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STARBOARDER am 25.04.10 um 05:00

extrem extrem

Seit meinem Einstieg in die Internetwelt der verbunden Bewussten ( Prozentsätze sind oft stark variabel ) begegnen mir endlos individuelle Welten von solcher Unterschiedlichkeit und in mannigfaltigen Aspekten, dass es mir mit jedem neuen Dutzend schwerer fällt, wirkliche Mainstreams darin auszumachen. Sei es das Denken, die Haltung, temporäres Einnehmen von Standpunkten, die Gesinnung oder Gefolgsschaft der Menschen, ich finde keinen groben Rahmen, der sie alle zusammenfassen könnte.
Aus einem Lebensverlauf gekommen, den man vor der Teilnahme an Internetmöglichkeiten vielleicht etwas mit dem von Kaspar Hauser vergleichen können hätte. mit etwas Würze hier und da, und weiterem Zugriff auf diverse Bibliotheken -- zu meiner Schande vielleicht dem gefälschten Universitäts-Bibliotheksausweis, der mir über viele Jahre Freude am Input bescherte, und geformt durch die von Einfalt und Stumpfsinn bereicherte Welt der Dorf-Maulwürfe süddeutsch verwinkelter Hinterwaldregionen, hätte ich deutlich mehr Hauptrichtungen erwartet, in denen Menschen sich bewegen, oder sich bewegen lassen. Denn meist scheint es mehr ein sich bewegen lassen zu sein, dem sich wahnsinnig große Gruppen frei hingeben.
Der benutzte Mensch kommt in einer Masse, mit der ich nicht spekuliert haben wollte. Trotz ihrer Individualität -- und das ist das große Rätsel dabei -- ist die Ergebenheit gewaltiger Kontingente, und diese Leichtigkeit, sich untergeben zu machen, etwas, das Staunen verursacht. Hängt das mit der menschlichen Evolution, seiner Psyche, seiner sozial geprägten Eigenschaften zusammen, ist die bi-ambivalente Verkehrung wohl der grundlegende Marker, der für menschliches Gebaren üblich ist.
Ich sehe dieser Tage, wenn ich mich zur Pause im Grübeln nur einmal kurz in meinem Bewusstsein hinsetze ( die meisten können das gar nicht, dort sind die Bänke oft nur Illusion), auf eine menschliche Welt herein, die sich das Internet leider nicht nur als Erweiterung des Gesprächskreises und der medialen Organe ausgesucht hat, sondern wohl auch als Müllplatz, gar als Sondermülldeponie für all die Ausgasungen, die man über ein stark geschmälertes Ausgangsrohr abladen kann. Dafür eignen sich Foren ganz besonders gut, und man möchte sich dabei nicht ausschließen, dieser Bewegung verfallen zu können.
Das Internet als Gemeinschaftsraum für die cyberliterate Menschheit strotzt von überquellenden Papierkörben und virtuellen Kladden, alle vollgekleckert mit dem alltäglichen Brausen der Gehirne.
Selten Klarheit, weniger Funkelsterne an irgendwessen Horizont, es ist wie ein schrecklicher Verkehrsunfall, sagen manche, und trotzdem schaut man immer wieder hin.
Auch vom Extremen wird viel berichtet.
In extremer Weise sogar. Es bleibt dabei diffus, wo das Extreme beginnt, und wo es wieder aufhört, gerade noch extrem genug zu sein.
Extrem heißt soviel wie "ganz außen" oder "äußerst" , doch zunächst muss eine Mitte bestimmt werden, bis man etwas ganz außen davon sehen kann. Eben jene Mitte finde ich nirgends im Web, und schon gar nicht unter den Menschen, weder in ihrem Verhalten, noch in ihrem Handeln und Tun. Mancherorten sammeln sich Massen an, die einer Gesinnung folgen, sich an einander hängen, einem Mythos oder einer Ideologie folgen. Dann sieht man alles, was außerhalb dieser Konventionen steht, als Extrem an. Bisher wurde das Wort einer zu starken, also extremen Verunstaltung durch den Positiv-negativ -Drall noch nicht unterzogen. Noch immer gibt es extrem gute UND extrem unangenehme Seiten davon. Der Exprempositivismus hat sich noch nicht erdreistet, den Begriff zu verteufeln, und auch der extreme Negativismus hat es sich noch nicht gekrallt. Noch dient uns das Extrem der lediglichen Positions-Rückversicherung auf die eigene Mitte.
Aus einer Gruppe heraus betrachtet, ist es immer einfach, etwas extrem zu finden. Die Mitte einer Gruppe kann aus der Sicht einer ganz anderen Gruppe sehr extrem wirken, und an umfassenderen Gruppensichten festgemacht scheint wohl immer gerade das extrem zu sein, was möglichst weit von der gruppenintern abgestimmten Haltung entfernt liegt.
Für Vegetarier ist es extrem, süße kleine Karnickelbabies zu rösten, für australische Buschläufer sind sie eine gern verspeiste, und dazu noch eingeschleppte Plage. Welches Extrem ist gegenüber welchem gegensätzlichen Extrem nun das Bessere?
Aus welchem Grund, frage ich mich, und macht es wirklich Sinn, die Extreme gegeneinander aufzuwägen?
Beobachtungen im Onkel Matt-Stil ( remember the fraggles? ) sind alles, was ich dazu einfahren kann. Eine Gruppe hat mich zu sich hinzugefügt, und immer noch habe ich meine eigenen, unverboten einzelgängerischen Gedanken. Dafür brauche ich keine Vorgaben oder Auflagen, es denkt in mir, was Gedanken produziert, das Nervensystem mit seinem Bewusstsein im Rucksack als Verwalter der interzellulären Kommunikation.
Auch unsere Extreme können extrem gut als Extrembeispiele herhalten. Sie wären im Vergleich zu allem, was ich an gesellschaftsüblichen Systemen so kennengelernt habe, schon reichlich extrem. Doch meine Haltung dazu würde extrem schlicht verstanden werden, selbst beim kleinsten Extrem, das sie gegenüber mancher gruppeninternen Ansicht einnehmen kann.

