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Test Sample Library Best Service Era II Medieval Legends

Neue Klänge alter Instrumente
Test     Sample Library     Best Service Era II Medieval Legends

 

Best Service legt das erste Update seiner Mittelalter- und Renaissance-Instrumenten Library Era Medieval Legends vor und hat nicht mit neuen Instrumenten und Features gespart. Folgen Sie uns auf eine vielfarbige Klangreise in längst vergangene Epochen, die völlig neue alte Wege aufzeigt.

Von Georg Berger

Ganz gleich ob in Film, Musik oder Literatur, die Epoche des Mittelalters lebt weiter fort und scheint, so unser Eindruck, sogar immer mehr Zulauf zu erhalten. Unzählige Mittelalter-Feste, teils mit Ritter-Turnieren, Filme wie die Herr der Ringe- und die Hobbit-Trilogie, der sogenannte Mittelalter-Rock mit bekannten Bands wie etwa In Extremo, Subway to Sally oder Corvus Corax ziehen nicht wenige Leute in ihren Bann. Da wundert es schon, dass sich außer der Era Medieval Legends Library von Best Service bislang sonst keine weitere, aktuelle Klangsammlung dieser musikalischen Epoche angenommen hat. Dabei gibt es gerade dort eine Menge an heutzutage unbekannten Instrumenten (wieder) zu entdecken, die für heutige Augen und Ohren mehr das Flair von Science-Fiction besitzen als ein vermeintlich angestaubtes Historien-Stigma. So waren wir, abgesehen von einigen Abstrichen, von der Erstversion der Era Medieval Legends Library sehr begeistert. Viele der darauf enthaltenen Instrumente und Klänge klingen zwar irgendwie vertraut. Sie besitzen aber stets das gewisse Extra, sei es im Timbre, im Tonumfang, in der Klangfarbe, die sie dennoch fremdartig erscheinen lassen und somit für entsprechende akustische Aufmerksamkeit sorgen. Umso mehr hat uns gefreut, dass Best Service mit Era II diese einzigartige Klangsammlung jetzt um neue Instrumente erweitert hat. Die Gesamtdatenmenge ist dabei von zehn auf satte 15 Gigabyte angewachsen. Allerdings gilt dies auch für den Verkaufspreis: Kostete die Vorversion rund 200 Euro bei Erstkauf, sind jetzt rund 60 Euro mehr zu bezahlen. Das Upgrade von der Erstversion schlägt mit knapp 100 Euro zu Buche. Dafür muss schon einiges geboten werden, um dies zu rechtfertigen.

26 neue Instrumente

Produziert wurde der Content wiederum vom (Filmmusik-)Komponisten, Sounddesigner und Library-Produzenten Eduardo Tarilonte, der mittlerweile mit einer stattlichen Zahl an Librarys im Portfolio von Best Service vertreten ist und die stets mit markanten Sounds aufwarten, die sie aus dem Mainstream herausragen lassen. So setzt sich jede dieser Librarys aus einem Instrumenten-Teil mit detailliert gesampleten Naturinstrumenten inklusive wählbarer Spieltechniken und -Artikulationen sowie einem Sounddesign-Teil mit eigens kreierten Soundscapes, Ambiences, Whooshes, Swirls und Stings zusammen, die einen eindrucksvoll klingenden, cinematischen Background für die Instrumenten-Presets liefern.
Als Abspiel-Software kommt nach wie vor der Engine-Player zum Einsatz, eine abgespeckte Version des Independent-Samplers, der seinerzeit von Yellow Tools entwickelt und später dann von Magix übernommen wurde (Test in Heft 8/2008). Ähnlich wie in Native Instruments Kontakt-Sampler oder der UVI-Workstation zeigt sich nach Laden der Presets eine ansprechend gestaltete und dem Thema der Library entsprechende Bedienoberfläche im sogenannten Quick-Edit-Menü. Außer wichtigen Parametern wie Volume, Panpot und einer Lautstärke-Hüllkurve besitzen sie ein zumischbares Reverb sowie eine Reihe weiterer, individueller Parameter zum Ausformen des Klangs, etwa die Möglichkeit zum Hinzumischen des Kurbelgeräuschs beim Spielen der Drehleier. Artikulationen werden wie gehabt rasch über Key-Switches aufgerufen. Neu in der zweiten Version von Era ist das Aufsplitten der Quick-Edit-Oberfläche in drei per Button aufrufbare Teil-Dialoge. So zeigt der erste (Main-)Dialog die gebräuchlichsten Parameter, der zweite – die Controller-Page – ist den individuellen Instrumenten-Parametern vorbehalten, wobei bis zu acht Drehgeber entweder vorbelegt oder via MIDI-Lern-Funktion frei belegbar sind. Der dritte Unter-Dialog – die Information-Page – zeigt einen kurzen Info-Text mitsamt Graphik zum gerade geladenen Instrument. Einerseits ist damit die drangvolle Enge und das teils unübersichtliche Layout der Einfenster-Lösung aus der Vorversion jetzt passé. Wer aber vornehmlich mit der Maus am Bildschirm editiert, wird das Hin- und Herschalten zwischen Main- und Controller-Page jedoch mitunter als nervig empfinden. Dennoch ist dieser Schritt zu begrüßen.

