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Wolfsblut am 08.02.13 um 10:54Brav Sein
Brav seinAls das Kind noch klein und süß,
unbedarft und unbedacht,
stolpernd so manchen Unfug macht,
da haben sie noch drüber gelacht.
Als das Kind ward reif,
um zu verstehen,
ließ man es lehren,
das nun andre Winde wehen.
Gesellschaftsfähig muss es sein,
Erziehung zur Folgsamkeit,
lernen kann es das doch nicht allein,
dafür steht das Leben bereit.
Schon die Eltern haben es vernommen,
haben es gelehrt bekommen.
Brav mein Kind, das musst du sein,
lieb und nett,
Ordnung muss in dein Wesen rein.
Und so ward erzogen das liebe Kind,
damit die Gesellschaft da draußen,
in der Familie bloß keine Makel find.
Lernen musst du , fleißig sein,
sonst wirst du nie geachtet, nein.
Reden musst du mit Bedacht,
sonst wirst du nur ausgelacht.
Freies Denken , Maß und Regel,
ja mein Kind,
dass ist nun des Lebens Kegel.
Anpassung, Gesetz und Vorschriftwahn,
nur so mein Kind kommst du im Leben an.
Und das Kind im Leben angekommen,
hat der Lauf der Dinge längst begonnen.
Unbeschwert-sein längst verleugnet,
weil es Oberflächlichkeit bedeutet.
Urteil dem ihr auferlegt das Leben,
Schweigen, brav sein, lächelnd sich ergeben.
Und die Maske im Gesicht,
nur wenn sie allein ist, bricht.
Sie ward Geliebte, Mutter, Ehefrau,
brav zu sein,
deren Bedeutung kannte sie genau.
Schlag um Schlag ertrug sie still,
weil sie ja ganz brav sein muß,
keiner fragte sie ob sie dies Leben will.
Erzogen zum braven Wesen einst als Kind,
freier Wille ward gebrochen.
Die Fäden hielten andere in der Hand,
drückten ihre Liebe gegen tote Wand.
Marionettenkind, dein Herz vom Dolch
der Macht des Brav-Seins zerstochen.
Brav mein Kind das sollst du sein,
folgsam, dienlich ohne sich zu wehren.
Brav mein Kind nimm hin dein Leben.
Brav und folgsam diente sie ihm,
nahm die Schläge der Erziehung hin.
Hatte gelernt sich nicht zu wehren,
hatte gelernt, den Lehrenden zu ehren.
Manchmal sitzt sie in ihrem Kämmerlein,
gräbt das Gesicht in ihr Kissen ein.
Die Tränen durfte er nicht sehen,
weil dann andre Winde wehen.
Brav hat sie gelernt zu sein,
schweigend alles hinzunehmen.
Brav zu sein,
zu ertragen, nicht zu schrein.
Mit ihren Narben in der Seele blieb sie am Ende allein.
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