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Auf oder zu: Der richtige Kopfhörer

Marco Torrance
Auf oder zu: Der richtige Kopfhörer

Musik zu produzieren bedeutet, Entscheidungen zu treffen, die am Ende jeder hört: Wie laut ist der Bass? Stehen die Vocals klar im Mix? Fühlen sich Höhen sauber an oder kratzig? Damit all diese Details wirklich stimmen, brauchst du ein Werkzeug, das dir die Wahrheit sagt – und das sind nun mal nicht die schicken Kopfhörer fürs Gaming oder für unterwegs. Beim Produzieren und Mastering kommt es auf Neutralität, Auflösung und ein unverfälschtes Klangbild an. Genau hier machen hochwertige Studio-Kopfhörer den Unterschied: Sie zeigen dir, was im Mix wirklich passiert – schonungslos, ehrlich und ohne Effekte.

Der Haken: Nicht jeder Kopfhörer, der gut klingt, eignet sich fürs professionelle Arbeiten. Viele consumer-orientierte Modelle machen den Sound zwar beeindruckend bassstark oder breit – aber genau dadurch triffst du falsche Entscheidungen im Mix. Dieser Guide erklärt dir verständlich und praxisnah, welche Kopfhörer wirklich fürs Produzieren, Mischen und Mastering geeignet sind, welche Typen komplett ausscheiden sollten und worauf du beim Kauf unbedingt achten musst. So sparst du dir Frust, Zeit – und am Ende klingt deine Musik genau so, wie du sie dir vorstellst.

Offen: Die beste Wahl

Offene Modelle lassen Luft und Schall „durch“, dadurch entsteht eine größere, natürlichere Bühne und oft eine neutralere Darstellung. Das hilft beim Beurteilen von Raum, Tiefe und Stereobild — wichtige Aspekte beim Mischen und Mastering. In ruhigen Umgebungen sind offene Kopfhörer deshalb oft die erste Wahl für kritisches Hören. Nachteile: geringere Isolation (du hörst Umgebung) und Schallausbruch (andere hören dich).

Wann offen ungeeignet ist:

  • Wenn du in einer lauten Umgebung arbeitest (Kinder, Nachbarn, Café) — dort sind offene Kopfhörer kaum praktikabel.

  • Wenn du Tracking machst und die Kopfhörer im Mikrofon „leaken“ würden.

Halboffen: Der Kompromiss mit Einschränkungen

Halboffene Modelle versuchen, die Natürlichkeit offener Kopfhörer mit etwas Isolation zu verbinden. Sie können eine brauchbare Mittelstellung bieten, sind aber kein Freifahrtschein: manche halboffenen Modelle behalten interne Resonanzen oder Färbungen, die für kritisches Mastering stören können. Als Allrounder in mäßig ruhiger Umgebung okay — für hochpräzises Mastering eher zweit- oder drittbeste Wahl.

Geschlossen: Vorteile und Fallen

Geschlossene Kopfhörer isolieren, liefern oft strafferen Bass und eignen sich gut beim Aufnehmen (Tracking). Sie sind nützlich für Vorbereitungsschritte, Editing oder wenn du in lauter Umgebung arbeiten musst. Viele professionelle Kreise empfehlen dennoch offene oder sehr neutrale geschlossene Studiomodelle für finales Mastering — weil geschlossene Modelle Verstärkungen/Resonanzen zeigen können, die das Urteil über Tiefmitten und Stereo-Tiefe verfälschen.

No-Gos: Ungeeignet

Gaming-Headsets — fast immer mit EQ-Tuning, übertriebenem Bass, virtuellem Surround oder eingebauten DSP/Virtual-Enhancements; sie sind fürs Spielerlebnis designt, nicht für neutrale Wiedergabe. Für Mixing/Mastering ungeeignet.

Bluetooth / True-Wireless-In-Ear-Kopfhörer (ohne hochwertigen Codec und kabelgebundenen Modus) — Kompression durch Codec, mögliche Latenz, eingeschränkter Frequenzgang und oft fehlende Neutralität. Für präzises Mastering inakzeptabel.

Aktive Noise-Cancelling-Consumer-Modelle (für das finale Mastering) — ANC-Algorithmen und Zusatz-Elektronik verändern die Wiedergabe; gut zum Überspielen oder Reisen, aber nicht für kritische Abhöre.