Highlights: Das Trumscheit und Langeleik

Wem das Angebot an verfügbaren Parametern nicht ausreicht, kann übrigens auf die Pro-Edit-Page im Engine-Player wechseln und erhält Zugriff auf ungleich mehr Features und Sektionen. So lassen sich bei Bedarf weitere Modulatoren wie LFOs, Hüllkurven, Filter und auch Effekte einsetzen, die es im Quick-Edit-Dialog nicht gibt. Highlight innerhalb des Engine-Players ist dabei ein integrierter Arpeggiator und ein Step-Sequenzer/Modulator, die überdies als MIDI-File-Player fungieren können. Wer mag, kann also seine eigenen Kompositionen dort als MIDI-File laden und ganz bequem über einen Tastendruck abspielen. So etwas gibt’s auch nicht alle Tage. Der Clou: Als besonderes Extra finden sich im Lieferumfang von Era II rund 90 MIDI-Files aus dem Drehleier-, dem Napoleonic Snare- und dem Renaissance-Field-Drum-Preset zum Import in die DAW mit denen sich weitere Instrumente jenseits von Era II triggern lassen. Im Vergleich zu anderen Sample-Player-Lösungen wie etwa NIs Kontakt-Player, die UVI-Workstation und auch die Sampletank-Engine von IK Multimedia offeriert der Engine-Player ungleich tiefer gehende Möglichkeiten zur weiteren Klangformung. Wer damit souverän umgehen möchte, kommt allerdings nicht um das Studium der rund 160 Seiten starken Dokumentation zum Engine-Player herum. Doch der Aufwand lohnt sich, denn mit diesen Möglichkeiten ist der Anwender nicht sklavisch an das vorgegebene Korsett der Quick-Edit-Oberfläche gebunden.

Doch zurück zum Wesentlichen, den Sounds. Wie gehabt setzt sich das Instrumentarium von Era II aus einer gut sortierten Auswahl an Holz- und Blechbläsern, Tasteninstrumenten, gezupften und gestrichenen Saiteninstrumenten sowie Percussion zusammen. Neu hinzugekommen sind drei Holzblas-Instrumente, eine Tin Whistle, eine hölzerne Traversflöte und eine simple Zweiloch-Flöte, perfekt um eine ländliche Szenerie mit Hirten rund ums Lagerfeuer zu erzeugen. Dabei sticht gerade die Zweiloch-Flöte mit ihrem spröden Charme und zart-flehentlichem Ton hervor, die beim Spielen sogleich an Filme wie der Herr der Ringe oder Braveheart erinnert.
Die Abteilung Kriegshörner ist mit zwei weiteren Instrumenten angereichert worden, wobei sich das schlicht „War Horn“ benannte Preset mit einem basslastigen und voluminösen Sound bombastisch in Szene setzt. Einmal mehr kommen uns Szenen aus dem Herrn der Ringe in den Sinn, wenn dort zu den Waffen gerufen wird. Das ist einsame Spitze.
Ganz neu sind jetzt auch Blechbläser in Era II enthalten, genauer gesagt eine Naturtrompete, eine Posaune und ein sogenanntes Cornetto, hierzulande auch besser bekannt unter der Bezeichnung „Zink“. Auffällig ist jedoch der Klang des Zink, der mehr an eine tief gestimmte Oboe, als an ein Blechblasinstrument erinnert. Dennoch gehört diese sogenannte, zumeist aus Tierhorn gefertigte Griffloch-Trompete zu den Blechbläsern, da der Ton über die Lippen und entsprechenden Anpressdruck erzeugt wird.

