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Test: Virtuelles Instrument Softube Heartbeat (frei lesbar!)

Herzschlag ist der Takt
Test: Virtuelles Instrument Softube Heartbeat (frei lesbar!)

 

Mitten im Sommer serviert uns Softube frei nach dem Motto „Was passt besser zu heißen Temperaturen als heiße Rhythmen?“ eine virtuelle Drum-Machine namens Heartbeat. Orientieren soll sie sich an berühmte Vorbilder aus den 80er Jahren, aber klanglich noch einen Schritt weiter gehen. Hinzu kommt eine beeindruckende Effektsektion à la Softube, die gleich mit an Bord ist. Schauen wir mal, ob wir beim Testen Herzklopfen bekommen.

Von Stefan Feuerhake

Als in den 70er Jahren Synthesizer immer beliebter wurden, war noch nicht abzusehen, wie stark das auch die Art der Drum-Produktionen der nächsten Jahrzehnte beeinflussen würde. Denn bereits in den 80ern waren Drum-Computer aus der Musikproduktion nicht mehr wegzudenken und damit auch in der Popular-Musik angekommen. Man fand sehr schnell heraus, dass sich mit der subtraktiven Synthese eines Synthesizers auch wunderbar elektronische Drums und Percussion-Sounds erzeugen lassen, und so kam es zur Geburt der ersten Drum-Computer. Die ersten Modelle wurden meist in Alleinunterhalter-Keyboards integriert und hatten meist nur einen BPM-Regler für die Geschwindigkeit und vier bis fünf voreingestellte Rhythmen wie etwa Rumba, Tango, Cha Cha Cha. Die ersten eigenständigen Modelle wurden dann Anfang der 80er Jahre gebaut. Der wohl größte Einfluss in diesem Bereich kam auf jeden Fall aus Japan. Abseits von Klassikern wie der Roland CR-78 oder Korg Mini-Pops ist besonders die TR-Serie von Roland zu nennen, die bis heute nichts an Relevanz verloren haben. Vielmehr haben sie den Sound ganzer Generationen und Genres beeinflusst und wirken bis heute als klangliche Ikonen. Oder könnten Sie sich heute Techno, House oder Hip Hop ohne die TR-808 und TR-909 vorstellen?

So ist es natürlich eine echte Herausforderung, sich dem Thema synthetische Drums zu nähern, was die Entwickler von Softube dennoch nicht abgehalten hat, mit Heartbeat dieses Gebiet zu beackern und gleichzeitig den ersten Schritt ins Marktsegment der virtuellen Instrumente zu tun. Kostenpunkt: Rund 160 Euro im Fachhandel, was übrigens verglichen mit dem Preis im Softube Webshop deutlich günstiger ist. Dass man sich in Schweden mit virtuellem Processing auskennt, steht ja ausser Frage. In unzähligen DAWs sind die Effekte von Softube weltweit etabliert und auch in Professional audio fast schon Stammgast im jährlichen Editors Choice. Da müsste es also schon mit dem Teufel zugehen, wenn sie es nicht auch schaffen würden, jenseits von Equalizern, Kompressoren, Verstärkern, Hallgeräten und Co. auch synthetische Klangerzeuger in der gleichen akkuraten Art und Weise zu erzeugen. Doch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Schauen und hören wir also mal, was Heartbeat zu bieten hat.

Look & Feel

Gleich zu Anfang macht sich im Test die konsequent gestaltete Ein-Fenster-Bedienoberfläche positiv bemerkbar, die im Layout übersichtlich gestaltet ist und einen flüssigen, reibungslosen Workflow garantiert. Das grundlegende Design des GUI versprüht, ähnlich wie der Klang, den Charme der 80er Jahre. Wir finden uns jedenfalls schon nach kurzer Einarbeitung schnell zurecht. Mit diesem Konzept empfiehlt sich Heartbeat übrigens auch für einen Live-Einsatz. Bemerkenswert: Auf den ersten Blick hat Heartbeat so rein gar nichts mit einem elektronischen Instrument gemeinsam. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass man es mit einem Mixer zu tun hat, da die einzelnen Klangerzeuger auf der linken Seite in Form von Kanalzügen mit Fader, Pan, Solo, Mute und Sends ausgelegt sind. Insgesamt stehen acht Soundgeber zur Verfügung, aber dazu im Einzelnen später mehr. Auf der rechten Seiten finden wir die Auto Layer Machine, eine neue Entwicklung von Softtube, mit der Sie rhythmische Variationen, Layering, Fills und mehr erzeugen und über MIDI triggern können. Darunter befindet sich die beeindruckende Effektsektion mit Valley People Dyna-Mite Kompressor, Filter Echo und TSAR Reverb und zu guter Letzt gesellt sich am rechten Rand der Master Kanal mit zusätzlich einstellbarer Saturation und einem Dreiband-EQ mit extra High- und Lowcut-Filter. Dass alle Effekte in Softube-Qualität daher kommen, versteht sich natürlich von selbst. Doch zunächst werfen wir einen Blick auf die einzelnen Klangerzeuger.

