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Chillout  Magazin

Terror70 - Die Macht der Einsamkeit

Interview mit FrankB
Terror70 - Die Macht der Einsamkeit

Sandalette: Wir wissen sehr wenig über dich. Wir wissen, dass du Frank heißt, Krebs bist und in Dortmund wohnst und kennen natürlich deine künstlerischen Aktivitäten. Wie kam es im Laufe der Zeit zu dem Terror70, mit dem wir es jetzt zu tun haben? Terror70: Nun, der Name Terror hat eigentlich nichts mit der Musik zu tun und entstand vor ungefähr 5 Jahren, als ich mit ein paar meiner wenigen Freunde zusammensaß und plötzlich den Namen "Terror" abbekam. Womit das alles zusammenhängt ist etwas kompliziert zu erklären, bezieht sich aber auch auf meine "große Klappe", meinem Verhalten, wenn ich mal auf 180 bin und auch auf den schwarzen Humor, den ich manchmal rauskommen lasse; ich LIEBE diesen schwarzen Humor der Engländer. Als ich 2000 dann meinen zweiten Heim-PC gekauft habe und damit endlich ins Internet konnte, habe ich Terror halt auch als "Nickname" genutzt und mein Geburtsjahr drangehängt, also die 70. Und Terror70 benutze ich halt nun überall, in der Musik, weiterhin im IRC, im ICQ, in Foren, als ehemaliger Kolumnenschreiber in Sachen nordamerikanischem Profieishockey usw. etc., egal ob es gerade passt oder nicht. Hat somit aber Wiedererkennungswert. :-) Sandalette: Deine Musik wirkt sehr in sich geschlossen und ist teilweise nur schwer zugänglich. Es kommt mir fast vor, als scheint dir ein etwaiges Zielpublikum gar nicht so wichtig zu sein. Täuscht ich mich dieser Eindruck? Wenn ja, welches Publikum möchtest du denn ansprechen? Terror70: So ganz unrecht hast damit nicht... Musik ist für mich anfangs Neugier gewesen. "Schauen wir doch mal was dieser Rechner hier hergibt und ob der sowas mit seiner popeligen Ausstattung drauf hat." Ich habe mich damals schon zu C64- und Amiga-Zeiten für die Musik per Rechner interessiert und angesichts des Software angebots für den PC habe ich mich dann mal drangemacht, halt einfach aus lauter Neugier. Nach einer Weile hatte ich dann hier 2 Stücke fertig, das waren damals ein Big Beat-Stück "Big Beat One" und eines aus der Techno-Ecke "So Let Us Start The Party". Zwar nicht das gelbe vom Ei, aber immerhin. Und dann kam es mal dazu, dass ich beim Zappen immer mal wieder auf Bayern Alpha hängenblieb bei der "Space Night". So fing es dann mit dem Ambient an, es entstand "Space Night Memory"... Weisst du, ich habe diese Sachen eigentlich nur für mich gemacht, in erster Linie waren sie schon beim Entstehen ein Ausdruck einer gewissen Stimmung. Musik mache ich jetzt nicht, um damit einen Haufen Kohle zu machen irgendwann, nein, überhaupt nicht. Mittlerweile - nach den Anfängen aus der Neugier heraus - bin ich eigentlich der festen Überzeugung, dass ich mit Wort und Schrift und DANN auch mit der Musik eine Möglichkeit habe, etwas zu übermitteln: Stimmungen, Botschaften, Fantasien im Kopf des Hörers entstehen zu lassen, wenn es in meinem Fall auch nicht gerade so ist, dass die Hörer das Tanzbein schwingen. :-) Ich kann mit der Musik auch gewisse Sachen verarbeiten, mir was von der Seele komponieren wie andere in Tagebücher schreiben, Momentaufnahmen oder Gefühle vertonen. Mit meiner Musik gebe ich eigentlich oft mehr von mir preis als in einem Gespräch, ich bin in dieser Musik. Nicht ganz, aber ein gewisser Teil von mir oder aber auch Gefühle, Empfindungen die ich zu dem Zeitpunkt hatte. Und komischerweise scheint es so zu sein, dass ich mit dem Ambients oder aber auch den Soundtracks bei Hörern etwas ähnliches "entstehen lassen" kann. Vielleicht gefällt diese Musik eben deswegen, weil der Hörer plötzlich etwas in sich findet durch diese Musik, etwas "sieht". Die besten "Filme" macht immer noch die eigene Phantasie und nicht Hollywood. Es geht mir nicht darum Publikum anzusprechen oder damit Geld zu verdienen. Ich verarbeite damit, ich lege was von mir in diese Stücke und es ist erstaunlich, dass viele durch das Hören dieser Stücke offensichtlich "berührt" werden. Sandalette: Welche Dinge/Umstände haben dich als Mensch und Künstler in deiner Persönlichkeit und deinem musikalischen Anspruch besonders geprägt?
