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Reportage Wolfgang Pointners "My Mixture"

Reportage Wolfgang Pointners

Reportage Wolfgang Pointners "My Mixture"

Report Wolfgang Pointners "My Mixture"

Den österreichischen Jazz-Gitarristen Wolfgang Pointner lernte ich 2005 beim Internationalen Gitarrenfestival in Herbruck (siehe den Festival-Report in Ausgabe 10/2008) kennen. Pointner gehörte bis 2006 zum Dozentenstamm des Festivals und wurde von allen Teilnehmern, nicht zuletzt auch von mir, als klasse Musiker und sehr guter Lehrer hochgeschätzt. 2006 erzählte er mir in Hersbruck, dass er an einem Solo-Album arbeite, das ausschließlich Eigenkompositionen enthalten würde. Wie es manchmal so geht, vergaß ich das Album beziehungsweise die während einer Unterrichtsstunde eher beiläufig erwähnte Geschichte darüber wieder. Wolfgang Pointner blieb mir jedoch in bester Erinnerung. Umso erfreuter war ich, als ich in einem Kölner CD-Laden auf „My Mixture“ stieß. Der Kauf war spontan getätigt, zumal eines der Stücke auch noch „Hersbruck“ hieß. Beim Anhören der CD war mir schon nach wenigen Minuten klar, dass sich die Anschaffung gelohnt hat. „My Mixture“ ist ein rundum gelungenes, modernes Jazz-Album: Tolle Kompositionen, überzeugende Arrangements und eine – hier stimmt das überstrapazierte Wort – audiophile Produktion.

Die CD enthielt, wie es sich gehört, auch Kontakt-Daten. So schrieb ich Wolfgang Pointner eine E-Mail und gratulierte ihm zu „My Mixture“. Daraus entwickelte sich ein längerer E-Mail-Verkehr und die Idee wurde geboren, in Profes-sional audio Magazin die ganze Geschichte von „My Mixture“ zu bringen. Der konkrete Auslöser war dabei folgende Aussage des Künstlers: „Du hörst übrigens keinen einzigen echten Gitarren-Amp auf der CD. Das ist alles Amplitube 2.“ Sie können sich natürlich denken, dass dies allein, auch eingedenk unseres Vergleichstests „Virtuelle Gitarrenverstärker“ in Ausgabe 10/2008, Grund genug war, diese Geschichte unbedingt zu machen. So lesen Sie jetzt eine wirkliche Tiefen-Reportage über die Entstehung einer professionellen Jazz-Produktion, die dank der Auskunftsfreude der -Protagonisten und der uns selbstlos zur Verfügung gestellten Screenshots von Wolfgang Pointner und Toningenieur Christian Bachner alles glasklar und nachvollziehbar dokumentiert – ohne esoterischen Schwulst und die Szene-übliche Geheimniskrämerei. Also, Vorhang auf für die Geschichte von „My Mixture“.

Amplitube 2 für dem authentischen E-Gitarren-Sound.