Klanglicher Dualismus: Instrumente + Soundscapes

Die Highlights im Neuheiten-Reigen finden sich jedoch in der gezupften und gestrichenen Saiten-Abteilung. So gibt es sowohl ein gestrichenes, wie auch gezupftes Psalter, das mit seinem Klang irgendwo zwischen Eierschneider, Cembalo und Violine für Aufmerksamkeit sorgt. Hinzu gesellen sich eine mittelalterliche Laute, eine Gambe eine gotische Harfe sowie eine Nyckelharpa, ein schwedisches Instrument, deren Saiten mit dem Bogen gestrichen werden, aber die Tonhöhen über Tasten, ähnlich einer Drehleier gegriffen werden. Doch den Vogel in Sachen Exotik schießt die Tromba Marina, auch Nonnentrompete oder Trumscheit genannt sowie das ausschließlich in Norwegen beheimatete Langeleik ab. Erstgenanntes Instrument sieht aus wie eine Mischung aus Harfen-Resonanzkorpus mit aufgesetztem Kontrabass-Hals. Es verfügt über lediglich eine Saite, die ausschließlich via Flageoletts in der Tonhöhe geändert werden kann. Das Langeleik hingegen ist eine eher rustikal aussehende Variation des Dulcimers und wird zumeist als eine Art Bordun-Zither charakterisiert. Beide Instrumente sorgen mit ihren unnachahmlichen Timbres jedenfalls für eine markante und nachhaltige Bereicherung des Klangvorrats. So klingt das Trumscheit auf eigentümliche Art wie eine Mischung aus Tuba und Kontrabass. Mitunter kommen sogar Sounds heraus, die mehr an ein knarrendes Segelschiff oder eine knatternde Maschine erinnern. Kein Wunder, denn ein hölzerner Keil sorgt für ein absichtliches Schnarren der Saiten, was diesen Instrumentenklang einzigartig macht. Das Langeleik geht zwar in Sachen Klang in Richtung Dulcimer. Doch das Timbre ist wiederum so einzigartig, was aufhorchen lässt. Einzeltöne erinnern an ein hohl klingendes Cembalo, gespielte Akkorde klingen fremdartig dünn und zart, aber durchaus ansprechend.
Ebenfalls neu in Era II ist auch ein Preset mit Tavernen-Sängern/Gesängen, das sich zumeist auf lautmalerische Äußerungen wie unter anderem „Ha“, „Ho“, „Hey“ beschränkt. Dabei werden diese „Wortmeldungen“ sowohl gesungen, als auch gesprochen/ausgerufen. Für unseren Geschmack hätte sich Signore Tarilonte diese Klänge, wie übrigens auch das Handklatsch- und das Atmen-Preset durchaus schenken können. Im Vergleich zu den akribisch gesampleten Instrumenten fällt die Qualität und musikalische Verwertbarkeit dieser Sounds merkbar ab. So etwas lässt sich dann doch mit Bordmitteln im heimischen Studio besser realisieren, finden zumindest wir. Doch zurück zu den erfreulichen Dingen in Era II.