Terror70: Geprägt... hm, eine schwere Frage, über sich selbst Vermutungen anzustellen halte ich für schwer. Nun, mir selbst ist aufgefallen, dass ich mit/in der Musik wesentlich mehr von mir preisgebe, als ich es sonst tue. Du würdest in einem Gespräch ausserhalb des Themas Musik NIEMALS so viel von mir in Erfahrung bringen. Und da sehe ich auch meine "Prägung"; ich rede mit niemandem viel über mich oder über private Dinge. Ich rede nicht gern über mich, es kommt mir falsch vor, es kommt mir dann vor, als würde ich mich in den Vordergrund rücken, auch wenn es keiner hören will. Und somit tue ich es auch eigentlich nicht, WENN es einer wirklich wissen will, da ziehe ich mich zurück. In und mit der Musik tue ich das nicht, da kann ich mich nicht zurücknehmen und gebe mehr; ob ich es will oder nicht. Vielleicht ist die Musik ein einigen Stücken eine Art Sprachrohr für mich; für das, was mich beschäftigt, was ich auf anderem Weg nicht rauslassen will oder nicht rauslassen kann. UNd sicher geht es mir da nicht alleine so, ich glaube viele, die ihre Stücke herausgeben und uns hören lassen geben in einigen sehr viel von sich selbst preis. Sandalette: Du sagst: "Kommerz heißt nicht unbedingt mitschwimmen. Irgendwann hat irgendwo irgendwie irgendjemand etwas Neues gemacht." (Terror70Info bei MoM) Kann man davon ausgehen, dass du auf dem Weg bist (möglicherweise aufgrund deiner Einstellung, eben gerade nicht das Streben nach kommerziellen Erfolg zu haben), ein solcher "Pionier" zu werden/zu sein? Terror70: Ich denke eher, dass jeder das Ziel haben sollte innovativ in seinem Tun zu sein. Man DARF natürlich Dinge dazu als Werkzeug nutzen, die es dazu gibt, aber wenn "hinten" etwas rauskommt, was dann in sich geschlossen etwas Neues darstellt und Bewährtes ergänzt: wunderbar. Es ist im wesentlichen doch genau das was um uns herum immer wieder passiert. Ich nehme z. B. in der Wissenschaft bekannte Theorien, baue darauf auf, verwende sie, auf einmal widerlege ich eine alte Theorie, so dreht sich das Rad, auch in der Musik, deswegen gibt es die unterschiedlichsten Styles. Und ob ich ein Pionier bin, eben weil ich auch mit der Unterteilung in Musikrichtungen meine Probleme habe und diese auch mal versuche zu mischen, dann sage ich mal ja. Der Kommerz kommt auf dich zu, wenn er dich "bemerkt" und dir eine Chance gibt. In erster Linie machst du zuerst das, was dir gefällt, zumindest sollte es so sein! DANN machst du dich nämlich zum einem solchen Pionier! Ich sage ja auch "Idole sterben schnell weg", nach jeder Flut kommt auch eine Ebbe, ja manchmal stirbt etwas auch aus und ist weg vom Fenster oder kommt wieder, erlebt eine Renaissance, lebt wieder auf. Es macht auch vor der Musik nicht halt. Was mir manchmal auch besonders gegen den Strich geht ist in einem Stück einer bestimmten Musikrichtung immer einen Bestandteil einzufordern, den die anderen bekannten Songs haben. Nehmen wir bei Trance eine anschwellende Snaredrum oder ne Hihat. Warum? Warum muss das so sein? Oder warum darf ein Ambientstück nur vor sich hinfließen? Ambient MUSS nicht "easy" sein im Zuhören, musste es nie, ist es aber