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Lip auf Deutsch

Lip auf Deutsch

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Lip auf Deutsch am 18.07.10 um 13:06

Sound - die deutsche Obsession

Ich will erst mal vorausschicken, was für mich zwar nicht der Grund, aber immerhin der Anstoß für diesen Artikel war:

Neulich bemängelte ein Reviewer (für MOM-Verhältnisse schon ein guter alter Freund, der im allgemeinen fair ist) ich verwände Preset-Sounds. Ein anderer Freund teilte mir per Intramail mit, daß er den Track X ganz toll fände, aber die Sounds seien "dosig". Im Prinzip meinen beide etwas Ähnliches.

Okay.

Was

ist Sound ?

Das menschliche Wahrnehmungsvermögen ist wie folgt organisiert:
Alles was der Kopf nicht einordnen kann, ist ein schöner oder interessanter Klang oder Krach und das was der Kopf einordnen kann, ist organisiert nach Kategorien, die man im Leben bereits gelernt hat.
Da gibt es dann kulturell geprägte Erfahrungen mit realen Instrumenten und Alltagsklängen.
Kategorien:
- schwingende Luftsäulen in Röhren (Blasinstrumente)
- schwingende Saiten (Saiteninstrumente)
- schwingende Oberflächen wie Trommelfelle etc
- "Flächen"
- Geräuschhaftes und Verrauschtes (Wind etc)
- "Ambients"
Das kann man dann noch in zig Unterkategorien jeweils unterteilen.

Da sich die Hör-Gewohnheiten ändern und neue Dinge erfunden werden, gibt's inzwischen noch die Kategorie "Synthies"

Okay, wenden wir uns mal den Synthies zu (ob Hardware oder Plugin ist erst mal irrelevant)

Die ersten Varianten wurden schon Anfang des letzten Jahrhunderts erfunden (Theremin und Co). Richtig los ging's dann in den späten 60ern. Die wichtigsten Vertreter waren
Keith Emerson für alles Moog-ige, Jan Hammer für die Leadsounds und Isao Tomita für den Großteil des Rests. Tangerine Dream, Klaus Schulze et al sollen hier ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.
Den Sound dieser Menschen nennt man "analog". Dann wurden in den 80ern andere Synthesformen erfunden und auch metallische und gläserne Sounds waren möglich (ging vorher nicht überzeugend).

Alle Syntheseformen die danach erfunden wurden brachten keine wesentlichen Änderungen mehr. Granularsynthese, Physical Modelling etc brachten nur subtile Änderungen, denn:
Der Hörer akzeptiert nur Klänge als schön, die er mit den oben erwähnten Naturklängen assoziieren kann.
Selbstverständlich kann man alle diese Klänge auch noch untereinander kombinieren, layern etc.

Dann bleiben jetzt nur noch Effekte: Kurzzeiteffekte wie Delay, Chorus etc, phasenverschiebende wie z. B. Phaser , Hall als allerwichtster Effekt und dann noch Frequencyshifter,Ringmodulator, Verzerrer und säckeweise Filtereffekte (Wahwah,Autofilter und Co)
Alle anderen Effekte sind davon abgeleitete Kombinationen.

Wenn ich also darauf aus bin, künstliche Sounds zu machen - da oben stehen die Komponenten.
Glaubt etwa i r g e n d e i n e r von Euch, er mache neue revoutionäre Sounds ?

Ihr irrt. ich habe hier auf MOM bis jetzt nichts,
gar nichts, wirklich überhaupt nichts
gehört, was ich nicht als Variante schon kenne:

Es gibt Leute, die hauptsächlich Filtereffekte etc verwenden, auch über Sidechain. Einige davon zählen zu meinen Freunden und sind bewundernswerte Handwerker auf dem Gebiet. Da gibt's dann keinen Loop und keinen Klang, der nicht durch den Filter+Effektwolf gedreht wird. Die ganzen Dance-Elektro-Richtungen beruhen wesentlich darauf (ja die Jungs verwenden auch noch die anderen Syntheseformen - alle künstlich natürlich)
Andere erschaffen durchaus erstaunliche Klanggebilde, indem sie lauter kleine Fitzelchen ausgesucht editierter Edelsounds geschickt in Raum und Zeit verteilen. Aber kein Einzel-Klang ist wirklich anders als die oben erwähnten Grundformen.

