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Konzertbericht: Kraftwerk

Konzertbericht:  Kraftwerk

Konzertbericht: Kraftwerk – 07.04.04 Jahrhunderthalle in Frankfurt/Main Die fantastischen Vier. 19:03 Uhr, 07.04.04 Noch stehen alle vor der Halle, aber langsam tut sich was. Erste Schritte Richtung Eingang. Seit 3 Monaten haben wir Karten und gleich ist es soweit. DIE Kult-Band der elektronischen Musik gibt seit Jahren wieder ein Konzert. Das es mit „Tour de France“ endlich wieder mal ein Album der Sound-Pioniere gab, war schon mehr als man hoffen durfte. Nun also noch ein Konzert, wer hätte das gedacht? Die meisten der Angereisten waren so in meinem Alter, von Mitte zwanzig bis Mitte dreißig. Keine großartige Werbung im Vorfeld. Ein Plakat, das muß reichen. Die Stimmung war unbeschreiblich. So als wolle man in der Area 51 nachsehen, ob es Außerirdische wirklich gibt. Scherzhaft meinte einer der Fans zu mir, Kraftwerk wären sowieso nicht da, die lassen nur vier ferngesteuerte Roboter auftreten. Lange läßt man uns warten. Auf den Karten stand 19:30 Uhr, am Kartenhäuschen stand 20:00 Uhr. Erst gegen 21:00 Uhr dämmte sich das Licht und eine Vocoderstimme mit diesem unnachahmlichen Charme hieß uns „willkommen“. Frenetischer Jubel! „M e n s c h – M a s c h i n e“ sagte uns die Elektrostimme und so kam dann auch Mensch-Maschine . Der Vorhang ging auf und da standen sie tatsächlich. Die vier Kraftwerker, fast bewegungslos an ihren Keyboards. Alt sind sie geworden. Hinter ihnen eine Videoleinwand mit Animationen zum Cover des Mensch-Maschine-Albums. Der Sound war genial. Sehr druckvoll, mit durchdringenden Bässen. Die Stücke wurden allesamt neu arrangiert und etwas peppiger gestaltet als man sie noch von früher her kannte. Gerade im Beat-Bereich wurde man mit feinsten Arrangements und zum Teil abgefahrenen Effekten geradezu zum Zappeln animiert. Das war teilweise richtig harter Tobak, aber trotzdem ungemein verspielt. Die Stimmen wurden nochmals eine Stufe technisierter und klanglich derart ausgefeilt bearbeitet, daß diese sich unnachahmlich wie Erkennungsmelodien aus einer anderen Zeit in die Stücke einbetteten. Alleine die Stimmen zu Mensch-Machine hätte meiner Meinung nach einen Grammy für beste Soundbearbeitung verdient. Es folgten noch Tour-de-France in einer mega-langen-Superversion. Stellenweise total reduziert auf schranziges Beatarrangement, dann wieder mit den typischen, tranceartigen Synthe-Loops immer im Wechsel. Ein akustisches Feuerwerk! Visuell wurden uns Bilder aus dem Tour-de-France-Video auf die Leinwand gebeamt. Zu „Vitamin“ kamen computeranimierte Tabletten und Kapseln auf die Leinwand geregnet. Das alles paßte so gut zusammen, das man es als vollkommen normal ansah, daß die eigentlichen Protagonisten, sich selbst karikierend, teilnahmslos wie versteinerte Götzenbilder verhielten. Aber nichts hätte besser gepaßt! Dann kam das wohlbekannte Startergeräusch eines Motors. Richtig! Autobahn! Nun kam richtige Stimmung auf. Fast wie bei Karl Moik wurde im Takt geklatscht und irgend jemand hat immer vor Verzückung gepfiffen oder gegrölt. Zwischen zwei wippenden Köpfen konnte ich sehen, wie die Gruppe tatsächlich aktiv etwas machte. Der Text wurde Live gesprochen. Dies wurde natürlich wieder mit Jubel vom Publikum quittiert. Das war alles schon sehr merkwürdig. Nach 45 Minuten zählte es „1, 2, 3, 4“ und ohne verschnörkeltes Intro kam direkt „Model“. Sehen wir dezent darüber hinweg daß ich in diesem Moment das Verhalten eines 14-jähiren Teenagers annahm. Das Konzert schien seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Alle waren zufrieden, die alten Hasen und die Neueinsteiger. Mitten in der ausgelassenen, friedfertigen Stimmung wurde es nun etwas morbider. Ein Scrolltext auf der Leinwand verkündete die zukünftigen Plutonium-Verbrauchswerte des neuen Atomkraftwerkes Sealafield 2. Kenner wissen was die Stunde geschlagen hat: Radioaktivität! Die böseste Computerstimme aller Zeiten gepaart mit dem perkussiven gefiepe aus der Strahlenhölle ergaben einen derartigen Hardcoresound, daß es um einem herum zuging wie in einem Technoclub. Es fehlten eigentlich nur noch die obligatorischen Trillerpfeifen. Minutenlange Elekto-Perkussion trieben die Boxen an ihre Leistungsgrenzen. Da war das etwas gemächlichere „Trans-Europa-Express“ eine gute Erholung. Die Belüftung verbesserte zumal nur in größeren Abständen die Atemqualität. Auf der Leinwand flackerten Bilder des TGV oder ganz minimalistisch von Schienen. Nach 1:13 h fiel der Vorhang. Aber nur für zwei Minuten. Dann kam „Nummern“. Die unglaubliche Power des Songs hat von damals zu heute nicht nachgelassen. Auch hier hat sich Kraftwerk wieder neues einfallen lassen. Auf der Leinwand sah man grobpixelige Digitalzahlen in verschiedenen Countdown-Varrianten. Ach ja, die Kraftwerker hatten sich Krawatten mit Leuchtdioden angezogen. „Interpol und Deutsche Bank. FBI und Scotland Yard. Finanzamt und das BKA haben unsere Daten da.“ Das sagt uns, Computerwelt wurde nicht ausgelassen. 1:33 h wieder Vorhang. Das Publikum forderte mehr. Es ertönt bei geschlossenem Vorhang der Klassiker „Roboter“. Tosender Beifall. Der Vorhang öffnet sich und wir sehen die alten Roboter-Korsette von früher auf der Bühne stehen. Selbst diese wurden mit Applaus bedacht, so ist das eben in einem Kraftwerk-Konzert. Nach 1:42 h endlich mein Favorit des neuen Albums Tour de France: „Elektro-Kadiogramm“ Direkt im Anschluß das nicht minder geniale „Aero Dynamik“, welches in einer absolut abgefahrenen Version präsentiert wurde, so das die Zuschauer regelrecht ausflippten. Das wurde dann tatsächlich noch getoppt von „Boing Boom Tschak“ in der Todes-Drumversion! Dies ging nahtlos in Musique Non stop über. Die Krafwerker, welche zwischenzeitlich als leuchtende Drahtgittermodele ihrer selbst kostümiert waren, gingen dann langsam einer nach dem anderen von der Bühne. Kurze Verneigung, weg. Das war’s. Die Stimmung war die ganze Zeit über grandios, irgendwo zwischen ungläubigen Staunen und entfesselter Faszination. Anfänglich noch etwas gehemmt (oder sollte ich ehrfürchtig sagen?), wurden die Fans immer lockere. Jeder Titel wurde mit Jubel aufgenommen. Bei Breaks in dem man sphärischen Synthesizer – Klänge isoliert hören konnte, wurde derart geschrien, als wäre soeben die Musik erfunden worden. Die Auswahl der Tracks war hervorragend. Eine gute Mischung zischen alten und neuen Stücken. Was uns Kraftwerk im Jahre 2004 hier ablieferte hat weder etwas von seinem Retro-Charme verloren, noch von der zukunftsweisende Klangverarbeitung. Hut ab, Kraftwerk. Das war ein gelungener Abend. Sollte es jemals, was ich inständig hoffe, eine Live-CD von diesem Konzert geben, so lautet mein Rat. Kaufen! "Marlon Musche aka MEGABLAST"09.04.04