Billige „bass-booster“ oder V-geformte Consumer-Kopfhörer — sie betonen Tiefton und Höhen und verstecken Mitten (V-förmiger EQ), Bassfokus verleitet zu falschen Mixing-Entscheidungen. Vermeide sie für kritisches Arbeiten.

USB-Headsets mit internem DSP / virtueller Raumkorrektur — sie liefern oft eine verarbeitete, nicht-lineare Signalkette; das macht präzises Pegeln und EQing schwierig.

Erkennungsmerkmale:

  • Hersteller wirbt mit „Extra bass“, „Enhanced bass“, „Gaming surround“, „Virtual 7.1“ → Vorsicht.

  • Wireless ohne hochwertigen Codec (aptX HD, LDAC, AAC auf iOS) und keine Möglichkeit, kabelgebunden zu arbeiten → nicht für Mastering.

  • Integrierte Mikrofone/DSP-Schalter/Apps mit Presets: oft Färbung.

  • Stark gepolsterte Werbung („Booming bass“, „club sound“) → Consumer-Tuning.

In der Praxis

  • Nutze für finales Mastering bevorzugt neutrale, offene Over-Ear Studio-Kopfhörer in ruhiger Umgebung. (Wenn Raum vorhanden: Monitore + Raumakustik sind trotzdem Goldstandard.)

  • Wenn du nur geschlossene brauchst (Aufnahme, lauter Raum), wähle hochwertige geschlossene Studiomodelle, die einen flacheren, dokumentierten Frequenzverlauf haben — nicht Consumer-Geschmacksmodelle.

  • Prüfe dein Ergebnis immer auf mehreren Systemen: Studiomonitore, neutrale Kopfhörer, Consumer-Kopfhörer, Smartphone-Speaker. So entdeckst du Färbungen früh.

  • Arbeite mit Referenz-Tracks: Nimm Songs, die in deinem Genre gut klingen, und vergleiche Pegel, Balance und Tiefenstaffelung.

  • Kalibrierung: Wenn möglich, messe oder nutze Software, die den Frequenzgang deines Kopfhörers kompensiert (vorsichtig einsetzen — immer mit Ohrencheck kombinieren).

Empfehlungen

  • Beyerdynamic DT 900 Pro X
    Ein offener Over-Ear-Kopfhörer mit sehr guter Räumlichkeit und neutralem Klang – ideal, wenn du ein gut auflösendes, bezahlbares Studiowerkzeug brauchst.

  • Beyerdynamic DT 1990 Pro
    Offener Studio-Referenz-Kopfhörer mit Tesla-Treibern, sehr detailliert und präzise. Perfekt für anspruchsvolles Mixing und Mastering. Modelle wie der MKII bieten unterschiedliche Ohrpolster-Sets, damit du zwischen analytischer oder etwas wärmerer Abstimmung wählen kannst.

  • Audio‑Technica ATH‑R70X
    Sehr leicht und angenehm zu tragen bei langen Sessions, mit neutraler Wiedergabe – gut für kritisches Hören und professionelle Abmischung.

  • Beyerdynamic DT 770 Pro
    Geschlossener Kopfhörer mit guter Isolation – ideal für Aufnahmen (Tracking) oder wenn du in einer lauten Umgebung arbeitest.

  • Audio‑Technica ATH‑M40x
    Ein vielseitiger Allround-Studio-Kopfhörer, der recht neutral abgestimmt ist und eine gute Qualität für Misch- und Produktionsarbeit liefert.

  • Neumann NDH 30
    Hochwertiger, offenere Studiokopfhörer von Neumann, sehr präzise und robust – gut geeignet, wenn du einen „Referenz-Kopfhörer“ brauchst, der auch bei Monitoring-Aufgaben überzeugt.

  • AKG K612 Pro
    Halboffen / offen, großer Treiber, angenehmes Klangbild – sehr gut geeignet, wenn du viel auf räumliche Tiefe und eine „luftigere“ Wiedergabe Wert legst.

  • Austrian Audio Hi‑X65
    Offener Kopfhörer mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis, speziell für Mixing und Mastering gedacht. In Tests wurde seine offene Bauweise positiv hervorgehoben

Unter 200 Euro:

  • Beyerdynamic DT 990 PRO: Offener Kopfhörer mit sehr guter Bühne und Detailtreue. Gut geeignet, wenn du räumlich mischen willst. Nach Angaben von Popkultur ist er eine solide Wahl unter 200 € für Studioanwendungen.