Es soll auch noch Leute geben, die ihre Gitarren etc von Hand betätigen - die sind aber hier selten -
denn dies ist eine Homekeyboarder-Plattform !!!

Alle diese Keyboarder haben einen höllischen Respekt vor Leuten, die Instrumente spielen wo einem die Finger, die Lippen oder die Füße wehtun. Sicherlich nicht völlig unberechtigt - aber - Leute - ich bin in beiden Welten zuhause !

Ich habe alle Grund-Sorten von Instrumenten schon mal gespielt (Drums z.B. 2 Jahre), wollte ursprünglich Gitarrist werden und habe mich für Tp wegen der kleineren weltweiten Konkurrenz seinerzeit bewußt entschieden.

So, schlagen wir noch mal den Bogen zurück:
Ich fühle mich primär für die Musik virtueller Bands zuständig, weder Klangforschung, noch Electro sind meine Haupt-Heimat. Da gibt's höchstens mal Ausflüge.
Denn, falls es Euch noch nicht aufgefallen ist: Die Electro-Sachen sind rythmisch begrenzt.
Da wird selten vom Gewohnten abgewichen und wenn, dann am ehesten bei den Drums und ein paar Riffs. Meistens hört man Arpeggios + Flächen. Die Sachen sind auch harmonisch meistens begrenzt auf klassisch-europäisches Dur + Moll (3-Klang wohlgemerkt). Leute, ich habe gerade 2x das Wort "meistens" verwendet. Bitte beachten!

Ich benutze daher auch die von manchen verpönten Presets:

Es gibt 2 Grundtypen von Leuten, die sich ein Tastaturinstrument kaufen
- Typ 1: Leute die überhaupt nichts einstellen wollen und nicht an einem einzigen Paramter schrauben
- Typ 2: Leute die erst mal alles "besser" oder völlig gegen den Urchrakter programmieren, weil sie ja keine langweiligen Spießer sind.

Jetzt wird's interessant.

Typ 1 macht entweder wirklich tote Musik, oder er hat irgendwann die besten Preset-Kombinationen herausgefunden
Typ 2 k a n n erstaunliche Dinge mit dem vorgesetzten Material hervorbringen - oder alles kaputtprogrammieren, weil anders ja grundsätzlich besser angeblich sei.

Ich bin eine Variante beider Typen:

Mein grundsätzliches Ziel bleibt die virtuelle Band. Wenn ein Preset gut klingt und seine Funtion erfüllt, bleibt's wie es ist. Wenn nicht - dann wird gearbeitet.

Erst mal habe ich ca 1/2 Jahr nur damit verbracht, an allen Parametern zu schrauben. (Davor hatte ich sehr unterschiedliche Synthies, unter anderem Moog, wo man s e l b s t v e r s t ä n d l i c h mindestens 1x an jeder Schraube dreht, in dem Versuch, etwas zu kreieren was kein anderer hat).
Vom Anfang 2000 bis Ende 2001 habe ich n i c h t s anderes gemacht, als meine ganzen Geräte zu samplen. Jeden Sound in mehreren Anschlagsstärken, mit verschiedenen Attacks, Releases etc pp.
Ich wußte durch längere Erfahrung: Der und der Sound klingt in der und der Lage so und so angeschlagen am besten. Meine Saxophone z.B. bestehen aus den Ausgangssamples von 6 verschieden Presets (die in sich schon gelayert waren teilweise), kombiniert jeweils passend zu den oberen und unteren Lagen und den verschiedenen Anschlagsstärken. Ganz so gut wie die Vienna-Sachen ist es logischerweise nicht - aber besser als jedes Standards-Preset allemal.

