Das "Streben nach Glück" heißt einer der Lieblingsfilme von WEST; der Titel könnte gleichzeitig das Lebensmotto des Schweriners sein. Aber was heißt hier: könnte? Auf unterschiedlichen Wegen versuchte er bereits, sein Ziel zu erreichen; es ging hoch und runter, nach links und nach rechts. Aber einen Pfad verlor WEST nie aus den Augen: die Musik. Mit 15, 16 Jahren begann er wie viele seiner Altersgenossen Rap und HipHop zu hören – Cypress Hill, Wu-Tang Clan, die frühen Sachen von Eminem. Aber es waren nicht die amerikanischen Superstars, die ihm letztlich den Anstoß gaben, selbst Beats zu basteln und zu texten. „2002 habe ich zum ersten Mal Sido gehört“, sagt Westphal, „wie der über seinen Block gerappt hat – mit Witz, Sarkasmus und blöden Sprüchen – das war mein Ding.“ Nicht nur textlich hätten ihn die deutschen Interpreten „voll angesprochen“. Es seien auch die „kurzen klaren Beats“ gewesen, die neben Sido Leute wie Fler, B-Tight oder Bushido vierspurig unter ihre gerappten Verse gelegt hatten. Nebenbei und mit einfachs­ter Technik begann WEST, Texte auf allerhand Zettel zu kritzeln und die Musik dazu zu schreiben. Er jobbte in einer Seehofer Gaststätte, schaffte es dort bis zum Kellner. Später lernte er am Hamburger Flughafen den Beruf eines Res­taurantfacharbeiters, hielt es dort aber nur drei Monate aus. Zurück in Schwerin nahm ihn der legendäre (inzwischen verstorbene) Schweriner Kneipier Hans-Joachim „Hajo“ Wulf gewissermaßen an die Hand. „Was meine berufliche Laufbahn in der Gas­tronomie betrifft“, sagt WEST, „war Hajo mein Ziehvater.“ Er beendete seine Lehre bei der Schweriner FAA – „mit großem Erfolg.“ Kurz darauf wurde er zur Bundeswehr eingezogen. „Pommes mit Wurstgulasch“, sagt WEST, „das war nicht mehr zu toppen. Da habe ich abgeschlossen mit der Gastronomie.“ Nach dem Bund verdiente er sein Geld bei unterschiedlichen Wachschutzunternehmen, unter anderem beim Wert- und Geldtransport und als Ordner beim Handball. Später kehrte er für kurze Zeit doch nochmal in die Gastronomie zurück (er war Kellner im „Waldschlöss­chen“). Jetzt arbeitet er am Computer im Büro eines Dienstleistungsunternehmens. Höchstens ein Zwischenziel beim „Streben nach Glück“ hat er damit erreicht. In seinem gleichnamigen Titel rappt WEST unter anderem: „Es geht hoch hinaus und nie wieder zurück. Ich will nie wieder, nie wieder zurück.“ In diesem und anderen Songs beschreibt er auch die dunklen, die schiefen Pfade, die er gegangen sei. Er habe „gezockt und gedealt“, „geklaut und abgezogen“. Aber was davon ist Wahrheit, was Dichtung? West überlegt. „Sagen wir mal so: Ich habe früher wirklich einigen Mist gemacht – wie viele andere auch, ich bin da wahrlich kein Einzelfall. Aber das ist alles schon lange her“, antwortet er schließlich – und lässt damit Spielraum für Interpretationen. Um seine Musik zu produzieren, ist er teils sehr eigentümliche Wege gegangen. So rappte er anfangs zum Beispiel seine Texte im Auto per Billig-Mic in den Laptop – er wollte seinen Nachbarn nicht auf den Sack gehen. Phasenweise ließ er die Musik ein wenig schleifen, verfiel in eine gewisse Lethargie. Ganz am Tiefpunkt war er im April 2008 angekommen, als sein Großvater starb. Er habe ständig geflennt und sich mit Schnaps weggedonnert. Damals sei in nur einer Nacht der Song „Diese Tränen“ entstanden, kurz darauf folgte das pessimistische „Ich frage mich“ – diese Lieder waren die ersten, die West in einem Studio aufnahm. Danach: wieder Stagnation. Bis er sich im Sommer 2009 aufraffte... Er habe auf diese Art einen ganz besonderen Menschen kennen gelernt... Zwei seiner Titel kann man im Internet bei Musicload und iTunes als MP3-Version erwerben. „Mir ist schon klar, dass ich damit nicht reich werde“, sagt der Schweriner Rapper, „aber es ist eine kleine Belohnung, eine Form der Anerkennung meiner künstlerischen Arbeit, wenn die Leute meine Musik kaufen.“