  • Audio‑Technica ATH‑M40x: Geschlossen, etwas neutraler Klang, sehr robust. Ideal für Monitoring und Producing.

  • Shure SRH840A: Studienreferenz-Kopfhörer, sehr präzise Wiedergabe, gut für kritisches Abhören.

  • Beyerdynamic DT 270 PRO: Geschlossener Studiokopfhörer, der sich auch für unterwegs oder bei weniger ruhiger Umgebung eignet.

  • AKG K240 MKII: Halboffen, sehr bekannt, Klassiker im Homestudio; gute Balance aus Luftigkeit und Kontrolle.

  • Sennheiser HD 599: Offen, sehr angenehmes Tragegefühl, gute Klangauflösung – nicht super „studio-analytisch“, aber wertvoll für allgemeinen Mix-Check.

  • Audio‑Technica ATH‑M50X: Klassiker, etwas mehr Betonung in den Tiefen, aber gut verarbeitet und vielseitig einsetzbar.

  • Samson SR850: Sehr günstiger halboffener Kopfhörer mit überraschend gutem Klang für Einsteiger-Mixing oder Tracking.

Weitere Empfehlungen:

Zusätzlich zu obigen Modellen nennen auch renommierte Fach-Seiten einige Kopfhörer:

  • Der beyerdynamic DT 880 PRO (halboffen) wird bei Delamar als sehr neutrales Modell im Preisbereich ca. 165 € bewertet.

  • Der AKG K-371 wird bei Bonedo in der Kategorie bis 200 € empfohlen – er hat sehr gute Wiedergabeeigenschaften fürs Studio

  • Auch der Sennheiser HD 560S ist ein offener Kopfhörer mit sehr gutem Preis-Leistungs-Verhältnis 

Worauf du bei günstigen Kopfhörern besonders achten solltest:

  • Impedanz & Lautstärke: Einige Kopfhörer mit hoher Impedanz benötigen einen Kopfhörerverstärker, damit sie laut genug und sauber tönen.

  • Tragekomfort: Gerade bei längeren Sessions ist Gewicht und Polsterung wichtig.

  • Kabelqualität: Prüfe, ob das Kabel austauschbar ist – das kann die Lebensdauer deutlich verlängern.

  • Echtes Abhören: Nutze stets Referenz-Tracks. Auch günstige Studio-Kopfhörer können dir helfen, gute Mixentscheidungen zu treffen, aber überprüfe deine Mixes immer zusätzlich auf anderen Systemen.

Meine persönliche Empfehlung

Wenn es um wirklich präzises Arbeiten im Studio geht, ist der Beyerdynamic DT 1990 Pro für mich ganz vorne dabei. Er gehört zu den Kopfhörern, die dir den Sound genauso zeigen, wie er ist – ohne Schönfärberei, ohne verwaschenen Bass. Gerade beim Mixing und Mastering ist das Gold wert: Du hörst kleine Details, die dir auf anderen Kopfhörern glatt entgehen würden.

Was ihn besonders macht: Er ist offen gebaut, dadurch wirkt die Wiedergabe räumlich und natürlich. Höhen und Mitten sind extrem klar, was dir hilft, Stimmen, Transienten, Effekte und feine Störgeräusche viel besser einzuschätzen. Dazu kommen zwei Paar Ohrpolster im Lieferumfang – „Analytical“ für kompromisslose Genauigkeit und „Balanced“ für etwas mehr Wärme im Tiefton. Dieser kleine Unterschied kann in der täglichen Arbeit wirklich hilfreich sein.

Natürlich hat er auch ein paar Punkte, die man bedenken sollte: Mit 250 Ohm Impedanz braucht er einen vernünftigen Kopfhörerverstärker, um sein volles Potenzial zu entfalten. Und als offener Kopfhörer lässt er Umgebungsgeräusche rein (und raus) – für laute Räume oder Vocal-Aufnahmen also weniger geeignet.