Ich verwende keine Loops. Überhaupt keine. Nur Oneshots. Loopen hört man immer! Dann lieber im Song 3 Art-Lip Resampled-Presets für ein Song-"Instrument" kombinieren. 60% meiner knappen Zeit geht für diesen Sch... drauf. Sorry.
Einen Klangerzeuger habe ich 2001 nicht mehr geschafft, zudem haben sich andere Aspekte inzwischen gezeigt - lange Rede kurzer Sinn:
Ich werde noch einmal 1/2 Jahr nur samplen!
Außerdem hat sich auch bei mir im Laufe der Jahre das eine oder andere Freeware-Plugin angesammelt, dessen postive Seiten ich mangels Zeit bis jetzt ignorieren mußte. Da sind auch "Synthie"- Sounds bei.
Ich muß immer lächeln, wenn jemand Sounds als künstlich bezeichnet, der selber nur solche benutzt.

Last not least:
Die Welt wächst zusammen, die Zeit schreitet voran. Es wird die Zeit kommen, wo auch Ihr mit Euren darauf eingeschworenen Ohren die Unterschiede nicht mehr heraushören könnt. Dann gehört Ihr alle zum alten Eisen, wie der Opa, der nur Volksmusik mit echt mies intonierten Bläsern und falsch gestimmten Fiddeln hören will.
Es gibt jetzt schon Kids, die nie in ihrem Leben ein richtige Snare im Rohzustand (nämlich ohne Mikrofon im Proberaum) gehört haben. Kids, die weder Hendrix noch Zappa kennen und für die AC/DC plötzlich ganz unerhört neu frisch + revolutionär sind, nur, weil sie gerade mal ein Comeback haben. Etc. Die werden erwachsen werden und die Hörstandards setzen, und wer das nicht akzeptieren will - vergreist.
Diesen neuen Hörern ist es ziemlich egal, aus welcher ursprünglichen Quelle der coole Sound kommt. So ist das nunmal.
Unter Umständen finden sie den ge-fake-ten Sound sogar besser als das Original. Bei Drums ist es jetzt schon so, die anderen Instrumente werden unweigerlich folgen. Und wer erinnert sich nicht an die unsägliche Mode quietschender Mickymouse-Stimmen die vor einiger Zeit aus jedem Walkman in jeden Schulhof und auf jedem Bahnsteig aus den Kopfhörern schlechtester Qualität der Kiddies schrillte. Über den Kompressionswahn haben ja andere schon geredet. Und die meisten von Euch erliegen dem auch schon.

Ich bin noch nicht fertig !
Wir kommen jetzt zu den heiligen Live-Bands, welche die geweihten Instrumente mit der Hand betätigen dürfen (in war in über 20 Bands):

1. Haben die live alle einen Sch...-Sound außer sie haben Glück oder sind reich und berühmt. Oder sie spielen per Playback (wie fast alles, was man im TV sieht)

2. Iron Maiden, Black Sabbath und Co - unplugged ? Hahahahahahaha !

Meine Tp so wie früher im eisigen Wind an der Straßenecke, die Lippen und Füße tun einem weh ? Und man d a r f nicht leise, angehaucht oder gedämpft spielen - sonst bemerkt einen die Hausfrau gar nicht ? Nein Danke. Da ist ein lauter Ton mit Tremolo und Vibrato angesagt (wie er deswegen früher üblich war). Oder ein Verstärker.

Ohne Technik (künstlich, künstlich, böse, böse, Haha !) würde kein angehauchter , gekreischter, gebrummter Gesang möglich sein. Der klassische Operngesang wurde entwickelt um die Stimme l a u t zu kriegen, damit einen die Leute überhaupt hören !
Drums würden wieder gehen - aber man würde nur Drums hören und eine Bläsersektion - keine Gitarren - die plingen dann nur noch leise vor sich hin. Und ein Standbaß. (Falls der Drummer mit Besen spielt).
Ist mal ganz nett - wirklich - höre ich gelegentlich mal - aber - immer ?
Nä ! NoGo !
Unplugged-Mode ist wieder sang und klanglos in Varietees verschwunden.