Obwohl die Demos der Stücke für „My Mixture“ zunächst, wie wir im ersten Kapitel gesehen haben, in Heimarbeit von Wolfgang Pointner vorproduziert worden waren, mussten die Basic-Tracks, also die Bass- und Schlagzeug-Spuren separat aufgenommen werden. Im Vorfeld zur Aufnahme der Basic Tracks hatte das frisch zusammengestellte Wolfgang Pointner Quartett drei Live-Auftritte, die nach Aussage des Komponisten und Leaders in gewisser Weise auch einen Test darstellten, ob die Stücke auch live klingen. Allerdings betont Pointner, „dass ich die Stücke in Logic schon sehr gut vorproduziert hatte und es war mir und den anderen klar, dass die Musik auf einer CD richtig gut kommen würden. Zumal ich natürlich nach über 1000 Konzerten sehr genau weiß, was geht und was nicht. Unsicher war ich bestimmt nicht.“Die einzige Gefahr, die ein Schreiben und Produzieren am Rechner in sich berge, sei ist das Übersehen des gewissen „Live Faktors“. Da könne es laut Pointner eben schon passieren, dass zu wenige Freiräume offen bleiben – gerade auch für den kreativen Beitrag der anderen Musiker. „Da ich aber vom Jazz komme, war das für mich keine Gefahr, denn ich weiß aus Instinkt und langjähriger Erfahrung, was ich einem Musiker anbieten kann, damit die Musik spannend und nicht nach Retorte klingt.“Dabei ging Pointner bei der Auswahl der Musiker durchaus planvoll vor: „Es ist eine ganz spezielle Mischung aus alt und jung einerseits und den verschiedenen musikalischen Hintergründe andererseits, die das Quartett zu einer, wie ich finde, sehr spannenden Mixtur machen.“ So spielt der junge Bassist Stephan Kondert unter anderem bei dem Reggae/Dancehall-Duo Mono & Nikitaman, der zweite Jungspund im Kleeblatt, Philipp (Kopmajer) gilt in Österreich als der Nachwuchsschlagzeuger schlechthin. Der erfahrene Keyboarder Burkhard Frauenlob ist hierzulande vielen durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Hubert von Goisern bekannt. Gemeinsam mit Wolfgang Pointner spielt er in der Lugau Big Band. Kondert und Kopmajer verblüfften die beiden alten Hasen Frauenlob und Pointner bereits im Vorfeld der eigentlichen Aufnahmen der Basic-Tracks: “ Wir bekamen im Proberaum manchmal reglerecht große Augen: Die beiden hatten auch die komplexeren Stücke dermaßen schnell drauf – wirklich beeindruckend. Außerdem war der Ansatz der Jungs so unverkrampft und locker. Mir wurde da so richtig klar, weswegen Miles Davies so oft auf junge, unverbrauchte Musiker setzte.“Trotz der guten Chemie zwischen den Musikern kam ein Live-Einspielen im Studio nicht in Betracht. Pointner erklärt: „Ich komme aus der eher traditionellen Ecke: Man geht ins Studio, der Toningenieur drückt den Aufnahme-Knopf und spätestens beim dritten Take muss es passen. Bei meiner Platte ‚Trinity’ war es genauso. Wir, das damalige Wolfgang Pointner-Trio, hatten über mehrere Jahre mit verschiedenen Musikern gespielt, wir waren eine richtige Band. Als wir damals ins Studio gingen haben wir einfach nur gespielt und fertig. Es gab keine Overdubs, das war wirklich live eingespielt. Noch heute, zehn Jahre danach, kann ich mir die ‚Trinity’ anhören. Mit der ‚My Mixture’-Band waren die Vorraussetzungen aber ganz anders: Heute bekommt man eben keine Auftritte mehr, wenn man kein neues Produkt vorweisen kann. Es gilt die Regel: Erst aufnehmen, dann auftreten. Aber das hätte im Falle von ‚My Mixture’ nicht zufriedenstellend funktioniert. Mit einer Band ins Studio zu gehen die gerade mal drei Auftritte absolviert hat, dazu noch ausschließlich Original-Kompositionen einspielen – es wäre nur ein fauler Kompromiss rausgekommen, wenn wir in altbewährter Manier live aufgenommen hätten. Ich wollte das Geld aber für ein Album von bleibendem Wert investieren. Deswegen lief die Produktion von ‚My Mixture’ ganz anders ab.