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Electro  Magazin

Plattenkritik: The Prodigy – always outnumbered, never outgunned

Plattenkritik: The Prodigy – always outnumbered, never outgunned

BACK AGAIN

Das „Wunderkind“ ist zurück.

Sieben Jahre nach dem letzten Album „Fat of the Land“ halten wir nun endlich das neue Prodigy-Album in den Händen. Sieben Jahre Pause sind eine Zumutung für Fans und in dieser schnellebigen Zeit unter normalen Umständen der Todesstoß für das Anknüpfen an alten Erfolgen.
Doch was ist schon normal, bei Prodigy?

Der verunsicherte Fan durfte zwar schon vorher an neues Prodigy-Material „schnuppern“, war aber aufgrund der merkwürdig nichtssagenden Single „Babys got a Temper“ etwas verunsichert. Die Konsequenz daraus, Liam Howlett schmiß die bis dahin produzierten Tracks sprichwörtlich in die Tonne und fing noch mal von vorne an.

Das Ergebnis liegt nun vor. „Always outnumbered, never outgunned“.

Zunächst fällt der neue Stil des Plattencovers auf. Eine Popart-Collage ziert die Front welcher wohl nicht durchgeknallter sein könnte. Den Bandnamen findet man erst seitlich, der Plattenfirma war das wohl zuviel Understatement und so ziert noch ein rosa „Prodigy-Aufkleber“ die Frontseite. Ohne Rücksicht auf Übersichtlichkeit wurden die Titel wüst auf der Rückseite geschludert. Wenn man dann noch das Bookleg zur Hand nimmt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, der Grafiker stand offensichtlich unter LSD.
Das heizt nur die Spannung auf die Songs an. Mir gefällt es jedenfalls.

Die Songs

Spitfire
Gitarenriffs und Ethnohorns werden umschmeichelt von einem Frauen-Vocal. Dann kommt er, der lang vermißte Prodigy-Beat. Als wäre nichts gewesen fühlt man sich „Fat of the Land“ versetzt. Dann brüllt es „Spitfire“ ins Mikro ähnlich wie Keith es schon bei „Firerstarter tat. Der Song hat eine ähnliche Power und stellt das altbekannte Gefühl wieder her. Neues sucht man vergebens, dieser Song stellt eher eine Hommage an das letzte Album dar.

Girls
Ja was ist das denn? Im 80er Jahre Rap-Stil kommt das Intro daher, in den breaks eine fette Vocoderstimme.
Das der altehrwürdige Drumcomputer aus den seeligen Break-Dance-Zeiten sogleich vernichtend von den Prodigybeats verstärkt wird ist natürlich klar, allerdings zieht sich dieser Style sogleich in der Hookline fort.
Das klingt wie eine Fusion aus alter Dance-Musik mit abgefahrenen Beats der Neuzeit. Hier merkt man auch gleich die konsequente Nutzung von Samples in Liam Howletts Songs.

Memphis Bells
Reversed Bellsounds mit allerfeinsten Beatarrangements wecken die Neugier. Hier wird herrlich gebreakt was das Zeug hält, dazu ertönen mehre kleine Melodien, alleine der Synthesizer ab 2:33 ist schon richtig lecker. Ein sehr abwechslungsreicher Song indem eigentlich jedes Element für sich liebgewonnen werden kann.

Get up Get off
Mein persönliches Haßstück. Derartig nervig, das der recht coole Rap-Part schon fast verschwendet wirkt.
Man muß sich schon arg aggressiv aufladen um das zu ertragen. Meine persönliche Skip-Empfehlung.