Merke: Alle Instrumente und deren uns heute gewohnten Klänge sind künstlich!

Wer konsequent sein will darf überhaupt keine Instrumente gestatten - außer Singen, mit Stöcken auf Äste oder auch mal auf einen Felsbrocken oder das Wasser hauen ( ja, liebe Erbsenzähler- man kann auch noch mit Steinen auf Steine hauen) und auf der Muschel, dem Grashalm (ohne Löcher - sonst ist es schon wieder eine (künstlich, künstlich, böse, böse !) Flöte blasen. Mehr ist dann nicht.
Ach ja, man kann noch sein Mantra in den hohlen Ast brummen (künstlich ausgehöhlte Äste zählen nicht, liebe Austral-Aboriginees. Ihr habt nicht nur Euer schönes Land vor tausenden von Jahren brandgerodet - damals wurden die Tiere allen Ernstes mit Feuer gejagd und eingekreist, das Braten war gleich mit erledigt - sondern Ihr spielt zusätzlich auch noch ein dekadentes (künstlich, künstlich, böse,böse!) Instrument !).


Also,
Ihr kocht alle mit Wasser.
Und ich auch.


Nachtrag:
Ich habe inzwischen festgestellt, daß diese Soundbesessenheit ein rein deutsches Phänomen ist. International zählt der Inhalt mehr als die Form. Ich finde das sehr beruhigend, da ich dann mit größerer Gelassenheit Eure Kritiken verpacken kann.

Und gelegentlich mache ich ja auch Coops.

Und ich geh wieder auf Sessions.

Und ich habe eine Freundin mit 2 Kindern und 2 Katzen.

Und ich muß regelmäßig Tp üben.

Und immer noch fallen mir völlig neue Dinge ein. Tja. Äh... Mmmh...



"Du bist doch Trompeter, warum sülzt Du nicht alles mit Deinen
Trompetensoli zu, sondern belästigst unsere empfindlichen Ohren mit
künstlichen Sounds ?"


Eigentlich steht ja alles schon im Blog
über Sound - aber der eine oder andere störrische Nichtkapierer darf
sich nun angesprochen fühlen.

Jetzt höre ich wieder einige rufen :
"Warum rechtfertigst Du dich, Art?"

Antwort:
1) macht es mir
nichts aus, mein Gesicht vor Idioten zu verlieren, die auf so was wie
"Gesicht" wert legen und sich davon beeindrucken lassen, sondern ich bin
souveräner Herr meines Gesichts.

2) Das ist auch ein
Kommunikationsproblem. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß man
verstanden wird, wenn man nur ausführlich genug erklärt.




Gut.
Nach diesem ketzerischen Vorwort hole ich dann mal etwas weiter aus
(seufz...):

Die Trompete:
Im klassischen Orchester sind die
Trompeter die Instrumentalisten mit dem höchsten Ansehen (vor den
Violinisten), weil Trompete schwer zu erlernen und auch das ganze Leben
hindurch schwer zu beherrschen ist.
Trompeter, die die Anfänge
durchstehen, gehören zu den hartgesottensten geistigen Stehaufmännchen
auf diesem Planeten.

Auf dem Piano will ich ein C spielen schlage
es an und habe es. Sofort.

Auf der Gitarre ist das prinzipiell
auch so, aber schon eine Ecke schwieriger wie ich aus Erfahrung weiß,
weil einem die erste Zeit fürchterlich die Fingerkuppen wehtun. Nach 3
Monaten sollte man's aber geschafft haben.

Instrumente ohne
Bünde erfordern zusätzlich noch ein gutes Ohr und ebenfalls viel
Lernwillen.

Drums + Piano erfordern dann noch Koordination
links-rechts und koordinierte Füße und der Drummer bekommt "lange" Arme,
Schwielen an der Hand sowie am A.... Immerhin ist er derjenige, der am
Meisten für seine Gesundheit tut.