“Pointners Plan: Das Album sollte eine Studio-Produktion mit einzelnen, festgelegten Produktions-Schritten sein, wo es zwangsläufig jede Menge Overdubs geben muss, um das Verbrennen teurer Studiozeit mit Übungs-Jams von vorneherein auszuschließen. Gleichzeitig sollte das Album aber noch einen gesunden Schuss Spontanität beinhalten und verströmen.Die Basic-Tracks wurden folgerichtig live aufgenommen: „Wir haben als Quartett zusammen gespielt, aber nur beim Schlagzeug und beim Bass war es ernst, die Parts von Stephan und Philipp mussten sitzen. Es war also völlig egal, wenn Burkhard oder ich patzten. Stattdessen konnten wir richtig auf Risiko spielen, was Bassisten und Drummer zusätzlich angespornt hat. So gesehen, atmen die Basic-Tracks in gewisser Weise diese spezielle Live-Atmosphäre, denn sie entstanden aus der Interaktion des Quartetts.“Allerdings stand auch hier hinter allem eine Grundüberzeugung des Leaders: „Es ging mir in der Vergangenheit oft so, dass mein bester Beitrag ausgerechnet auf der Version war, die später vom Produzenten verworfen wurde. Genau das wollte ich tunlichst vermeiden. Jeder meiner Musiker sollte die Zeit zur Verfügung haben, die er für den optimalen Beitrag braucht. Mit solcher Musik lässt sich nicht das große Geld verdienen, deswegen ist es für mich das Mindeste, dass die beteiligten Musiker mit der fertigen CD Freude haben können und zufrieden sind. Da spielt immer eine große Portion Idealismus mit und insoweit wäre es für mich indiskutabel, wenn ein Verspieler auf der fertigen CD bleibt, nur weil der Bandleader bei der Live-Aufnahme sein ultimatives Traumsolo abgeliefert hat. Das war somit auch ein Vorteil dieser speziellen und für den Jazzbereich ungewöhnlichen Arbeitsweise.“So kam es dann im Falle von „My Mixture“, dass die Keyboard- und Gitarrenparts von Frauenlob und Pointner in Heimarbeit aufgenommen wurden, als Grundlage dienten die live eingespielten Basic-Tracks.Werfen wir einen nahen Blick auf die Schlagzeug- und Bassaufnahmen: Sämtliche Basic-Tracks wurden im Übungsraum von Schlagzeuger Kopmajer aufgenommen. Wolfgang Pointner: „Sein Übungsraum ist dafür gut geeignet, denn er hat eine trockene Akustik, außerdem stand da auch das Mischpult.“ Kopmajer verrät die Details: „Das Schlagzeug, ein Set von Aural (siehe www.aural.at) habe ich mit neun Mikrofonen aufgenommen: Für die Bass-Drum waren es ein AKG D12 und das Grenzflächenmikro Shure SM 91 Beta. Die Snare mikrofonierte ich mit einem Shure SM 98, wobei das Mikrofonsignal von einem Universal Audio Solo 610 verstärkt wurde. Auch für die Toms kamen SM 98 zum Einsatz, während die Hi-Hat mit einem SM 81 aufgenommen wurde. Für die Overheads habe ich zwei AKG 414 B-ULS verwendet, als Vorverstärker für die Kondensatormikrofone diente ein Focusrite Twintrak.“ Als Konsole verwendete Kopmajer sein Mackie 24-8-Pult, dieses wiederum war direkt mit dem RME Fireface 400 verbunden, das als Interface/Schnittstelle zum Rechner diente, der Hostsequenzer war in diesem Fall Nuendo.Bassist Kondert ging mit seinem Fodera A.J. signature 6-String Custom Made Bass via DI-Box direkt ins Mackie Pult, gleichzeitig mikrofonierte er auch seinen Walter Woods Electro Acoustic Amp. An Einzelheiten kann sich Kondert jedoch nicht mehr erinnern. Dafür führt er zum Instrument seiner Wahl aus: „Der Fodera hat einen sehr lebendigen Ton und kommt bei Aufnahmen einfach rund und weich rüber – genau das Richtige für Jazz mit rockigem und groovigem Einschlag. Als Sechssaiter war er die perfekte Wahl für Wolfgangs Musik und eine echte Bereicherung, denn ich hatte einen schönen tiefen Sound zum Grooven und gleichzeitig oben rum einen sehr klaren Klang.“Die Drumspuren wurden allerdings schon in diesem Stadium nicht naturbelassen, sondern bereits bei der Aufnahme mit dem Multiband-Kompressor-Plug-in Vintage Warmer von PSP (www.pspaudioware.com) veredelt: „Wir haben bei den Drums den Vintage Warmer gleich mit aufgenommen. Das erwies sich als richtige Entscheidung: Später beim Mischen meinte Christian Bachner, der Toningenieur, dass er bisher selten so gut klingende Drum-Spuren bekommen hätte. Er musste letztlich kaum mehr drehen“, erklärt Pointner.

