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MyOwnMusic

Various  Magazin

"Ich liebe die Musik mehr als sie mich"

Interview mit Karl der Große


Zur Einstimmung auf das Interview, hab ich mir gerade einige deiner Songs angehört. Deine Musik geht schon gut ins Ohr und ist auch sehr gut produziert ! Ich behaupte aber mal:  Dein Markenzeichen sind die frechen, sarkastischen  mitunter lustig aber auch mal derben Texte ?  

Meine Texte als Markenzeichen? Ich schreibe mir gern meinen Frust von der Seele. Dann bin ich ihn los und ihr habt ihn an der Backe. Früher habe ich mir die Worte nur so rausgequält, bis jemand sagte: " Denke nie an den Reim, sondern an das, was du wirklich sagen willst. Der Reim findet sich dann wie von selbst ". Dieser Leitgedanke ist Gold wert. Seitdem habe ich einen Riesenspaß beim Texten. Vorbilder sind natürlich die großen deutschen Liedermacher wie, Kunze, Wecker, Biermann, Mey und auch die Blödelbarden. Politisches Kabarett schätze ich ebenfalls außerordentlich. Spitzfindigkeiten, Ironie und Sarkasmus werden dort künstlerisch auf die subtilste Weise verarbeitet. Wie ich durch die Bewertungen erfahren habe, sind die Reaktionen auf meine Texte bei Mom sehr gespalten. Was der eine als lustig empfindet, regt andere regelrecht auf. Gut, das möchte ich nicht ändern, im Gegenteil, ich werde es noch verfeinern.

Du hast ja noch einiges an Textmaterial, das der Vertonung harrt.
Wann 
hast Du damit angefangen eigene Songtexte zu schreiben ?  

Mit dem Dichten habe ich sehr spät angefangen, so um die Dreißig herum. Ich stand damals an einem Wendepunkt, wo ich mir dachte, so könne es nicht weitergehen. Da läuft was schief. Ich habe eine Art Bilanz gezogen und meine zwischenmenschlichen Beziehungen aufs Korn genommen. Das reichte von der eigenen Familie bis zu Freunden und vor allem Freundinnen. Der erste Text, den ich hier auf Mom verarbeitet habe, war der Song " Kleiner Bruder " mit Vlad. Zu Hundert Prozent autobiografisch sind die Texte aber nur selten. Wenn es der Dramatik und dem Reim dienlich ist, der mir selbst ein Lächeln abringt, mache ich es einfach und zensiere meine Gedanken nicht. Der vergeistigte Poetentyp, der mit einem Bleistift und Block in der Tasche herumläuft und die Leute beobachtet, bin ich allerdings mitnichten. Meist nimmt mich ein Grundgedanke gefangen, der sich im Kopf fortspinnt. Dann kommt meine Akustikgitarre ins Spiel und besorgt den Rest.

Gibt es musikalische Vorbilder, die Dich besonders geprägt haben ?

Klar haben mich musikalisch die großen Stars geprägt. Das hörte auch nicht irgendwann auf, sondern ist ein anhaltender Prozeß. Grandios finde ich momentan die Musik von Steve Vai, der ein Zögling von Frank Zappa ist und zu den besten Rockgitarristen der Welt gehört. Damit habe ich bereits angedeutet, dass auch Zappa einer meiner größten Favoriten ist. Ich sage mal ganz frech: " Zappa ist das einzige Genie, was die Rockmusik hat. " Ich kenne alle seine Scheiben und habe Jahre damit verbracht, sie zu hören. 
Als Jugendlicher spielte die Englischlehrerin uns die Abbey Road der Beatles vor. Also, ich muß schon sagen, Come Together klang anders als Lieder von Heintje und Heino. Ich kaufte mir die Abbey Road. Sie war meine erste LP. Seitdem war es um mich geschehen und ich wünschte mir zu Weihnachten eine Gitarre, die ich auch bekam. Leider gab es die Beatles zu der Zeit schon lange nicht mehr. Nur Paul McCartney habe ich mit den Wings live erleben dürfen. Ich saß die ganze Zeit mit offenem Mund in der ersten Reihe
 .

