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Workshop: E-Gitarren/E-Bass-Recording

Die Mehrklangwerkstatt: Recording E-Gitarre und E-Bass
Workshop: E-Gitarren/E-Bass-Recording

Diesmal öffnen wir die Werkstatttür mit der verheißungsvollen Aufschrift „Guter Gitarrensound“ und erkunden, was sich wirklich hinter dieser Tür verbirgt.

Von Bastian Hager

Eine E-Bass- oder E-Gitarren-Aufnahme ist „eine Kette von Nonlinearitäten“. Dieses Zitat habe ich während meiner Assistenzzeit aufgeschnappt und es hat nach wie vor Gültigkeit: Die eingesetzten Instrumente und ihr vergleichsweise beschnittenes Frequenzspektrum, die Einfachheit der Tonabnehmersysteme, der Widerstand der Instrumentenkabel, die „veraltet“ wirkende Verstärkertechnik, dynamische Mikrofone jenseits von linearen Frequenzgängen und noch einiges mehr prägen den Klang entscheidend. Dabei spielt Natürlichkeit absolut keine Rolle. Vielmehr sind unserer mehr oder weniger konkreten Vorstellungen von einem „guten Gitarrensound“ durch die ganz eigene Klangästhetik geprägt, für die in erster Linie die Pop- und Rockmusik der 1960er-Jahre stil- und gehörbildend gewesen ist. Deswegen werden Sie im Folgenden jede Menge Tipps für richtig coole Gitarren- und Bass-Sounds bekommen, wobei gerade unkonventionelle, alternative Wege nach meiner Erfahrung zum Ziel führen.

Wie immer gilt: Das Instrument muss für die Aufnahme bestmöglich vorbereitet sein. Neue Saiten aufzuziehen ist grundsätzlich empfehlenswert, da diese höhenreicher und damit farbiger klingen. Allerdings sollte ein neuer Satz vor der Session bereits eingespielt sein, um stimmstabiler und ausgewogener im Klang zu sein. Überhaupt Tuning ist bei Saiteninstrumenten immer ein Thema und es ist unerlässlich, die Stimmung ständig zu kontrollieren und eventuell nach zu stimmen. Sehr wichtig: Es sollte immer nach ein und demselben Referenzton gestimmt werden, außerdem empfiehlt es sich, dass bei Ensembles alle Musiker dasselbe Stimmgerät nehmen, da die Anzeige der verschiedenen Tuner oft untereinander so stark abweichen kann, dass die Instrumente zwar in sich, aber nicht zueinander hundertprozentig in Stimmung sind.

Beachten Sie, dass es im Tonstudio viele Quellen, die auf die Tonabnehmer der Instrumente einstreuen können: Lautsprecher, Bildschirme, Stromleitungen und so weiter. Deshalb ist es wichtig, den Gitarristen an eine optimale Position im Studio zu setzen oder zu stellen. Oftmals reicht es schon, wenn er sich um die eigene Achse dreht, oder man den Gitarrenverstärker an einen anderen Stromkreislauf anschließt. Ebenso sollte, um Einstreuungen zu verhindern, das Gitarrenkabel so kurz wie möglich gewählt werden: Da ein unsymmetrisches Instrumentenkabel wie eine Antenne arbeitet, erhält man über den Gitarrenverstärker sehr schnell auch besten Radioempfang, der nicht nur aus GEMA-rechtlichen Gründen auf der Aufnahme nichts zu suchen hat.
E-Bässe sind häufiger als E-Gitarren mit aktiven Tonabnehmersystemen ausgestattet, die über Batterie mit Strom versorgt werden. Die aktive Elektronik erzeugt ein ausgewogeneres Frequenzbild mit einem klareren Klang, außerdem sind Aktiv-Tonabnehmer einstreuungsresistent und es bedarf nicht zwingend eines kurzen Kabels.

Vorglühen nicht vergessen
Röhrenverstärker sind immer noch Standard bei Gitarristen. Sie brauchen aber einige Zeit, bis sie auf Betriebstemperatur sind – deswegen vor dem Recording den Verstärkern einige Zeit geben, um warm zu werden. Nach dem Ausschalten und vor dem erneuten Einschalten den Amp unbedingt abkühlen lassen, anderenfalls können die Röhren Schaden nehmen.

