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Chillout  Magazin

Wasser und Licht: Hydrolux



45 Minuten dauert eine Unterrichtsstunde üblicherweise. Durchschnittlich genauso lang liest jeder Deutsche am Tag, in Zeitungen, Büchern und ... Internet-Rezensionen.

In eben dieser Länge ist kürzlich, Anfang Juli, auf dem Label candyrush-music das Album Hydrolux vom Musiker Ava Felsenstein erschienen. Es befasst sich als Konzeptalbum - wie es auch bereits der Titel verrät - mit dem Thema Wasser & Licht.

Das Album
Das vorliegende Album enthält als unüberhörbare Besonderheit die in jeder Sekunde aufflammende Hommage an den großen Künstler Jean Michel Jarre, der nicht nur Pate stand für die daraus resultierenden klanglichen Assoziationen, sondern sich im Gesamtkonzept noch bei den Kompositionen selbst in Art und Farbreichtum, als auch in der eher abstrakten Ebene von emotionaler Rührung und vergeistigter Reiselust als prägende Instanz wiederfinden lässt. Es geht dabei insbesondere um seine früheren Werke, die noch ganz ohne Sampling auskamen und stilbildend wurden für die elektronische Musik der 70er (und aus meiner Sicht auch 80er) Jahre.

Eine weitere Besonderheit des Werks bildet die Auflösung jeglicher Trackgrenzen; das Album ist buchstäblich aus einem Guß gefertigt und lässt sich maximal in einzelne Motive segmentieren, die über ein atmosphärisches Rauschen und immer wieder kleinen Arpeggios und charakteristischen Sounds, wie etwa einem aufheulenden - Achtung! - Synth, verbunden bleiben. Wie gewinnend sich eine solche Philosophie auszahlen kann, wusste schon Jarre, doch schlagen hier gleich mehrere positive Effekte zu Buche, von denen mit dem erwähnten Amalgam vor allem der Eingewöhnungseffekt auffällt. Darüberhinaus tritt das Gefühl, aus dem Sound geschmissen zu werden, wirklich erst mit dem Verklingen der letzten Töne auf, was einer homogenen Kompositionsreihe wie der vorliegenden nicht hoch genug angerechnet werden kann.

Man kann eine CD auf vielerlei Arten hören, beiläufig, konzentriert, am Stück oder querbeet. Da der letzte Weg weitestgehend verschlossen bleibt und sich auch als nicht sehr sinnvoll erweist, bleibt nur das konzentrierte oder eher beiläufige Hören - am Stück. Schaltet man den Player zum ersten Mal an, entdeckt man als Jarre-Kenner sofort mit jedem Klang die erstaunlichen Parallelen zum Altmeister und ist aufgrund dessen vielleicht einmal verwundert, das erste Hören lang. Ava erklärt dies mit seiner schon fast lebenslang währenden Verbindung zu Jarre, die diesen Sound ins Blut übergehen ließ, und keineswegs als Konkurrenz zu der Legende Jarre zu verstehen ist. Und so häufig wie der Name Jarre in der Rezension Erwähnung findet, so untrennbar und doch unschuldig ist die musikalische Verbindung zu dem darob bereiteten Klanguniversum. Es geht um die Musikalität, und wer hätte da noch Zweifel, wenn er dann das Album gehört hat?

Es steckt viel Herzblut in dieser Produktion, die auf acht einzelnen Motiven basiert, die im Verlauf der Hörgemeinschaft zum Album verschiedentlich stark im Ohr hängen bleiben und zuweilen sogar eine heftige Wiederhörensfreude auslösen können.

Die Motive (Part I-Part VIII)
Findet sich im ersten Motiv aufgrund der zwar epischen, aber doch unscharfen Skizze mehr eine Art Andeutung zu den Zielen der Reise, so ist die Überleitung innerhalb des Motives zum nächsten durch das herunterwandern in der verfügbaren Notenskala zum Schluß so simpel wie wirkungsvoll. Ein Appetizer, der gut auf die folgenden Etappen abgestimmt ist.

Das zweite Motiv ist da schon ganz deutlich in seinen Konturen und leitet sanft, aber gleichzeitig mit einer Schwere ein, die man bei Jarre selbst vor allem auf der Rendez-vous zu hören bekam. Der etwas nach einem verlangsamten Walzer klingende Rhythmus beschert einem hier bereits erste Gänsehaut und lädt ein zu einem Gedankenspiel, das wehmütig und zugleich inspirierend werden kann.