Extreme sind meines Erachtens vor allem dazu da, die Mitte deutlicher hervor zu heben. Sie klarer zu machen, ihr Zentrum zu stärken, Grenzen aufzuzeigen. Solange sich Gesprächsebene nicht in Handlungsebene überträgt, sehe ich keinen Grund, warum Extremes nicht Gesprächsthema sein sollte. In der Flucht davor, im Verdrängen oder im Verbot reizt man genau an jenen Rezeptoren, die Extremem neuen Wind in die Segel geben. Es ist wie bei atlantischem Feuer -- je mehr Wasser dazu kommt, desto höher schlägt die Flamme. Um das Extreme nicht mit dem Extremistischen zu vermengen, dafür gibt es den Sprachraum -- auch Spei-Raum genannt, und dessen Nutzung als Ventilierbude kennt man von jedem Forum. Abkotz-Threads und Jammer-Zirkel dürfen dann auch nicht fehlen, denn wenn man diese unterbinden wollte, bilden sich nur unschön dicke Hälse. Und wenn sich das in die Tatebene überträgt, hätten wir ein dreidimensionales Extrem. mit dem wir extrem beschäftigt werden könnten.
Was ich damit dem Blog-Log sagen will, ist einfach. Extremes zu sehen ist eine Sache, das Extreme als Anlass zum Streit herzunehmen, eine andere. Es hängt eben immer davon ab, an welchem Punkt man sich gerade selbst befindet, was wo extrem befunden wird.

So gesehen ist das Extreme einfach nur eine Positionsannahme.
Europäisches Denken war schon immer zu extrem für meinen Geschmack.
Aber Europa ist extrem weit weg.
Das hat was Erbauliches ;-)

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