geworden aus teilweise verständlichen Gründen. Zugegeben, es wäre im ersten Moment ungewöhnlich ein Ambient zu hören, in der die Tiefen eine Menge Platz für sich beanspruchen, die Höhen "im ersten Moment" zu kurz kommen. Aber ein Ambient kann schließlich auch unterschwellig bedrohlich wirken, eine unangenehme Situation, etwas unheimliches besitzt auch ein "Ambiente", nur mit unangenehmen Dingen setzt man sich ungern auseinander (im übertragenen Sinn). Ich habe ja im Schlaf auch nicht immer schöne Träume und das habe ich auch wenig versucht in "Lullaby" einzubringen. Meine persönliche Meinung, möge man mich verteufeln oder deswegen links liegenlassen, es wäre mir egal. Sandalette: Eine musikalische Revolution, wie Beat in den 60ern, Punk in den 70ern oder Techno in den frühen 90ern fand schon seit geraumer Zeit nicht mehr statt. Wie könnte denn deiner Meinung nach eine solche Revolution nach Techno, Hip Hop usw. aussehen? Sind solche "Manias" überhaupt noch möglich? Terror70: Man soll nie NIE sagen, sicher wird es noch "Manias" geben, die von Einflüssen vorangegangener Musikrichtungen leben oder aus ihnen hervorgehen. Das ist ein Fluss, es gibt weiche Übergänge zu Neuem oder aber auch harte Wechsel zu Dingen, die damals noch niemand geahnt hat und wir auch heute noch nicht absehen können. Es wäre vermessen zu glauben oder auszusagen, "Auf einmal hörten wir auf uns zu verändern." Und wer aufhört, besser werden zu wollen, der hört auf gut zu sein. Und möchte nicht auch jeder anders als die anderen sein?! Ich zumindest möchte das sein auf meine Art.
Sandalette: Gibt es Dinge, die du beim Musikmachen immer beachtest? Welche Songs von dir bewertest du in der Hinsicht als gut gelungen? Terror70: Beachten tue ich eigentlich kaum etwas, also bezogen auf Musikrichtungen. Ich setze mich hin ohne irgendein Ziel, das kommt mit einem Mal, wenn ich einige Zeit hier sitze und ein wenig herumprobiere. Aber: ich habe auch gewisse Ziele in einigen Dingen; so möchte ich zum Beispiel mal versuchen Reggae-Elemente mit Ambient zu verbinden oder auch andere Styles in einem Stück unter den Hut zu bringen, aber da bin ich jetzt auch nicht so verbissen und sage, dass mein nächstes Stück eben Reggae und Ambient mischt, ich sitze hier und probiere, speichere Entwürfe ab, die ich dann weiter verfolge oder aber auch irgendwann in den Papierkorb schiebe. Gelungen ist mir ein Stück dann, wenn jemand damit etwas anfangen kann, es gut findet, etwas durch dieses Stück "sieht" oder sich etwas in seiner Phantasie darunter vorstellen kann. "Headmusic" möchte ich das mal nennen, was dieses Stück wirklich bringt, das spielt sich im Kopf des Hörers ab; wie bei mir, als ich dieses Stück gemacht habe. Dann ist es gut. Gut gelungen ist ein Begriff, den ich so jetzt nicht ganz beantworten kann, ich kann nur sagen welches Stück mich ziemlich berührt bzw. aus den Socken gehauen hat; das war "It Happens Right Now", als ich plötzlich beim musizieren an jemanden denken musste, der es in dem Moment nicht so "gut" hatte wie ich; er war nicht daheim, fern von seiner Familie, seiner Frau und seinen 2 Söhnen, hervorgerufen durch eine