Du hast ja auch in verschiedenen Bands gespielt ! U.a. warst Du
mit 
Schockhausen und Pointdexter (beide  auch hier auf
MyOwnMusic vertreten) in einer Band Namens
"THE BIEST"  . 

Ja, seit dem McCartney-Konzert war klar, ich brauche eine Band. Das war gar nicht so einfach, weil ich in Spandau, einem Vorort von Berlin, aufwuchs, wo Rockmusiker Mangelware waren. Jahre später lernte ich dann den Freund einer Freundin meiner Freundin kennen. Der holte mich in seinen Übungsraum mit vielen Instrumenten und ich war begeistert von dem Krach, den man damit erzeugen konnte. Nach vielen Umbesetzungen kristallisierte sich dann die erste feste Band heraus. Sie hieß " The Pack " , spielte Bluesrockstandards nach und hatte ca. 5 Jahre unzählige Auftritte, meist sogar für Geld. Vorbilder waren vor allem Bad Company, Stones, ZZ Top und viele andere. Irgendwann ging mir das Bluesgejammere tierisch auf die Nerven, obwohl es mich bis heute tief geprägt hat. Noch nerviger war das ewige Covern von Songs. Ich hatte eigene Ideen und wollte sie auch umsetzen. Das war mit The Pack nicht längerfristig zu machen. Da schieden sich die Geister im Kompetenz- und Machtgerangel. Zu der Zeit ergaben sich bereits einige Kontakte zu anderen Musikern, die dann schließlich zu der Band " Biest " wurden, die ausschließlich eigene Stücke spielte und dafür kein Geld bekam. Biest hatte nur 4 Auftritte, davon aber zwei im legendären Quartier Latin ( heute Wintergarten ), indem die großen Stars spielten. Es war um die Zeit der Neuen Deutschen Welle. Ich schrieb dem ausgezeichneten Sänger seine englischen Texte alle in deutsch um. Schockhausen ( Drummer ) und Pointdexter (Bass) gehörten auch zur Biest-Formation. Mit Schockhausen habe ich immerwieder Homerecordingprojekte gemacht, die hier auch auf Mom zu hören waren. Durch das Homerecording habe ich wieder zum Gesang und zur Akustikgitarre gefunden. Doch zurück zur Livemusik. Nach Biest hatte ich das Glück, einen Job in einem Kreuzberger Kulturzentrum zu ergattern, der mich ernährte. Dort führte ich berühmte Musicals wie " Hair " auf. Die Sänger und Musiker durfte ich selber aussuchen. Ich nahm die besten jungen Talente, die ich zu der Zeit finden konnte. Es war ein großartiges Projekt, von dem ich heute noch schwärme und auch ein tolles Demo besitzte, das in einem Profistudio aufgenommen wurde. Bei Hair spielte ich ausnahmsweise Bass, danach nie wieder. Allgemein bin ich musikalisch aufgeschlossen. Ich habe einen ganz einfachen Geschmack. Von allem das Beste. Von Bach bis Stockhausen und von Abba bis Zappa. 

Hier auf MyOwnMusic hast Du schon mit einigen Musikern
produziert, dabei sind viele tolle Songs entstanden !
Was reizt Dich da besonders, an der vielleicht nicht immer
einfachen Zusammenarbeit mit den Musikkollegen ?