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Kommentare

Ehemaliger Account
Ehemaliger Account Oktober 2005
In Köln waren sie nicht weniger geil "Am 27. März 2004 sind Kraftwerk im Kölner Palladium zu hören" las ich damals im Netz - und flux war ich auf einer Konzert-Ticket-Seite, um mir meine Eintrittskarte zu organisieren: Ausverkauft!? Tatsächlich... Durch ein Meer von Krokodils-Tränen sah ich aber verschwommen auf dem Bildschirm stehen: ZUSATZKONZERT! Wie heftig ein emotionales auf und ab sein kann, erfuhr ich genau in diesem Moment! Also gut, dann sollte es halt das Mitternachts-Konzert sein... Zwei gute Feunde fanden sich schnell (...ein Telefonanruf!), das Konto war gedeckt - schwups: 3 Karten bitte! ;)

Mit einer halben Stunde Verzögerung (...diese alten Dramaturgen!) startete bei dimmendem Licht dann endlich das, wovon ich geträumt hatte, seitdem ich das erste mal bewusst "Kraftwerk" gehört hatte!

Die Photos geben wirklich gut wieder, wie es so abging: Keine übertriebenen kopfgeschwenkten Lichteffekte, die irgendwie sowas wie Club- oder Disco-Feeling aufkommen liessen: Ganz im Gegenteil! Ein glasklarer Sound gepaart mit Message-lastigen Animationen im 80er Style (Drahtgitterköpfe und was man sonst noch so kennt...) dominierten die Audience - mich auch!

So hört und fühlt es sich also an, wenn man Geschichte erleben darf...

jjay
jjay April 2004
Mehr als Erwartet der Bericht ist sehr gut geschrieben und tolle Fotos gibt`s ebenfalls...;-)

Ich meinerseits war am 27.März in Köln @ Palladium Halle zum Zusatzkontzert gepilgert zusammen mit unserm * liax * und * Vtb * und ich muß sagen es war mehr als ich ( wir ) erwartet haben...

Begeisterung pur _ Ein Leckerbissen für die Lauscher...

Wer Lust hat _ Ich hab auf meinem Account ebenfalls ein paar Fotos hochgeladen *g*

Stay Tuned _ Jörg


von  realtime-squid am 13.04.2004
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