Souncheck

Mit den acht Klangerzeugern, korrekterweise sind es nur sieben, da das Percussion-Instrument zweimal vorhanden ist, lassen sich Bassdrums, Snares, Claps, Rimshots, Hihats (open&close), Percussions und Cymbals erzeugen und liefern nahezu alle Sounds die Mann/Frau für einen zünftigen elektronischen Drum-Groove benötigt. Das
BD 1-Instrument ist von der Roland TR-909 inspiriert, bietet aber doppelt so viele Parameter wie das Original und ist somit um einiges flexibler ausformbar. Hier sind Sie richtig, wenn Sie eine Bassdrum für die Four-to-the-Floor-Musik, also House, Techno oder Trance suchen. Der Attackpoti bestimmt hier nicht ein klassisches Anschwellen des Klangs, sondern die Betonung des Transienten. Also ob Sie eine eher weichere Bassdrum mit wenig Attack oder eher eine punchig-knallige Version wünschen. Sehr gut gefällt uns der Attack Type Parameter, mit dem sich zusätzlich der Charakter des Transienten bestimmen lässt. Hier lässt sich stufenlos zwischen „elektronisch“ und „akustisch“ überblenden. Dabei klingt akustisch erstaunlich real. Eine sehr schöne Idee, die das Klangspektrum der Bassdrum um mehr als nur eine 909-Kick erweitert. Nicht so gut gefällt uns, und das betrifft alle Klangerzeuger gleichermaßen, dass sich der Pitch-Parameter lediglich in Prozent, aber nicht in Halbtönen einstellen lässt. Das ist zwar stringent Old-School, aber manchmal etwas störend, besonders wenn Bassdrum und Bass sich gerade nicht so einfach zusammenbringen lassen und man sich nicht nur aufs Gehör verlassen kann/will. Dazu gleich ein kleiner Tipp: Benutzen Sie den EQ im Mixer, um einen Teil der Bässe von BD 1 zu cutten, dadurch eignet sich der Sound auch sehr gut für knackige Percussions.
Das zwei Bassdrum-Modul „Kick“ ist der Roland TR-808 nachempfunden und bietet die typisch langen, kellertiefen Kickdrums die seit vielen Jahren aus Genres wie Hip Hop, R&B, Techno und Electro nicht wegzudenken sind. Der Sound kann ebenso gut benutzt werden, um melodische Basslines zu programmieren. Dazu müssen Sie in den globalen Einstellungen unten links einfach den Wert bei Velocity to Pitch erhöhen und die Melodien dann über Velocity programmieren. Dieses Modul hat mit Attack, Decay, Pitch und Harmonics jedoch nur vier Parameter, was aber kein Nachteil ist. Das Kick-Instrument hat mächtig Saft und kann mit den richtigen Einstellungen auch gut als knackige, alles durchdringende Techno-Kickdrum dienen. Cool ist, dass man mit dem Harmonics-Parameter ordentlich Saturation addieren kann und den Grundsound bis zur Unkenntlichkeit zerstören kann, Hardcore-Bassdrums aus den 90ern lassen grüßen. Beide Kickinstrumente klingen echt fett, und können von kellertief, bis knallig und wuchtig etliche Styles bedienen.
Die nächsten drei Module – Snare/Rim, Snare/Clap und Hihats – sind mit dem gleichen Parametersatz ausgestattet und bieten pro Modul gleich zwei Klänge an. Sehr gut gelöst ist, dass sich beide Klänge am Kopf des jeweiligen Moduls zusammenmischen lassen. Sie können hier also gleich Layering betreiben, was ja gerade bei Drums in der DAW recht wichtig ist, wenn man einen fetten Sound erreichen will. Die ersten beiden Module kümmern sich im Wesentlichen um das Erzeugen von Snare-Sounds und ihren Sidekicks, namentlich Rimshot und Claps. Das dritte Modul realisiert den Sound von closed und open Hihat. Wichtig: Die zwei Klänge pro Modul werden einmal synthetisch und zum anderen via gesampleter Wellenform erzeugt, gleichsam wie im BD1-Modul, was uns im Test sehr gut gefällt. So kann Heartbeat auch sehr organisch klingen. Mit Hilfe des Type-Parameters kann zusätzlich aus verschiedenen Soundcharakteren der jeweiligen Teil-Instrumente von pitched bis noisy gewählt werden, was das klangliche Arsenal entsprechend vergrößert. Dabei kann Heartbeat alles erzeugen, was in den 80er Jahren modern war. Einziger Kritikpunkt: Die Clap-Sounds. Wir hätten uns dort mehr Auswahl und auch Druck im Klang gewünscht, denn im Test klingen sie im Vergleich zu den anderen Teil-Instrumenten ein bischen muffig.
Die beiden Percussion-Module sind ebenfalls identisch bestückt und avancieren im Test vom Fleck weg zu unseren Lieblingen. Und nun ist es auch vorbei mit akustischen Sounds, denn hier geht es ausschließlich um synthetische Percussion. Die gebotene klangliche Bandbreite ist sehr vielfarbig, da pro Klangerzeuger fünf verschiede Grundklänge zur Verfügung stehen. Mit Hilfe der übrigen Hüllkurven-Parameter, Filter- und Pitch-Effekte sind damit typische Discostyle Toms, Cowbells und Bongo Sounds ebenso leicht zu realisieren wie metallische, disharmonische oder geräuschhaft-verzerrte Sounds. Als besondere Leckerlis lassen sich überdies wunderbar kleine Effektsounds wie Up- oder Down-Sweeps erstellen. Den Instrumenten-Reigen beschließt
das Cymbal-Modul, das ebenso wie das Kick-Instrument an die TR-808 angelehnt ist. Zusätzlich zu den klassischen Parametern Decay und Pitch finden Sie hier einen Ring-Parameter, der mehr glockenartige, hochgepitchte Klänge generiert, die der Urvater so nicht erzeugen kann. Cymbal klingt im Test zwar sehr gut, manchmal ist uns der Sound aber ein bisschen zu scharf, weshalb er sich im Umkehrschluss stets sehr gut im Arrangement durchsetzt. Ähnlich wie bei den Claps hätten wir uns auch im Cymbal-Modul etwas mehr Variation gewünscht und ein Crash-Sound wäre auch schön gewesen. Bis auf die Schwächen bei den Claps und das zugegeben luxuriöse Jammern bei den Cymbals gefällt uns der Sound der Instrumente schon einmal sehr gut. Aber das ist ja erst der Anfang. Denn ohne das richtige Mischungsverhältnis und den Einsatz der integrierten Effekte klingt das alles noch sehr roh.