Auf der Trompete dauert es in
der Regel 2 Jahre bis man einmal die normalen 2,5 Oktaven Spielumfang
spielen kann. Wir erinnern uns: Der Keyboarder zieht seine Pratzen
einmal über die weißen Tasten und es hört sich nicht falsch an.

Der
Trompeter ist nach 2 Jahren froh, daß er überhaupt das höchste C
spielen kann!
Manchmal !

(In den deutschen Blasmusikkapellen
werden deshalb Leute, die über dieses C hinauskommen, wie Wundertiere
aus dem Zoo betrachtet.)

Wenn der Keyboarder mal ein halbes Jahr
nicht übt - nach 1-2 Wochen spätestens ist er wieder fit.
Wenn der
Trompeter ein halbes Jahr nicht übt, benötigt er ein Vierteljahr, um
wieder so spielen zu können wie vor der Pause.

Das heiß, der arme
Kerl m u ß ständig üben.

Im Winter klebt die Lippe wegen der
Kälte am Metallmundstück (sehr unangenehm) , im Sommer rutscht die
gleiche Lippe vom glatten Metall ab - hört sich sehr unästhetisch an.

Das
alles hängt mit der Art zusammen, wie auf der Trompete der Ton erzeugt
wird. Es werden nur Obertöne der Naturtonleiter gespielt (kann jeder mal
auf einem Gartenschlauch probieren). Der Ton entsteht indem die Lippen
schwingen.
Je höher der Ton, desto höher die Lippenspannung (tut i m
m e r weh wenn man zu lange spielt) und mit zunehmender Höhe werden
die Unterschiede in der Spannung und Öffnung immer kleiner.
Wenn
man's übertreibt kann man sich den Nerv "durchblasen" - dann ist Ende
mit Trompete. Zahnarztbesuche sind auch riskant, da der Ton auch im
Mundraum geformt wird.
Die Griffe folgen dummerweise nicht der Logic
wie z. B. beim Piano: Der Griff für z.B ein G ist nicht in jeder Oktave
gleich. Das gilt leider auch für alle andern Töne, sodaß der Trompeter
auch noch jede Oktave einzeln lernen muß.

Wenn er das alles immer
schön hartgesotten übt und den Schmerz erträgt, kann er dann irgendwann
anfangen, die ganzen Tonleitern und Akkord-Arpeggien zu erlernen. Die
meisten Trompeter spielen deshalb Bläsersätze, Solisten sind äußerst
dünn gesät.

Ich merke das immer, wenn ich Zubehör kaufe: für
einen brauchbaren Dämpfer muß ich von Dortmund nach Köln, Hamburg oder
Frankfurt fahren.
Und für etwas anderes als 500
Euro-Anfänger-Trompeten inzwischen auch.



"Ja, Art - aber
Du b i s t doch Solotrompeter ! Das ist ja alles sehr beeindruckend -
aber Du spielst doch recht gut - warum zum Geier bringst Du sowiele
Tracks mit künstlichen Melodie-Instrumenten? Rede Dich nicht raus !
Tacheles, Art !"



Meine lieben älteren Jungen und Mädchen :

1)
Ich hatte bereits im zarten Alter von 6 Jahren Zugriff auf das
elterliche Klavier. Man kommt in kurzer Zeit relativ weit damit, bevor
es dann plötzlich die Koordinations- und Fingersatzkrallen zeigt.

2)
Diese Krallen waren mir damals zu scharf. Ich ließ es bleiben und
beschloß dann Mitte 20, Sänger zu werden, der seine Songs selber
schreibt. Da ich immer noch nicht besonders beidhändig spiele, würde ich
mich nicht als Pianisten bezeichnen. Auf den Drums hatte ich
seltsamerweise keine Probleme mit der Koordination. Tja.