Trotzdem: Wenn du konzentriert mischen oder mastern willst, bekommst du mit dem DT 1990 Pro ein Werkzeug, das dich jeden Tag ein Stück besser macht. Er ist robust gebaut, sitzt bequem auch bei langen Sessions und bleibt dir jahrelang erhalten. Für mich ist er eine der sinnvollsten Investitionen, wenn man Studio-Kopfhörer nicht nur für den Spaß, sondern für professionelle Ergebnisse sucht.

 



Kommentare

Marco Torrance
Marco Torrance vor 7 Tagen
@Sturmwind: Ja, natürlich. Verschrieben. Die Neumänner sind offen. =)

Sturmwind
Sturmwind vor 7 Tagen
Sehr schöner Bericht, Marco!
Die Neumann sind offen. Ich liebe sie sehr.
Alles Gute!

Marco Torrance
Marco Torrance vor 8 Tagen
@Mindmovie: Es geht in dem Artikel erstmal um den Kopfhörer selbst. Alle anderen Eventualitäten sind ein anderes Thema.

Anima Infinity
Anima Infinity vor 8 Tagen
Ich habe schon viele verschiedene Kopfhörer ausprobiert. U.A. auch die Sennheiser HD700, 800 und 800s. Diverse AKGs, Grados, Beyerdynamic. Dauerhaft überzeugen konnte mich nur der Stax SR Lambda Professional. Auch zum "lauten" Musik hören nutze ich mittlerweile Elektrostaten. Für mich klingt nichts authentischer. Beim produzieren nutze ich gerne einen German Maestro. Der bietet besonders guten Tragekomfort für lange Sessions. Meinen fertigen Mix checke ich über diverse Anlagen gegen und notiere mir was wo heraussticht. Wenn ich auf 5 verschiedenen Abhören den Eindruck habe der Bass ist zu fett, dann ist er das auch.

Mindmovie
Mindmovie vor 8 Tagen
Schöner Artikel Marco, aber nicht zu Ende gedacht. Es fehlen Kopfhörerverstärker, wie z.B. solche mit Cross Feed Technologie um die Nachteile von Kopfhörern gegenüber Monitoren auszugleichen. Zum Beispiel die SPL Phonitor Reihe. Nur so kann man mit Headphones wirklich den Raum beurteilen. Schliesslich hört man auch mit dem rechten Ohr Signale von links und mit dem Linken solche von rechts wenn man mit Monitoren mischt oder durchs Leben schreitet. Das bietet Dir kein Kopfhörer ohne entsprechende Speziallösungen. Viele wirklich gute Headphones fehlen zudem wie bereits von The Eye angedeutet in Deiner Liste. Trotzdem - eine schöne Hilfe für Neulinge ist der Artikel in jedem Fall. Danke dafür

Marco Torrance
Marco Torrance vor 9 Tagen
@Filterpad: Die Premium-Modelle von beyerdynamic sind Made in Germany.

@THE EYE: Ich habe nur "vertraute" und gängige Produkte gewählt. Wenn man alle Marken berücksichtig, wird die Liste zu lang und das verunsichert viele Neulinge.

THE EYE
THE EYE vor 9 Tagen
@Martin: Nur zum Teil China, nur zum Teil, das vom Grabbeltisch wurde ausgelagert und vergiss nicht Rumänien, für das "gute aus deutscher Hand".

THE EYE
THE EYE vor 9 Tagen
Sehr polarisierendes Thema. Ich lese hier wieder:
"Die üblichen Verdächtigen“, oder „Des Deutschen Liebling“.....

garantiert in 80% der Homestudios zu finden, wie der zuverlässige VW, den Mercedes oder BMW...
kein Ansatz groß von grenzüberschreitendem Blick.
Steven Slate, Fostex, Audeze, Grado, Dan Clark?
Schade, wiederholt eine Empfehlung in typischem Korsett.

Filterpad
Filterpad vor 9 Tagen
Guter und wichtiger Bericht. Den hätte ich vor 10 Jahren gebraucht. Heute ist man schlauer. Klar sind Beyerdynamic vorn dabei, aber diese haben sich den Chinesen offenbart und es bleibt abzuwarten, ob die Qualität erhalten bleibt (gilt nicht für die Klassiker). Daneben gibt es auch noch etwas unbekanntere Marken wie OLLO Audio oder Austrian Audio. Jetzt hoffe ich den selben Bericht für Monitore. Wenn schon, denn schon!


von  Redaktion am 25.11.2025
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