Hot Ride
Also man kann zwar sagen, es ist kommerziell gemacht, aber dieser Song ist einfach extrem gut. Vom ersten Sound an ein „Hinhörer“. Würde mich schwer wundern, wenn das Teil nicht auch charttechnisch abgeht.
Juilette Lewis Stimme (ja genau die, aus Natural Born Killers) zur Neuinterpretation von dem alten Punk-Song „Up up and away, ist dermaßen genial, daß man sich nicht satthören kann. Wild und punkig ertönt der Song und Lewis Stimme legt sich wie ein Samttuch darüber, bis auch sie zeigt, was Temperament ist. Einfach nur sexy! „You hear me!“

Wake up call
Wieder recht rockig, mit mit fettem Bassynth unterlegt werden wir geweckt. Der groovige Rap-Verse treibt uns an und dann kommen noch herrliche Querflöten-Töne dazu, als wäre Jethro Tull auferstanden. Nice!

Action Radar
Welche Wirkung oftmals minimalste Melodien haben können ist schon erstaunlich. Der verwendete Synthe-Basslauf ist herrlich groovend. Darüber legen sich diese 8-Bit-mäßige Syntheline. Die Vocals passen wie die Faust aufs Auge. Dazu immer mal wieder schön unterstützend E-Gitarrenklänge. Ein konsequent arrangierter Klang, bei dem sich die Beats diesmal etwas zurückhalten.

Medusas Path
Man beginnt sich zu fragen, wann etwas das Tempo rausgenommen wird. Hier kommt die Antwort: Jetzt.
Was auch immer Howlett da als Sample genommen hat, dieses arabisch anmutende Loop als hypnotisierender Hintergrund ist wirklich gelungen. Darüber legt sich alsbald ein Hammerbeat, der zwar weniger Tempo aufweist, als die letzten, nichts desto trotz aber gut drückt und auf feinste arrangiert ist. Im selben fernöstlichen Stil schweben dazu noch Strings ein und versetzen einen direkt in den Iran. Dann breakt es kurz und ein stark delayed bearbeitetes Vocal verstärkt die Trance. Zum genießen. Das Outro spielt dann noch etwas mit dem Timestretch im Loop-Arrangement.

Phoenix
Wir bleiben im fernöstlichen Soundgefügen, die Gitarre pendelt zwischen Sitar und elektrisch verstärktem Klankkörper. Dazu eine schöne Frauenstimme die sehnsuchtsvoll ins Mikro haucht. Hierbei handelt es sich um
Shocking Blue's „Love Buzz“ aus den 60ern. Elektronische Klänge mischen sich einprägsam in das Gefüge und kreieren so etwas eigenes, absolut abgefahrenes.

You´ll be under my Wheels
Dieser Song kommt mehr aus der „Jilted Generation-Ecke“. Breakbeats und Deep-Synths geben das Korsett. Dazu Kool Keiths effektierte Stimme. Schräge Elektroklänge wechseln mit der E-Gitarre ab.

The way it is
Nun der Knaller, dachte ich bisher, Hot Ride wäre DAS Lied des Albums, hier mein Favorit. Was mal wieder sehr strange beginnt entpuppt sich bereits nach einigen Sekunden als der Weckruf des Langzeitgedächtnisses.
„Das ist doch....“ Genau! Michael Jacksons Thriller. Man könnte sich in den Arsch beißen, dass man nicht selber auf die Idee gekommen ist diesen fetzigen Loop des Deep-Basses und der Percussion selber mal in einem Lied zu verarbeiten, wahrscheinlich hielt uns die Vorstellung von lebenslange Einzelhaft auf der Neverland-Ranch davon ab, aber Howlett wird wohl einen Deal gemacht haben, der ihn davor bewahrt. Wenn das Teil eingefiltert wird, dann ist Gänsehaut angesagt, dazu ein Beat der natürlich wieder von einem andern Planeten ist. Ach das technoide Begleitwerk ist stimmig dazu passend. Ein Knaller!

Shoot down
Zum Ende wieder was rockiges, Niemand geringeres als die Gallagher-Brüder von Oasis spielen sich nölend einen Wolf. Der gelungene Abschluß einer musikalischen Reise die am Schluß wieder im Mutterland des Punks angekommen ist.

