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MyOwnMusic

Metal  Magazin

Albumrezension: Said von Amberfield

a fresh blend of modern progressive rock
Albumrezension: Said von Amberfield

von stampeed

Großartige Produktionen, die sich vom Durchschnitt abheben, finden sich hier bei MyOwnMusic immer wieder. Aber selten überzeugen Alben so vollständig auf ganzer Linie, wie bei Amberfields aktueller CD, die auf den Namen „said.“ hört. Wenn es jemals ein Album gegeben hat, das eine ausführliche Rezension und Vorstellung für unsere Community verdient hat, dann ist es dieses hier. Ende 2018 auf den Markt gekommen, wurden auch die ersten Tracks auf diesem Portal veröffentlicht. Dabei ist es ungeheuer großzügig, dass die Band sich entschieden hat, das komplette Album hier für unsere Hörer zur Verfügung zu stellen. Die CD hat bereits zahlreiche TIPPs und Top-Reviews eingeheimst und damit einen ersten Eindruck hinterlassen. Wir alle wünschen der Band darüber hinaus noch viel weitere Aufmerksamkeit aus der Community!

Wer ein Herz für gute Musik hat, der sei außerdem darauf hingewiesen, dass man Amberfields „said.“ für kleines Geld bei Bandcamp bestellen kann. Es lohnt sich! Und schließlich ist es in unser aller Interesse, dass talentierte Musiker gefördert werden. Und zumindest einen Teil der Ausgaben zurückbekommen, die sie in die Werke gesteckt haben, mit denen sie uns allen hier Freude machen. Eine Musikercommunity wie MyOwnMusic lebt davon! Wer sich wie ich nicht nur für das Digitale Album, sondern für die Oldschool-CD entscheidet, darf sich außerdem auf ein liebevoll gestaltetes Booklet freuen, mit Infos zur Band und allen Lyrics. Letzteren Beachtung zu schenken, ist übrigens jede investierte Sekunde wert. Ohne Ausnahme sind die Texte packend geschrieben, ehrlich und glaubwürdig, über Persönliches, über Alltag, über Lebenssituationen.

 

Und mit diesen Worten gehen wir in medias res.

Mit Steady Brake liefert das Album gleich den ersten Knaller. Vielleicht erstaunlich für einen Titeltrack, bis auf den Chorus, eigentlich eine der ruhigeren Nummern auf der CD. Trotzdem enthält der Song bereits viele der Elemente, die Amberfields neuesten Release so ungeheuer faszinierend machen. Dabei kommt man nicht an Hannah Witts charismatischen kraftvollen Vocals vorbei, die von der Performance her ein bisschen an Skin von Skunk Anansie zu ihren besten Zeiten erinnern und das Album vom ersten bis zum letzten Song prägen. Egal ob soft oder rockig, ob lieblich oder druckvoll, ob harmonisch oder rau. Der Gesang beherrscht scheinbar spielend das gesamte Spektrum auf einem Niveau, das man zur Spitzenklasse zählen darf. Selbst in den lautesten Passagen hat der Hörer auch nicht eine Sekunde lang das Gefühl, dass die Stimme in die Nähe ihres Limits kommt. Zu dem beeindruckenden Gesang kommen intelligente Songstrukturen abseits platter Strophe-Refrain-Schemata, punktgenaues, technisch hochklassiges Spiel und eine gnadenlos kraftvolle Produktion. Steady Brake war aus purem Zufall auch der erste Amberfield-Track, den ich Mitte Dezember bei MyOwnMusic gehört und bewertet hatte und einer von vier TIPPs, die dieses Album bisher eingesackt hat.

Couldn’t Care Less ist der zweite Track des Albums und singt gegen die Gleichgültigkeit in der Welt an. Ein MyOwnMusic-Reviewer schrieb hierzu „ein Song mit Ecken und Kanten, wie ich es liebe“ und ich kann dieses Urteil nur unterstreichen. Die Harmonien erzeugen Spannung und Reibung und passen hervorragend zu dem vielleicht bedrückendsten Thema unserer Zeit. Der Song hat Härte in den Passagen, wo er sie benötigt, kann aber auch mit Melodie überzeugen, da wo es songdienlich ist. Als Hörer wird man laufend von der einen in die andere Richtung geworfen. Und das, ohne dass der plausible rote Faden, der sich durch den Song zieht, an irgendeiner Stelle unterbrochen wird. In gewisser Weise gibt schon der knochige Bass im Intro hier mit seinem interessanten Lauf die unkonventionelle Richtung abseits ausgetretener Pfade vor. Und die rauhe Stimme bewirkt ein weiteres Mal ein Gänsehautfeeling. Sehr cool ist übrigens auch die Bridge etwa in der Mitte des Stücks, bevor der Song nochmal so richtig explodiert. Einen Spannungsbogen kann man in diesem Genre nicht viel besser arrangieren.