Sache, an die wir so vielleicht nicht denken oder andere nicht denken, da sie nicht betroffen sind. Wenn ich dieses Stück höre, auch in seiner Kürze, dann bekomme ich immer wieder Gänsehaut und auch Angst; Angst um meinen "Fast-Bruder" Andrew, der einen nicht einfachen "Job" tut... schwer rüberzubringen, was ich immer wieder fühle, wenn ich dieses Stück höre. Einen Versuch, diese Gefühle zu vermitteln, steht in der Beschreibung zu diesem Stück. Es sollte etwas völlig anderes werden... Sandalette: Was machst du sonst noch so außer Musik? Terror70: Nun, ich gehe Montags bis Freitags meiner Arbeit nach, lese viel, schreibe für mich, Freunde habe ich wenige und gehe selten aus. So gesehen ist mein Leben ziemlich unspektakulär, einige finden es langweilig und öde. Ich war schon immer mehr der Einzelgänger, der sich mit sich selbst beschäftigt und dies auch am liebsten tut, von daher ist mir auch die Kritik an meinem Einzelgängerdasein ziemlich egal, ich bin glücklich damit, auch wenn es in meinem Umfeld kaum jemand nachvollziehen kann. Von daher sind auch Freundschaften selten, aber die, die ich habe, sind mir dafür um so wichtiger, selbst wenn ich mich da ab und zu stark zurückziehe. Meine echten Freunde verstehen das und darum bin ich ihnen auch dankbar, dass sie es tolerieren können. Einige konnten dies nicht; ist auch schwer, aber so bin ich nun mal. Sandalette: Gibt es Pläne für die Zukunft oder andere Dinge, die du gern noch loswerden möchtest? Terror70: Nun, musikalisch werde ich versuchen weiter "meinen" Weg zu gehen, auch in dem Projekt "The Other Space-Night", dem ich mit anderen Künstlern wie u. a. magic dimension oder G-Trace angehöre mit dem Ziel, den bekannten Sound der "Space Night", die immer auf Bayern Alpha in der Nacht läuft, rüberzubringen. In der Musik möchte ich mir weiter "treu sein" und hoffe damit auch noch hier und da mal einen "Nerv" beim Hören zu treffen wie es mich beim Musizieren manchmal trifft. Loswerden möchte ich noch, dass ich auf My Own Music viele Künstler kennenlernen durfte, die viele meiner Ansichten teilen oder mich in meiner Sichtweise der Dinge weiter bestärken. Dieses Lob zielt auch generell auf die Möglichkeiten, die diese Comunity bietet; hier kommt man mit anderen Künstlern schnell in Kontakt, man tauscht sich aus, erhält in Mails oder Quick Messages viele Anregungen und Tipps, ja knüpft sogar Kontakt zueinander über die Möglichkeiten der Community hinaus, im besonderen fällt mir da Kollege :oxo: ein, der unheimliches Potenzial in sich hat und für mich mit seinem Titel "Blutsträne" beweist, bewegende Geschichten erzählen zu können, die gut klingen! Respekt, :oxo:! Sandalette: Dann würde ich mich gern bedanken - und das tue ich auch ;-), dass du dir die Zeit für mein Interview genommen hast (es sind drei Stunden vergangen und das gesamte Interview bezieht sich auf 4 Seiten!) und wünsche dir alles Gute für die Zukunft! Terror70: Danke, dass du Zeit für mich hattest, war mir ein Vergnügen. Frank

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von  Sandro Sandalette am 08.08.2002
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