Schwung- und kraftvoll geht es weiter, mit einer Hymne, die so französisch, so verträumt und fröhlich wirkt, so direkt! Die Reise wird sich jetzt zum ersten Mal so richtig auszahlen und in zappelnden Füßen und einem nicht minder wogendem Hörerlebnis münden. Ein echter Knüller, der gerade im Kosmos der jarresken Klänge einen ganz besonderen Platz findet!

Fast an einen Jahrmarkt fühlt man sich im vierten Motiv versetzt, wenn Reminiszenzen an die Hochsaison des französischen Pop-Chansons Anfang und Mitte der 80er säuselnd in einem etwas modernerem Kostüm verpackt werden.

Ebenfalls in einem sentimentalen Auftritt kündigt sich darauf eine äußerst traurige, von glazialer Klangästhetik durchzogene Poesie, die so eindrücklich, mahnend an den Hörer tritt. Vielleicht verbirgt sich unter den verschwenderisch schönen und nicht minder nachdenklich stimmenden Soundwellen ein tieferes Geheimnis? Ach, hätte Cousteau das noch verbauen können..

Was an sechster Stelle folgt ist ein bemerkenswert originär klingendes Kleinod, das man versehentlich Oxygene taufen möchte, und doch wieder nicht? Ein dufte klingendes Synthi-Pop Instrumental aus dem wohlvertrauten Klangreich ist es allemal.

Mit einem elegischen Interlude wird das Finale in Sachen Atmosphäre, Variation und Erzählkunst vorweggenommen. Ohne die Lautheit zum Leitmotiv werden zu lassen. Ich stelle mir dabei die Landung auf dem Jupitermond Europa vor, der gleich den akustisch untermalten Entdeckungen eine Symbiose aus verschreckter Neugier und fast grenzenloser Faszination darstellt. Ein Ambient-New Age Gewächs, das an stressigen Tagen als mentaler Ausgleich verschrieben gehört.

Als Rausschmeisser kommt dann schließlich eine nicht auf Vollständigkeit, sondern auf Retrospektive beruhende Zusammenfassung, die als sanfter Abklang zum thematischen Sammelsurium einerseits den äußerst schwermütigen Touch einer traurigen Spielfilm-Melodie enthält, aber gleichzeitig erbauend wirkt... so fängt man ganz entspannt und unverdrossen die Reise von vorne an.

Das Extra
Zwar fällt die medienbezogene Präsentation nicht so heftig und pompös inszeniert aus wie man es vom großen Vorbild fast erwarten möchte, kleine Schmankerl für die Augen sollen aber nicht ausbleiben: Gegenwärtig existieren bereits für das erste und letzte Motiv sehr sehenswerte 3D-Animationsfilme, die mit der Musik zusammen ein Kabinett der Sinne werden.. für geneigte Zuschauer.

Fazit
Das Fazit dieser Rezension zu Hydrolux soll nicht unbedingt so sehr in der Antwort auf die Frage liegen, ob das jetzt ähnlich zu, so wie oder anders als Jarre klingt. Das ist sicherlich ein pseudo-wissenschaftliches Terrain und viel weniger aussagekräftig als die Tatsache, dass es sich hier um ein inspiriertes wie inspirierendes Album handelt, das in seiner Gänze erst zu leuchten beginnt und einen in die Zeit von LED-Spielen und hübschen, französischen Karossen zurückversetzt. Gleichzeitig aber auch jederzeit ins All, in den Urwald oder auch dem Traumreich selbst katapultiert, wenn man es zulässt. Es bleibt zu wünschen, dass jeder Hörer, und eben nicht nur Fans, sich die Zeit lässt, die Musik unverkrampft und in ihrer vollen Länge aufzunehmen. Nicht einmal, mindestens zweimal sollte man sich das dann schon zugestehen, und die Pracht der Klänge wird, das ist fast sicher, ihre Fans finden, die sich immer mehr und immer begeisterter in der Musik finden, und vielleicht auch verlieren.

1 Track
8 Motive

käuflich zu erwerben unter:
candyrush-music / ava

Kommentare

Der Makrophag
Der Makrophag August 2009
Sorry, hab eben erst gemerkt, dass es hier ja nur Ausschnitte gibt.

Wo bekommt man das ganze Album nun her (sollte hier ja auch irgendwo stehen)?

Der Makrophag
Der Makrophag August 2009
Hi!
Was ich so nach dem ersten schnellen durzappen gehört habe gefäll tmir gut. Ich werde mir das ganze Album mal runterladen und in einer ruhigen Stunde oder unterwegs mal ganz anhören!

Schöne Musik!


von  Redaktion am 06.08.2009
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