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HipHop  Magazin

Vom Leid der Seele

AugedesArgos
Vom Leid der Seele


Der neueste, und wenn ich mich nicht verzählt habe, inzwischen siebte Langspieler von DeeAssONE (BellumIustum) liegt nun vor. Eine Art „Best of“, deren 20 Tracks (plus 5 Bonustracks) in 5 Jahren zusammengetragen, ein düsteres, ein blutiges und gleichzeitig aber auch zutiefst nachdenkliches Album bilden. Sie erzählen von der dunklen Seite eines Wesens namens Mensch, tauchen tief in die Abgründe seiner Seele ein und loten die dort schlummernden Abartigkeiten aus. Dabei verliert sich DeeAssONE aber nicht in rohes sprachliches Gemetzel, sondern versucht mit feinfühligen Worten und verschlüsselten Metaphern das oftmals Unbeschreibliche zu beschreiben. Hass und Entfremdung, Krieg und Mord, Rache und Gier sind die Themen an denen die Seele leidet. Doch was ist Leid und was ist Lust?
„Der Mensch ist ein Seil, geknüpft zwischen Tier und Übermensch - ein Seil über einem Abgrunde. Ein gefährliches Hinüber, ein gefährliches Auf-dem-Wege, ein gefährliches Zurückblicken, ein gefährliches Schaudern und Stehenbleiben. Was groß ist am Menschen, das ist, daß er eine Brücke und kein Zweck ist: was geliebt werden kann am Menschen, das ist, daß er ein Übergang und ein Untergang ist. Ich liebe Die, welche nicht zu leben wissen, es sei denn als Untergehende, denn es sind die Hinübergehenden.“
So lässt Nietzsche seinen Zarathustra sprechen und lässt auch DeeAssONE auf seinem Album sprechen.

Musikalisch wird das Leid von ausgesuchten und über weite Strecken wirklich exzellenten Beats untermalt. Wo angebracht, pompös und orchestral, an anderer Stelle aber auch durchaus old school und dann wieder überraschend erfrischend und experimentell, aber bestimmt nie langweilig. Es fällt angenehm auf, dass er seinen Beats genügend Raum zum „Atmen“ gibt, sie nicht einzwängt in Reime und Zeilen und sie ihre stimmungstragende Wirkung entfalten lässt. Die eingestreuten Zitate sind von der Idee her nicht neu, aber immer treffend ausgesucht und immer thematisch passend. Herausheben muss ich den Beat von Shadowville in „Die Qualen des Lebens“, dessen Melodie ein gewisses Suchtpotential aufweist. Auf die Mitarbeit der MOMies Art Lip, Unerbittlich Eigen und White Shadow sei hier besonders hingewiesen.

Mit seinen Texten hält er uns immer wieder einen Spiegel vor. Und auch wenn vielleicht nicht jeder sich darin erkennt oder erkennen mag, so ist es nicht sonderlich angenehm, was wir da erblicken. Das Leid ist immer und überall, offen und verborgen, im Großen wie im Kleinen, oft gekleidet im Mantel der Verlogenheit. Wortschwanger und theatralisch, kompliziert und bildlich fordern die Texte zum genauen Zuhören heraus. Man muss sich auf sie einlassen, um in sie eindringen zu können. Voller Nachdenklichkeit sind sie alle und selbst die Liebeslieder, die etwas Licht in den Abgrund bringen könnten, sind voller Melancholie und Schwermut.
Mancher Reim, der seine Zeilen sprengen will, wenn die Worte nur so sprudeln, wird von dem souverän vorgetragenen Flow auf- und eingefangen. Sprachlich sehr gewandt führt er uns so durch all die Tiefen der Seele; das a cappella „Bald in aller Munde“ (Bonustrack) ist für mich dabei das absolute Highlight.

Antworten auf das Leid der Seele gibt DeeAssONE nicht, die müssen wir für uns schon selbst finden. Sein Part ist der des Erzählers, der uns in ein Spiegelbild blicken lässt und uns ermahnt, nicht gedankenlos und gleichgültig miteinander umzugehen.
Ich bin gespannt, wie sein gerechter Krieg weitergehen wird.

Kommentare

Piko
Piko Juni 2010
sehr interessant niedergeschrieben.
habs noch nciht komplett gehört, aber da wir uns ja nun schon seit gefühlten 10000 jahren kennen und schätzen ;)
kann ich das so unterschreiben.

Phylox
Phylox Juni 2010
Es ist ein Hammer was du hier raushaust.
Best of auf alle fälle, sind viele lieblingslieder von mir drauf die du gemacht hast.
Texte Enorm. und Stimme/Flow sind eh Rostfrei ^^
Hammerteil auf jedenfall

Ehemaliger Account
Ehemaliger Account Juni 2010
Die Rezesion is der absolute Knalller. Besser gehts gar nich, der Künstler und dessen Musik ist wunderbar beschrieben. Bin richtig geflasht. Sehr sehr sehr gut. Freut mich.

WKM
WKM Mai 2010
Die Rezension ist super. Der Verfasser hätte es nicht besser formulieren können.
Ich freu mich total, dass eine so gelungene Beschreibung des Albums entstanden ist.
Scheint ja doch noch paar kluge Menschen zu geben ^^
Das Best Of verdient seinen Namen, für mich ein sehr gelungenes, rundes Album.


serDON
serDON Mai 2010
@ ZimZon: Da muss ich Dir leider widersprechen. Hip Hop ist ein großer Begriff. Und auch wenn Du Dich mit dem Sound von dem Artisten nicht anfreunden kannst, lässt die Scene dem Künstler doch alle Türen offen. Über Geschmack lässt sich natürlich streiten. Und jemand, der aus dem Bereich Trance kommt, kann doch auch Hip Hop mögen und ein Review schreiben?!?! Ich sehe da jetzt nicht das Problem. Aber sei es drum, Ich möchte nur schreiben:

Im Sprechgesang ist quasi alles erlaubt und Regel sind dort "fast" ein Tabu. Ob die Platte nun Deinem oder meinem Geschmack entsprechen muss, ist ein ganz anderes Thema, was sich aber aufgrund der Artenvielfalt im Rap "Gott sei Dank" gar nicht thematisieren lässt. Und das ist ok so...

Im übrigen ist dieser Künstler auch nicht "mein Freund" ;D Aber schau(t), wie objektiv man(N) bleiben kann und sollte.

Peace
serDON

ZimZon
ZimZon Mai 2010
Das ist kein Hiphop. Also... das hat für mich nichts mit Hiphop zu tun. Und wieso jemand aus dem Bereich "Trance" ein Review schreibt, zeigt dann doch auch schon, wo wir hier gerade dran sind... Nein, Spaß bei Seite, das ist doch lächerlich...


von  Redaktion am 26.05.2010
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