Mein persönliches Highlight auf „said.“ ist der Song Fourteen. Mit sehr viel Gefühl lässt die Gitarre hier Raum für den Bass, der deshalb stärker heraussticht als in anderen Nummern des Albums und streckenweise fast ein bisschen ein tooleskes Feeling entstehen lässt. Zu dem Eindruck tragen auch die punktgenau gespielten Drums bei, die dem Song hörbar ihren Stempel aufdrücken. Das ist Progressive Rock im besten Sinne. Eigenständig und eigenwillig genug, um atmosphärisch und ungewöhnlich zu klingen und trotzdem an jeder Stelle ausreichend straight, so dass das Stück eingängig bleibt und packend nach vorne rockt. Und auf diese kunstvoll kreierte instrumentale Fläche legt sich bei Fourteen dann noch mit einer atemberaubenden Leidenschaft und Passion der Gesang. Das Charisma, die Ausdrucksstärke, die da in der Stimme stecken, reißen einfach mit. Mal mit Power, mal mit Melancholie, mal mit Hoffnung, mal mit Verzweiflung. Immer wieder ändert sich die Stimmung und der Hörer wird berührt. Gegen Ende des Tracks wird das besonders offenbar, wenn die Dynamik des Songs immer weiter anzieht. Gerade auch die Keys sind hier in diesem Endteil extrem gut gelungen und das Stück kulminiert im Zustand maximaler Steigerung. In meinem CD-Player läuft die Nummer gegenwärtig auf Repeat und wenn ich überhaupt irgendetwas an Amberfields neuem Album zu kritisieren hätte, dann dass Fourteen nicht der Titeltrack geworden ist. Dass ich diesem Song einen TIPP verliehen habe, muss ich nicht besonders erwähnen

Do or die now ist das vierte Stück der CD und knüpft nahtlos dort an, wo Fourteen aufgehört hat. Der Song ist vielleicht der geradlinigste auf dem Album. Einfach solider, handwerklich sehr gut gemachter Rock. Und hier wird es auch Zeit die enorm gelungene, kristallklare Produktion von „said.“ endlich einmal hervorzuheben. Es ist nämlich nicht zuletzt auch der warme, organische Sound des Materials, der hier begeistert und die CD zum Hörgenuss macht. Am Ende ist es eben immer eine Synergie aus musikalischem Können, packendem Songwriting und Klangerlebnis, die ein Produkt zu dem macht, was es ist. Bei Do or die now ist es insbesondere der kraftvolle Chorus, der mit seiner Power-Hookline ins Ohr geht. Und es lohnt sich auch hier, in den Text reinzuschauen, der ein Fenster in die Lebenswelt der Erzählerin öffnet. Wie so oft wissen wir nicht, ob die Autorin über sich selbst schreibt oder aus der Perspektive einer fiktiven Figur. Aber über das gesamte Album hinweg, kann man die Höhen und Tiefen menschlich nachvollziehen und es ist glaubwürdig und spürbar, was diese Lyrics der Sängerin bedeuten.

Acardiac ist in gewisser Weise Amberfields You oughta know, textlich angelehnt an Alanis Morissettes Trennungs-Smash-Hit, natürlich mit musikalisch völlig anderen Mitteln. Und auch hier spürt man in der Leidenschaft der Performance, dass die Lyrics der Sängerin nahegehen. Immer schwer sich vorzustellen, wie Amberfield ohne die prägenden Vocals klingen würden. Musikalisch glaube ich wohl in die Richtung von Bands wie A Perfect Circle oder Ashes Divide, was man nur als Kompliment verstehen kann. Ähnlich wie bei Couldn’t Care Less endet auch dieser Track in einer Steigerung, beginnend mit einem wunderschönen cleanen Gitarrensolo, das wie die Ruhe vor dem Sturm den fulminanten Schluss einleitet. Auch hier ist der Spannungsbogen insgesamt ganz großes Kino!