Digitale Nachbildungen
Sogennante Modelling Amps, die rein digital analoge Schaltungen emulieren, sind inzwischen sehr beliebt, da sie eine Vielzahl von aufwändigen Rigs (Amps plus Effekte) nachbilden und inzwischen auch klanglich überzeugen können. Es spricht also nichts dagegen, Digital-Verstärker für eine Produktion einzusetzen. Grundsätzlich leisten auch Plug-ins für wenig Geld Erstaunliches, haben allerdings meiner Meinung nach im Recording zwei wesentliche Nachteile: Sie wissen bereits von der letzten Folge, dass der Sound bei der Aufnahme entsteht – Plug-ins erzeugen aber keinen Sound, sie verändern lediglich den aufgenommen Klang. Letztendlich habe ich als aufgenommene Spur somit nur den nackten, unbearbeiteten Sound abgespeichert. Wer hier vergisst, Plug-ins später in die Spuren einzurechnen, könnte einige Jahren später, wenn die Software aus Updategründen längst nicht mehr unterstützt wird, buchstäblich mit der nackten Realität konfrontiert werden. Noch problematischer sind nach meiner Erfahrung die unvermeidbaren Latenz – auch bei bester Rechner-Performance. Auch wenn es nicht notwendig zu Timingschwankungen kommt, verändert die Latenz die Spielweise vieler Musiker. Dass ist vor allem bei der Dynamik hörbar, außerdem finde ich, dass auch die besten Plug-ins Transienten noch immer nicht vollständig überzeugend nachbilden. Ich bin also nach wie vor n echter Verstärker. In der Editier- oder Mix-Phase setzte ich schon mal gerne Amp-Plug-ins ein. Dann aber eher, um bereits passenden Klängen einen weiteren Charakter zu geben oder neue Klangpfade zu beschreiten.

In der Praxis gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, einen E-Bass aufzunehmen. Die Direkt-Aufnahme mittels DI-Box ist sicher die simpelste Methode: Bass einstecken, DI-Box- Out mit einem Audio-Interface, Channelstrip oder Mischpult verbinden und aufnehmen. Spezielle Preamps für die Bassaufnahme mit darauf angepasster Klangregelung oder integrierter Amp-Simulation sind hier fast schon Luxus. Durch die direkte Aufnahme kann ohne Lärmbelästigung auch spät nachts oder in Wohnhäusern recorded werden. Der trockene Sound ist als Ausgangsbasis für weitere Klangbearbeitungen oder auch Reamping (dazu später mehr) perfekt geeignet und kann mitunter ohne weitere Bearbeitung perfekt zum jeweiligen Song passen. DI-Spuren fehlt es aber meist an Körper, sie wirken etwas eindimensional und steril.
Die Abnahme einer Bassanlage mittels Mikrofon ist vergleichbar mit der Abnahme eines Gitarrenverstärkers, der Unterschied liegt lediglich in der Mikrofonauswahl. Für Bass haben sich dynamische Mikrofone, die für den Bassbereich optimiert wurden, oder Großmembran-Kondensatormikrofone bewährt. Mikrofone mit ausgeprägtem Nahbesprechungseffekt können dem Bass das nötige Fundament geben, können aber mitunter auch zuviel des Guten sein.


Möchten Sie sowohl Amp- als auch Direktsignal gleichzeitig aufzeichnen, nutzen sie dafür den „Link Out“ der DI-Box, der wiederum den Input des Verstärkers befeuert – das Signal wird also gesplittet. Diese Variante ist seit Jahrzehnten der Quasi-Studiostandard. Der Bass-Sound entsteht dann im Mix durch die Mischung aus DI- und Amp-Signal. Da der Bass bereits in einem sehr frühen Stadium – entweder mit den Drums oder direkt im Anschluss an die Schlagzeug-Aufnahme – eingespielt wird, ist es wichtig, von vorneherein offen für spätere Feinanpassungen des Basssounds zu sein.

 
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Kommentare


von  Professional audio am 27.06.2014
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