Fazit
Es ist nicht einfach nach sieben Jahren einfach wiederzukommen und einen Strauß Blumen zu erwarten. Allerdings bin ich als alter Fan von Prodigy mir im Vorfeld einer Enttäuschung bewußt gewesen
Gut war das allemal, denn nun bin ich freudig enttäuscht, das nach all dem Chartmüll der letzten sieben Jahre endlich wieder ansprechendes auf MTV zurückkehrt. Zwar wird Prodigy nie wieder Underground sein, dazu ist einfach alles zu „durchdacht“ auf diesem Album, allerdings muß man auch nicht immer nur wegen des Prinzips wegen nach No-Names schielen. Mein Seelenheil finde ich in den bereits angesprochenen Knallern der CD. Es wird wieder Zeit ins Land gehen, in der ich erst einmal satt hören muß. Das schöne an diesem Album ist aber auch, dass wohl jeder andere Titel persönlich bevorzugen wird, sei es aus Protest zum Chartpotenzial einiger Songs oder aus ehrlicher Begeisterung für die vielen andern unterschiedlichen Stücke. Das hier die Manifestierung des Sampling gefeiert wird, stört mich nicht im geringsten, nicht wenn es so gut klingt.
Bei der Glorifizierung der alten Alben, darf man aber nicht vergessen, das diese sich länger im Ohr festsetzen durften und wir alle mit den Songs Erinnerungen verbinden. Diese Chance muß „Always outnumbered, never outgunned“ natürlich erstmal haben, aber da bin ich mir sicher, dass das funktioniert.
Besonders interessant fand ich Liam Howletts Aussage, dass er gelegentlich auf dem Laptop in Reason Beats kreiert....wenn das nicht Mut macht....


Marlon Musche aka MEGABLAST
07.09.2004



Kommentare

N-Dee
N-Dee Oktober 2004
Wenn man dem Interview auf der Propellerheads-Seite glauben darf, ist das gesamte Album quasi mit Reason (in Verbindung mit ProTools) produziert. Durch die Vorteile, die eine derart umfangreiche und kompakte Software bietet, wurde Liam Howlett erst zum neuen Album motiviert ('If Reason hadn’t come along I would probably still be in my studio, depressed, going “aww bloody ‘ell, don’t know what I’m gonna do”, you know?'). Reason diente allerdings hauptsächlich als Sequencer. Alles was dort nicht ging, wurde als Sample oder Rex-Loop importiert. Details:
http://www.propellerheads.se/remote.cfm?sID=dynamo&a....on=prodigy

Greets,
N-Dee

Modwheel
Modwheel September 2004
ich nochmal
so ich hab mir das album jetzt auch geholt ... sind 3 - 4 Leckerbissen dabei beim ersten Hördurchgang :D ... also ist doch zu empfehlen ... an Fat of the Land kommt es jedoch nicht ran obwohl teilweise geile soundz drin stecken ... diese werden dann aber öfters durch in meinen ohren schräge und experimentierten soundz die doch noch nicht wirkich ausgereift sind und hundertprozentig in das gesamtbild passen ergänzt .... hätte mir teilweise das ganze etwas monotoner aber dafür FETT gewünscht als FETT ... dann wieder scheiss Soundz um abwechslung zu schaffen ... naja aber im großen und ganzen doch gelungen und wie gesagt 3 - 4 leckerbissen !!!

Modwheel
Modwheel September 2004
mh
Ich weiss nicht so recht ... hab mir auch schon überlegt das Album zu kaufen aber bin ein wenig enttäuscht von Memphis bells das ich mir vor etwa 2 monaten für 3.50 legal auf der prodigy page im vorfeld gekauft habe... deshalb traue ich dem album auch nicht über den weg... memphis bells klingt eher nach einer aneinandereiung von eJay Samples als nach first class electronic music ... muss die anderen tracks auch mal hören


von  realtime-squid am 18.08.2004
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