Mixer

Der Mixer, respektive die Kanalzüge schließen nahtlos unterhalb der Klang-Module an. Dabei ist jeder Kanalzug identisch ausgestattet, wobei EQ-Regler eine kleine Ausnahme macht. In jedem Modul wird darüber ein individuelles EQ-Setting geregelt, angepasst an den jeweiligen Frequenzbereich des Sounds. Das Handling fällt aber identisch aus. Man kann mit dem EQ-Regler entweder boosten oder cutten. Ansonsten haben wir einen Volume Fader, Solo, Mute und Pan. Der Parameter Ping/Pong ist mit dem Panpot verknüpft und erzeugt automatische Panningeffekte pro Schlag und macht sich im Test besonders gut auf Hihat und Percussion Sounds. Hinzu kommen zwei Sends pro Kanal, die den Reverb und das Filter Echo ansteuern. Wem das in Sachen Effekte nicht reichen sollte, kein Problem: Heartbeat offeriert auch die Möglichkeit, jedes Instrument auf eine eigene Spur in der DAW zu routen.

Effekte

Bei den Effekten machen wir uns wenig Sorgen, ist Softube doch bekannt für ausgezeichnete Prozessoren. Und so hat man sich auch bei Heartbeat nicht lumpen lassen, und der Drummachine mit dem TSAR Reverb (Test in Heft 3/2011) einen algorithmischen Reverb spendiert, der seines gleichen sucht und extrem fett und realistisch klingt. Als Single-Plug-In erworben, würde dieser mit über 200$ zu Buche schlagen. Dazu gesellt sich das neu entwickelte Filter Echo, ein kleiner Delay Effekt plus Low Pass Filter mit einstellbarem Cutoff und Resonanz, das uns besonders Spaß macht und hervorragend klingt. Beide Effekte werden über die Sends angesteuert und sind so auf jeder Spur verfügbar. Ebenso können Sie wählen ob die beiden Effekte vor oder nach dem Kompressor ansprechen sollen. Wobei wir gleich beim nächsten Thema wären. Die Aufgabe der Kompression übernimmt in Heartbeat der eigenwillige Valley People Dyna-mite (Test in Heft 8/2010), der ebenfalls als separates Plug-in für über 200$ erhältlich ist. Dyna-mite ist gerade aufgrund seines aggressiven Sounds auf das Verdichten von Drums spezialisiert und kann überdies auch sehr musikalische Gate Effekte erzeugen, er lässt sich fürs Ducking einsetzen und verrichtet auch als Limiter sehr gute Dienste. Eine bessere Wahl hätte Softube mit dem Dyna-Mite für Heartbeat also nicht treffen können. Allerdings wirkt er auf die Summe der Sounds, nicht auf die Einzelspuren. Dennoch gefällt uns hier, neben der Gatefunktion, dass die Bassdrum die anderen Sounds über Side Chain ducken kann. Einzig einen Dry/Wet Regler für Parallelkompression vermissen wir. Ansonsten ist das schon einmal ziemlich amtlich, was Heartbeat an Effekten anbietet. Allerdings warten im Masterchannel noch zusätzliche Effekte.