Mom und andere Musikforen sind die logische Folge des Homerecordings am PC in Verbindung mit dem Internet. Das ist für mich relativ neu und immernoch ein wenig unheimlich. Einerseits hat man ein riesiges Spektrum an Musikern, mit denen man kommunizieren kann, andererseits bleibt der Mom-Partner fragwürdig anonym. Nähe und Distanz muß permanent ausgelotet werden. Man weiß nie genau, worauf man sich einläßt. Musik war für mich zuvor eine Freundschaftsangelegenheit mit Menschen, die man persönlich kennt und von denen man weiß, was sie machen und wie sie riechen. Inzwischen habe ich mich an diese moderne Form der musikalischen Kooperation gewöhnt, wobei ich mir aber oft in der Fantasie vorstelle demjenigen persönlich zu begegnen, mit dem ich gerade über das Netz einen Song mache. Insgesamt sind meine Erfahrungen auf Mom überwiegend positiv. Größtenteils funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos, wenn klar ist, wie man zusammenarbeitet. Ich würde mir wünschen, mal etwas intensiver mit jemanden an einem Song zu arbeiten. Bisher ging es meist um ein Solo oder um Gesang auf ein fertiges Playback. Das funktioniert am Einfachsten. Das gemeinsame Entwickeln von Details war bisher leider nicht möglich. Da ich zur Zeit in keiner Band spiele, ist Mom für mich eine Art Bandersatz geworden, was ich sehr genieße. 

Wieviel Zeit verbringst Du damit, eigene Texte zu verfassen bzw.
Musik zu produzieren ?

Ich habe einen bürgerlichen Beruf gelernt, der mich unabhängig vom kommerziellen musikalischen Erfolgszwang macht. Musizieren gehört für mich zur Alltagskultur. Es ist erstaunlich, wieviel Zeit man hat, wenn man nicht vor der Glotze hängt. Ich nutze täglich jede freie Minute, um mich mit dem Schreiben von Liedern zu beschäftigen. Also, zwei Stunden kommen da schon pro Tag zusammen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, jemals damit aufzuhören. 

Was willst Du mit deiner Musik erreichen, bzw. wie
sehen Deine musikalischen Pläne aus ?


Inhaltlich habe ich viele Pläne und Fantasien. Als Ziel setze ich mir für die nächsten Jahre die stilistische Verbindung von traditioneller Rockmusik mit modernen, computergesteuerten Electroklängen. Getrennt habe ich diese Stilrichtungen bereits präsentiert. Nun muß ich sie nur noch geschickt zusammenkriegen. Instrumental ist es mir teilweise schon gelungen, aber noch nicht mit einem gesanglichen Gesamtkonzept. Es soll nicht wie Rockgesang mit Technobegleitung klingen und auch nicht wie Rockmusik mit ein paar Electroklängen, sondern zu einer Einheit verschmelzen, die einen eigenen Sound hat. Das ist ein hoher Anspruch, der sich aber mit viel Experimentierfreudigkeit und Fleiß umsetzen läßt. Dafür bräuchte ich dann wohl auch eine längere Mom-Pause, um mich neu zu erfinden.

Du investierst viel Zeit und Energie in die Musikproduktion. Denkst
du
auch daran, deine Musik zu vermakten und irgendwann Geld
damit
 zu verdienen ?

Vermarktung meiner Musik ? Es wäre geheuchelt zu behaupten, dass mir die kommerzielle Musikindustrie egal ist. Ich würde mich nicht dagegen wehren, wenn ein Produzent Interesse an meinen Songs hätte. Realistischerweise ist der Sound, den ich hier zu Hause mit meiner 150 Euro - Anlage produziere, nicht markttauglich. Auch als Gitarrist und Sänger würde ich mich nicht anbieten wollen, weil meine Fähigkeiten ziemlich begrenzt sind. Mit dem einen oder anderen Song könnte ein richtiger Produzent mit richtigen Musikern in einem richtigen Tonstudio sicherlich was Ordentliches zaubern. Aber das glauben wir wohl alle. Ohne diesen Glauben hätten wir wohl wesentlich weniger Motivation, oder ? Ich habe in der Vergangenheit bereits erfahren, was es heißt, mit Livemusikprojekten Geld zu verdienen. Da kann schon mal ein Traum zum Albtraum werden. Aber das ist eine andere Geschichte. Aktive Selbstvermarktung halte ich für puren Wahnsinn. Weder ein Profitonstudio, noch die benötigte Werbung, kann von einem Musiker selbst bezahlt werden. Dafür braucht man eine Firma. Mit ein paar Internetplattformen kommt man da nicht weit.

Thema Selbsteinschätzung ! WIe gut denkst Du sind deine Songs?