Ich
spiele alles nacheinander ein , greife die Harmonien mit links und
spiele die Soli und Bässe mit rechts . Darauf bin ich spezialisiert und
- da ich nicht pianotypisch phrasiere, sondern typisch für das jeweilig
zu imitierende Instrument - bin ich darin ziemlich gut.
Besser als
die meisten Pianisten - die dafür andere Dinge draufhaben, zum Beispiel
die amtlichen Fingersätze, welche ich nicht beherrsche.

3) Ich
habe erst mit 30 angefangen, Trompete zu spielen. Das ist verflixt spät
und mit dem oben ausführlichst beschriebenen Kampf gegen sich selbst
verbunden.

4) Da diese Lage so ist, habe ich ein riesiges
Repertoire von auf dem Keyboard komponierten und eingespielten Titeln.
Wenn
ich die alle per Trompete einspielen will - habe ich verdammt lange zu
tun.
Eine als Sax oder Gitarrenphrasierung eingespielte Melodie kann
man nicht 1:1 auf Trompete umsetzen - ich muß dann alles einzeln
erlernen,
was ich auf dem Keyboard in einer Viertelstunde aus dem
Handgelenk eingespielt habe.
So lange will ich nicht damit warten,
fertige Stücke zu präsentieren, die in sich schon funktionieren wie sie
sind. Zuerstmal sehe ich mich als Komponisten.

5) Ich muß auch
noch eine Menge Texte machen wenn schon. Kostet auch Zeit.

6)
Last - und nicht im Geringsten (!) least :

Wenn ich alles mit
Trompeten zusülze, ist irgenwann der Charme des Besonderen der
gelangweilten Wiedererkennung des Stils gewichen.
Nicht umsonst
werden in der Musik schon immer verschiedene Instrumente mit ihren
spezifischen Eigenschaften eingesetzt, damit es dem Hörer nicht
langweilig wird. Piano oder Akustik-Gitarrenmusik pur ist z.B. mal ganz
nett - aber wie viele von Euch hören denn auschließlich diese ?
Wohl
nur eine Mikro-Minderheit. Das ist so ähnlich.

Nein -
Abwechslung ist wichtig !

Und deshalb werde ich auch weiterhin
trompetenlose Stücke präsentieren und sie nur peu a peu mit Tp remaken.
Aber nur da, wo das in meinen Augen wirklich essentiell nötig ist.

Außerdem:
Man braucht mehr Fantasie um ein Buch zu lesen als um einen Film zu
sehen. Ich ziehe Bücher vor - meine inneren Filme davon sind immer
besser als die Hollywood-Versionen.


Nachtrag 1.Juni 2010 :
Ich habe meinen Nickname hier auf MOM in "Soundketzer" geändert.
Das ist eine Spezialität - extra für einige Menschen hier, die es glücklich macht, sich mit solchen Dingen aufzuhalten. *g*
Es verkündet die Botschaft "Du möchtest über den Sound schimpfen und mich deswegen abwerten ? Bitte - wenn es Dich glücklich macht "
Auf dem Rest des Planeten interessiert das keine Sau. Aber wir leben hier ja in einem Biotop

Nachtrag 16.Juni, Frage eines Freundes per mail:

"Ein Wort,hoffentlich erlaubt,unter Verwandten.Wieso verzettelst du dich
so mit den Instrumenten?Du bist die Kunstlippe.Eririnnere "NIGHT IN
TUNESIA" die Aufnahme "Live in Mezinarodni,Jazz Festival,Prag,okober
30,1971.Ich hoffe du nimmst mir den Hinweis auf deine originären
Fähigkeiten nicht krumm?"
meine Antwort:
Nein, ich nehme es nicht krumm :)
Die Antwort ist:
ich habe angefangen, mit dem Ziel Sänger zu werden ursprünglich.
Dann stellte ich fest, daß man dafür seine eigenen Stücke machen sollte - also Keyboard gekauft.
Mein Ziel, dazu Jimi-Hendrix-Soli auf der Gitarre zu spielen gab ich schnell auf, weil die Flossen zu weh taten und es einen ganzen Planeten voller guter Gitarristen gibt.