Master Channel

Der Masterchannel wartet mit einer exzellent klingenden Saturation-Funktion auf, die eine schöne warme Röhrenverzerrung auf das Summensignal legt und den Gesamtsound klanglich aufwertet. Dazu gesellt sich ein Dreiband Masterequalizer. Allerdings ist die Einsatzfrequenz nur beim Mittenband regelbar, bei Low und High ist sie fest. Zusätzlich gibt es noch einen High- und Lowcut, die übrigens beide sehr gut für Filtersweeps genutzt werden können. Am Ende der Signalkette gibt es noch den Monocut und den Width Regler. Ersterer stellt alles ab einer wählbaren Cutoff-Frequenz auf Mono. Das ist sehr nützlich wenn Sie Heartbeat im Bassbereich stets mit ordentlichem Punch erklingen lassen wollen. Das alles verpasst unseren Drums den letzten Schliff, so dass man in der DAW keine zusätzliche Plug-ins benutzen müssen.

Auto Layer Machine

Mit der Auto Layer Machine hat Softube Heartbeat noch ein kleines feines Kreativtool spendiert, um Grooves lebendig und vielgestaltig auszuformen. Insgesamt stehen vier Slots zur Verfügung, die sich über separate Notenbefehle ansteuern lassen. Dadurch eignet sie sich besonders für den Liveeinsatz. In jeden der vier Slots können Sie bis zu vier Instrumente laden, die dann hintereinander abgespielt werden. Ganz unten im Chaosbereich können Sie dann stufenlos zwischen simplen Delays und komplettem Zufall wählen. Je weiter Sie also den Chaosregler nach rechts schieben, desto mehr zusätzliche Noten werden erzeugt. Zu jedem Slot gehört zudem ein Poti, in dem Sie zwischen Layer und Fill wählen können. Layer erzeugt Verzögerungen von 1-99ms, wohingegen Fill auf dem Raster bleibt und Notenwerte zwischen 1/64 - 1/2 eingestellt werden können. Gerade beim Jammen ergeben sich mit der Auto Layer Machine sehr schöne rhythmische Variationen, die aber auch schnell im absoluten Chaos enden können. Das ist zwar kein Step-Sequenzer à la TR-808/909, wie wir es uns gewünscht hätten, aber nichts desto trotz ein sehr cooles Tool mit hohem Spaßfaktor und Heartbeat von den Mitbewerbern markant absetzt.

Fazit

Heartbeat greift den Klang der berühmten 80er-Jahre Drum-Machines auf, reproduziert ihn tadellos und kann sogar noch einige neue Facetten hinzufügen. Heartbeat eignet sich besonders gut für Techno, House, Electro, Hip Hop und R&B. Doch auch Styles wie Dubstep, Trap aber auch Industrial bedient Heartbeat optimal, nicht zuletzt aufgrund der flexiblen Klangformungsmöglichkeiten. Das Plug-in besitzt, im positiven Sinne gemeint, einen eher dreckigen Klang-Charakter. Bei Bedarf kann der schwedische Klopfgeist aber auch sehr punchig und brummig klingen. Der geforderte Preis von rund 220 Dollar scheint zwar zunächst recht hoch. Bedenkt man aber, dass zwei der integrierten Effekte als Einzelprodukt schon das Doppelte kosten, ist Heartbeat nicht zuletzt aufgrund seines Sounds, das Geld in jedem Falle wert. Zwar ist kein Step-Sequenzer mit an Bord, dafür punktet Hearbeat aber mit seiner markanten Auto Layer Machine, die dem Ganzen das Sahnehäubchen aufsetzt.



Kommentare


von  Professional audio am 03.08.2015
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