Die Frage nach der Selbsteinschätzung ist eine sehr gute Frage. Da sind wir lieber Träumer als Realisten. Es hängt natürlich vom Bezugspunkt ab. In der Musikindustrie bin ich ein Niemand. Bezogen auf Mom sehe ich mich irgendwo im Mittelfeld. Ich gehöre nicht zu den Besten und auch nicht zu den Anfängern. Warum ich in letzter Zeit wegen meiner Texte gelobt oder auch gerügt werde, zumindest fallen sie den Leuten auf, ist für mich überraschend. Vielleicht weil sie mit einer gewissen Schamlosigkeit und Mut zu Extremen verbunden sind, was für mich eine mögliche künstlerische Kategorie ist. Kunst sollte sich generell keine Tabus durch Scham, Ekel und Moral aufbürden. Das wäre die totale Blockade und Selbstzensur, die der Tod jeglicher Kreativität ist.

Wie bist du auf MyOwnMusik aufmerksam geworden?

Ich hatte gerade meine ersten eigenen Homerecordingversuche mit dem Cubasemusikprogramm produziert und dachte mir, WAT NU ? Ich tippte auf Google: " Eigene Musik veröffentlichen" ein, und es erschienen verschiedenen Plattformen. Mom habe ich gewählt, weil es sich um eine deutsche Plattform handelt, die auch recht übersichtlich gestaltet ist.

 Was gefällt Dir besonders an MoM?

Leute wie du, die sich sehr aufopfernd um andere Musiker kümmern und natürlich das gegenseitige Anhören und Bewerten, das den direkten Kontakt zu den Kollegen ermöglicht. Die Krönung ist das gemeinsame Musizieren mit den Momlern. Deswegen bin ich noch hier.
Gruß an Alle von Kalle 

Danke für das tolle Interview, und weiterhin viel Spass hier 
und Erfolg mit Deiner Musik !

 



Kommentare

tingel
tingel Oktober 2013
Bin da gleichmal hängengeblieben... finde mich da selbst sehr gut wieder und habe mich gefreut, über Dich im interview nachlesen zu können... starke Antworten.... gefällt und freu mich weiter von Dir zu hören... lg andi der tingel :-)

Begemann
Begemann September 2013
Also das Interview ist gut
Der Rest darunter eher störend.
Liebste Grüße von Johannes

Vlad
Vlad September 2013
Ein sehr schönes Interview, Karl!

Sehr gut erzählt. Das zeigt, dass du ein echter Künstler bist - weiter so und lass dich bitte nicht von dummen, teilweise frechen, "null-Ahnung-von-nix" Sprüchen beirren. Steige in diese ungesunde Polemik nicht ein.
Mache lieber Musik - das kannst du gut.

Was man nicht mehr reparieren kann, muss man halt ignorieren...

Doromusis
Doromusis Mai 2013
So viele Buchstaben zu später Stunde - hab' gedacht, das schaff' ich nie nach dem langen Arbeitstag - aber doch, ging ganz leicht!
Interessant und sehr gut geschrieben

Gruß
Doromusis

devicetransition
devicetransition Mai 2013
Schönes Interview,
mit wohl überlegtem Inhalt!
Informativ und tiefgründig.
Hat Spaß gemacht zu lesen!
Werden den Elekt-Rock-Werdegang verfolgen,
egal durch welche verschlungenen Genre-Pfade,
er sich auch fortbewegt,
so ist das nun mal mit der Evolution,
schlägt immer eigene Wege ein,
die man vorher nicht absehen kann!
Gruß
DeviceTransition

Woife Herrmann
Woife Herrmann Mai 2013
Solch weise Worte von einem solchen Schlingel?
Kalle, ich hab sehr gerne an diesen deinen Gedanken teilgenommen!
Ein interessantes als auch informatives (Dich selbst betreffend) Interview!
lg Woife

lord
lord Mai 2013
Gutes Interview.Du zeigst einige Hintergründe auf.War interessant zu lesen----MMG----Lord------


von  ACM am 20.05.2013
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