch nicht die Investition in diesen Chip.
Jack Tower Februar 2006
Aber richtig..ich hab sogar noch einen funktionierenden C 64
hab schon überlegt den umbauen zu lassen und ihn als hardware synthi zu nutzen^^
altlast Februar 2006
Was ein zufall: Habe gerade einen neuen Song in arbeit, der nur c64Sounds nutzt
recoder64 wip16
Wenn Ihr lust habt, könnt Ihr ihn mal unter
http://www.syntheme.de/mp3 reinhöhren.
Gruß,
altlast
rauhfaser-klang-de Februar 2006
Habe selber hier noch ne Kassette (ja ne Kassette!) mit c64 mugg drauf.
Sprottenrock Februar 2006
static disruption Februar 2006
Jupp - ich hab zwei c64, bei denen mir der SID durchgebrannt ist - bei einem hab ich vermutlich den Ausgang kurzgeschlossen... naja.
trouby Februar 2006
möchte noch 2 was hinzufügen:
1. der sid kann auch 2x potis pro joystick ansprechen a 8 bit - damit kann man z.b. live die cutoff, resonance, evtl auch decay kontrollieren. hab mal sowas programmiert - aber:
der c64/2 hat da nen bug beim umschalten der potis (der sid hat nur 2 wandler) - pot 3 toggelt zw. wert & 255, pot4=pot1.
bei höheren werten ab 64 wird die wandlung sehr ungenau - isse eh sowieso - da is aus irgendwelchen gründen die spannung vom poti-abgriff flukturierend.
2. der sid ist sehr empfindlich - statisch & thermisch.
ausgebaut (der is gesockelt) 1 pin berührt - der ausgangs-vca is hin.
oder an der filter-kondensatoren rumgelötet - das war mal ein filter - dieser hat 12db.
das signal wird zwar über einen externen transistor ausgekoppelt, trotzdem kann man den sid beim kabel umstecken abknallen (amp -> pc zum aufnehmen) - vermutlich weil im ossiblock PEN im netz (N & Schutzleiter verbunden (!), pc-gehäuse & pc-masse am schutzleiter), das kann schon netzspannung auf der masse liegen...
Ben Kaiser Februar 2006
ReFX hat den SID-Chip als Vst-Plugin zum verkauf angeboten (60€) ... zum rumspielen, kann man sich aber auch mit der Demo zufrieden geben :) ... inkl. 128 von Chris Hülsbeck
www.refx.net
Ein Download lohnt sich ... der Sound is der Hammer :)
i love SID :D
greetz kai
static disruption Februar 2006
MayutscH Februar 2006
wollt ich mal vorschlagen...emuliert auch schön die Brotkiste!
Ehemaliger Account Februar 2006
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static disruption
am 02.02.2006
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