Tap the key ist mein zweiter persönlicher Favorit auf diesem Album, ein Song der Superklasse. Die Melodien gehen einem einfach nicht mehr aus dem Kopf, auch nachdem das Lied bereits mehrere Minuten lang verklungen ist. Und in kaum einem anderen Track kann die Stimme mit ihrer rockigen Rauheit so glänzen wie hier. Mit über sechs Minuten ist Tap the key nicht gerade kurz und dennoch vergeht die Zeit beim Hören wie im Fluge. Wie andere Tracks auf diesem Album groovt dieser Song einfach wie Sack und das beeindruckende Zusammenspiel beweist das technische Können der beteiligten Musiker. Unter anderem müsste man hier die Drums, gespielt von Dennis Degen, besonders hervorheben, die in diesem Stück einfach Überragendes bieten. Aber tatsächlich ist es hier möglicherweise sogar noch stärker als bei anderen Tracks auf „said.“ wirklich die Gesamtleistung der Band, die dieses Material so attraktiv, so wie aus einem Guss klingen lässt. Spielfertigkeit, die Fähigkeit eingängige Melodien zu entwickeln und packendes Story-Telling ergänzen sich vorbildhaft. Wie bei mehreren Stücken auf diesem Release, frage ich mich auch bei diesem, ob hier wohl zuerst die Lyrics entstanden sind und die Musik anschließend zielgenau dafür geschrieben wurde oder ob zuerst die Musik die Stimmung vorzeichnete, und die Texterin dann passende Worte dazu fand. Egal wie herum es gelaufen ist, das Ergebnis der Arbeit nötigt dem Hörer Respekt ab. Tap the key ist ein Höhepunkt und für die, die vielleicht erstmal einfach nur in das Album reinhören möchten, ist die Nummer ein geeigneter Startpunkt. Fett gemacht, ein großartiges Stück Musik und, ich denke, repräsentativ für das Gesamtwerk.

Das vorletzte Stück des Albums ist Safe Island of Mind. Wie alle anderen Tracks auch, hat auch dieser bei MyOwnMusic nur überragende Kritiken bekommen und ich kann mich zu 100% anschließen. Ähnlich wie Do or die now ist auch dieser Song einer der geradlinigeren auf der CD. Und das macht das Gesamtwerk auch ein Stück weit aus, dass komplexere und straightere Elemente zu einer konsistenten Idee verbunden werden. Musikalisch überzeugt die Nummer mit Höhen und Tiefen und die Dynamik, wie auch Drums und Vocals, die zuvor auch ein MyOwnMusic-Reviewer speziell in seinem Review hervorgehoben hatte (das Lob kam im Übrigen von einem der erfahrensten Top-Leute hier bei unserem Portal), sind in der Tat atemberaubend! Mir bleibt nur noch den Hut zu ziehen.

Red and White heißt die letzte Nummer, mit der die CD dann schließlich ausklingt. Durch das klare Piano, das in manchen Teilen dominiert, erhält der Track eine ganz besondere Note und sticht aus dem Album heraus. Dabei ist es faszinierend wie einfach das Piano eigentlich spielt und dennoch erzeugt es eine so mitreißende traurig-melancholische Atmosphäre. Red and White ist der längste Track auf dem Album und das Ende hat es hier ganz besonders in sich. Nach ziemlich genau fünf Minuten hätte der Song plausiblerweise auf dem Höhepunkt einer traurigen Geschichte nämlich eigentlich ganz leise ausklingen können und als Hörer hatte ich mich schon auf ein Ende mit Tränen eingestellt. Doch dann krachen die Drums plötzlich doch noch ein letztes Mal rein. Die Vocals geben mit voller Leidenschaft ein letztes Mal alles. Auch die Lyrics nehmen in einer berührenden Geschichte eine positive, optimistische Wende. Und wir werden Zeuge eines fulminanten Gitarrensolos, das in dieser letzten Explosion des Songs wie Befreiung klingt. Ein würdiger Abschluss eines tollen Albums.

Im Gesamtfazit kann ich nur ein Riesenkompliment aussprechen! Was die fünf Musiker hier zusammengestellt haben, ist mehr als beeindruckend. Wer anspruchsvollen, ehrlichen Rock mag, der unter die Haut geht und das Spektrum zwischen Tori Amos und Tool, zwischen A Perfect Circle und Skunk Anansie liebt, ist mit Amberfields „said.“ hervorragend bedient. Hört rein, lasst ein Review da und wenn euch gefällt, was ihr geboten bekommt, werdet Fans und holt euch am besten das Album bei Bandcamp. In meinem CD-Rack sieht es auf jeden Fall sehr gut aus und das Material war jeden einzelnen Cent wert. Amberfield ist meine erste große Entdeckung in 2019!



Kommentare

subpop
subpop Januar 2019
Ein tolles Rewiew eines tollen Albums. Danke Stampeed!

Mindmovie
Mindmovie Januar 2019
Kompliment an Amberfield für das wirklich tolle Album. Ebenso mein Komplment für die wirklich ausführliche und treffende Rezension von Stampeed !

Sebastian Schleicher
Sebastian Schleicher Januar 2019
Im Namen aller Bandmitglieder möchte ich mich aufrichtig für diese wirkich toll verfasste und sehr detaillierte Beurteilung unseres Albums bedanken. Man merkt sehr stark, wie ausgiebig sich der Autor mit dem Werk befasst hat und hat wirkich tolle Kritiken dazu geäußert. Vielen lieben Dank dafür!


von  Redaktion am 21.01.2019
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