Dann hörte ich Miles Davis "Red China Blues". Das hörte sich fast an wie Gitarre - war aber keine und faszinierend (Miles spielte damals über Verzerrer und WahWah).
Ich kaufte mir eine Tp, denn Solisten gibt es nur sehr, sehr wenige. Statt der Finger tun mir jetz schon mal die Lippen weh :)

In den Bands in die ich dann einstieg, meckerten die Drummer immer über meine Drums (Scheiß-Sound, unrealistische Spielweisen). Ich spielte also 3-5 Jahre Drums und setzte meinen Ehrgeiz darin, die Drums so zu einzuspielen, daß die Drummer nicht mehr meckern konnten.
Das brachte mir ein gutes Timing ein. Bass fand ich auch geil - Stanley Clarke war ein Meilenstein. Also - wie spielen Bassisten ? - Gelernt.
Jimi Hendrix, Zappa und Santana fand ich immer noch geil als Sologitarristen - Wie machen die das ? - Gelernt. Gitarren haben auch super Begleitmöglichkeiten - wie machen die das ? - Gelernt.
Stücke gemacht habe ich auf dem Keyboard vom allerersten Tag an.
Dazu kamen Stücke für die jeweiligen Bands. Um deren Meckereien zu entgehen (unspielbar etc) habe ich mir für den jeweiligen Stil sämtliche Facetten auf den in der Band befindlichen Instrumenten zugelegt. Natürlich meckerten sie immer noch - der Deutsche scheint nicht anders zu können.
Na - da sammelt sich dann einiges an mit der Zeit an Songs. Und inzwischen bin ich so gut auf allen "Instrumenten", daß ich ein Stück, für das ich früher wochenlang feilen mußte, in einer Stunde aus dem Boden stampfen kann :)
Und jeder Part macht mir Spaß.
In letzter Zeit übe ich allerdings fast nur noch. Aber es sind noch genügend unvollendete Tracks in meinem Pool oder Tracks, die ich überarbeiten kann.


So,
und jetzt wieder viel Spaß mit meiner Musik !
Euer Art Lip






antares
antares Januar 2012
Hi,

Dein Gedanke, "meine" Rede, und die letze Bastion der stolzen Gitarreros à la "Status Quo" bis "Santana" u.s.w. wird fallen, jetzt und ganz bestimmt!
Wird es wichtig sein, was "Handmade" ist, räusper ..."Handmade" mit Maus auf der DAW ;-) ?

Diejenigen welchen den Unterschied "noch" hören werden bald ausgestorben sein ... am Schluss bleibt wohl die "Eine" gefettete Saite als Reserve, sinnlos vor sich hinrostend und ohne Instrument ... liegen

Musik ist und bleibt nicht mehr als ein geräuschvolles intensives Erlebniss welches z.T. nachgemacht werden kann (liebe GEMA, es ist spät, Zeit für's Bett) oder wie ein Unikat daher kommt.

Hm ... werde ich gefragt: Hey Du, Du nutzt ja Samples?! ... ich "ja, Du auch, mit Amplitube / GuitarRig etc." und deinem Sequenzer wo Pitch-Shift, oder verschieben in der Zeitleiste selbstverständlich geworden ist. Warum fragst DU mich? Ist das wertend gemeint? Kannst Du, kennst Du deinen Saiten-Händler noch persönlich? Ich kenne meine Flügel-Stimmer persönlich, wo liegt oder steht das Problem gen Haare zu Berg?

Art, sehr schön bedacht hier. Das Gedankengut sehr exakt aus "meiner" Generation heraus geschnitten!

Gruss aus dem I-Net via virtuellem PC von einem Host welcher auch virtuell auf einer DAW als VMWare Workstation läuft ... ähm wo war ich?
@ntares

Gizheela
Gizheela September 2010
sehr schöner Artikel :-)) konnte mich vielem anschließen, und fühlte mich auch mal ertappt :-))) danke :-))

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