Mannigfaltige Ausdrucksmöglichkeiten via Key-Switch

Auch in Sachen Drums und Percussion hat es Zuwächse gegeben, die sich aus den bereits erwähnten Field und Napoleonic Snares sowie Kesseltrommeln zusammensetzen. Sie besitzen einen eher rohen Grundklang mit leicht dominanten unteren Mitten, bei dem man das Holz förmlich arbeiten hört. Sehr schön: Via Keyboard-Tasten können verschiedene rhythmische Figuren in beiden Snares getriggert werden, die höchst authentisch klingend, Szenerien von herannahenden Truppen oder Hinrichtungs-Szenen in unseren Köpfen entstehen lassen. Davon hätten wir auch in den anderen Percussion-Instrumenten mehr gesehen. Nicht minder uninteressant sind auch weitere Neulinge wie die sogenannte Viola da Roda, eine merkbar scharf klingende Drehleier, die sich als Solo-Instrument eindrucksvoll in Szene setzen kann oder das Gittern und die Bass Citole, Vorläufer der Konzert-Gitarre, wovon erstgenanntes Instrument auf eigentümliche Weise wie eine Mischung aus Banjo und Konzert-Gitarre klingt. Insgesamt sind 26 neue Instrumente hinzugekommen, was die Gesamtzahl an Instrumenten auf 71 hochschraubt. Das ist schon eine ganze Menge und rechtfertigt den Aufpreis im Vergleich zur Vorversion durchaus, wenngleich Besitzer der Vorversion beim Upgrade im Vergleich zum Neukauf draufzahlen. Unverändert geblieben ist hingegen die Zahl an Soundscapes. Sehr schön: Über Drehregler sind einzelne Layer in der Lautstärke regulierbar, so dass sich die Klangkulisse nach eigenen Wünschen und vor allem sehr lebendig gestalten lässt. Das ist nicht nur etwas für mittelalterliche Instrumente. Ebenfalls erwähnenswert: Einige Instrumente warten jetzt auch mit zusätzlich wählbaren Artikulationen auf, mit denen sich die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten noch einmal vergrößern. Meckern müssen wir allerdings bei vielen Solo-Instrumenten wie etwa der Naturtrompete, dem Krummhorn, oder dem Streichpsalter, die im realen Leben zwar nur monophon spielbar sind. Aber dass diese Instrumente auch in Era II partout nur monophon vorliegen, ist mitunter ein Ärgernis, gerade dann wenn man mal rasch einen kleinen polyphonen Satz spielen möchte. Best Service verschenkt an dieser Stelle einiges an Potenzial. Ein kleiner Button im Main-Dialog zum Umschalten zwischen mono- und polyphoner Spielweise würde hier Wunder wirken. Und wo wir gerade beim Wünschen sind: Wir würden auch eine einheitliche Funktionsweise der Key-Switches bevorzugen, denn es gibt Presets in denen Artikulationen nur temporär, also bei gehaltener Taste wirksam sind, in anderen reicht ein einfacher Druck und sie sind permanent vorhanden. Für die Arbeit ist das mitunter schon etwas verwirrend. Letztlich schmälert das aber den Spaß und die Faszination der akribisch gesampleten Instrumente nur unwesentlich. Zusammen mit den Highlights aus der Vorversion, namentlich Krummhorn, Tamburin, Bombarde, Anyafil, Schofar, Dudelsack und Drehleier steht ein Instrumentarium zur Verfügung, das nicht nur in der Mittelalter-Musik für Furore sorgt, sondern gerade auch in modernen Rock- und Pop-Produktionen für das nötige i-Tüpfelchen sorgt und den Arrangements ein gehöriges Quäntchen Exotik verpasst ohne dabei jenseits von Europa hausieren gehen zu müssen. Last but not Least gehören auch die im Test der Vorversion monierten langen Ladezeiten endlich auch der Vergangenheit an, was aber in dem Fall das Verdienst der Player-Software ist.

Fazit

Best Service legt mit der zweiten Version seiner Mittelalter-Instrumenten-Library Era Medieval Legends eine merkbar erweiterte Klangbibliothek vor, die gespickt ist mit neuen instrumentalen Highlights und einer überarbeiteten Bedienoberfläche mit der das Spielen der Sounds zwar nicht besser, aber übersichtlicher und komfortabler wird. Highlights sind die neuen Blechbläser, das exotisch und eigentümlich klingende Trumscheit, das Langeleick, das Gittern, das Psalter – gestrichen wie gezupft – sowie die beiden neuen Snares inklusive musikalisch hervorragend einsetzbarer Spielfiguren. Wer Mittelalter-Musik machen will oder auf der Suche nach ungewöhnlichen akustischen Instrumenten ist, kommt um Era II jedenfalls nicht herum. Dennoch fehlen noch einige, in unseren Augen, wichtige Instrumente wie etwa der Serpent, die Cister, das Cornamuse (Schalmei), der Dulzian, das Portativ, die Rauschpfeife, das Hackbrett oder auch ein Exot wie das Tartölt. Deshalb lautet unser Urteil in Sachen Ausstattung gut bis überragend. Wir freuen uns jedenfalls schon jetzt auf Era III Medieval Legends uns sind schon gespannt, was Eduardo Tarilonte darin an weiteren instrumentalen Schätzen heben wird.



Kommentare


von  Professional audio am 25.09.2015
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