Der SIR-Faltungshall sorgt für den vituellen Aufnahmeraum.

Die Gitarren-Spuren hat Wolfgang Pointner zu Hause unter Logic aufgenommen. Vor fünf, sechs Jahren hat Pointner angefangen, ernsthaft mit Logic zu arbeiten: „Ich raffte mich einfach in den Sommerferien dazu auf – fertig. Es war auch letztlich gar nicht so schlimm, obwohl ich ganz zu Anfang jede Menge dummer Fragen im Logic-Forum (www.logicuser.de) stellte. Den Usern möchte ich auch für Ihre kompetente Hilfe danken. Das hat mit sehr geholfen. Außerdem gehöre ich zu den Leuten, die es ganz genau wissen möchten. Ich fresse mich da regelrecht rein, lese sogar Handbücher, auch Computer-Handbücher.“Am Anfang arbeitete Pointner mit einem Mac Powerbook G4, später rüstete er auf einen G5 auf: „Der G5 läuft immer noch, seine Leistung reicht mir allemal aus. Bei mir gilt der Grundsatz: Einmal richtig Geld ausgeben und in etwas Gutes investieren.“ Die zuvor in Nuendo aufgenommenen Basic-Tracks importierte Pointner nacheinander in sein Logic: „Wir hatten zwar versucht, die Aufnahmen als OMF-File zu sichern, aber der Export aus Nuendo funktionierte nicht. So habe ich alle Spuren einzeln in Logic gezogen und für jedes Stück ein eigenes Projekt angelegt. Das funktionierte bestens, war eben nur ein bisschen mehr Arbeit.“Wie bereits eingangs erwähnt, ist auf „My Mixture“ kein real existierender Gitarren-Verstärker zu hören. Stattdessen setzte Pointner auf Amplitube 2 von IK Multimedia. Der ausgesprochen organische, vollmundige Gitarren-Sound dürfte auch eingefleischte Puristen von der Leistungsfähigkeit virtueller Gitarrenverstärker überzeugen. Tatsächlich habe laut Pointner noch kein Kollege gemerkt, dass ein Plug-in am Werk ist. Auch die Redaktion von Professional audio Magazin – bekanntlich erfahren im Umgang mit Amp-Simulationen – tippte bei Blindtests auf traditionelles Besteck.Pointner kennt durchaus verschiedene Amp-Simulationen: „Ich arbeite hier in Salzburg an einer Musikschule als E-Gitarrenlehrer. Wir haben ein Studio in der Schule, was für mich den Vorteil hatte, verschiedene Plug-ins ausprobieren zu können. Guitar Rig finde ich beispielsweise auch super, aber Amplitube hat für mich persönlich die Nase vorn, denn es reagiert sehr präzise auf meinen Anschlag. Ich kann den Sound wie mit einem richtigen Amp allein mit der Anschlagsdynamik kontrollieren. Guitar Rig finde ich in den Höhen nicht so überzeugend, außerdem setzt sich Amplitube nach meinem Geschmack besser durch. Es ist schwer zu beschreiben, aber dieses Plug-in scheint auch im Mittenbereich noch präziser zu sein.“ Beispielhaft nennt Pointner den Titel „Hersbruck“, denn bei diesem Stück ist in der Tat sehr schön nachhörbar, wie der Grad der Verzerrung sich sehr subtil durch den Anschlag des Gitarristen ändert. Für alle, die es selbst ausprobieren möchten, hat uns Wolfgang Pointner die Screenshots mit seinem Amplitube 2-Rack für „Hersbruck“ mitgeschickt (siehe Seiten 75 und 76). Probieren Sie sein Setting mal selbst aus. Es lohnt sich.Hardwareseitig vertraute Pointner auf seine edle Paul Reed Smith Artist II: „Die beste Gitarre, die ich je in der Hand hatte – und ich hatte schon sehr, sehr viele!“. Außerdem verwendete er – manchen High-Ender mag ´s wundern – ein vermeintlich schlichtes M-Audio 1814-Interface: „Das M-Audio ist meiner Meinung nach eher ‚Consumer-Klasse’. Aber es ist zuverlässig und zumindest für E-Gitarrenparts gut genug. Allerdings hätte ich schon gerne ein RME Fireface 400.“.Unabhängig von dem verwendeten Equipment schreibt er aber allen Gitarristen ins Stammbuch: „Der sogenannte gute Sound entsteht in den Fingern. Wer heute nicht gut klingt, muss einfach üben. Trocken, ohne Effekte, direkt in den Amp. Wenn es dann gut klingt, kann man die vorhandene Substanz noch verschönern. Ich unterrichte jetzt seit 22 Jahren und es ist immer das Gleiche: Erst mal ein ordentliches Plektron besorgen, danach lernen, wie die Gitarre und der Verstärker einzustellen sind, dann schön langsam spielen, immer kritisch und genau zuhören und sich selbst regelmäßig aufnehmen.“ Dann spiele es kaum mehr eine Rolle, ob ein Musiker einen Riesen-Fuhrpark von edelstem Equipment zur Verfügung hat oder auf vermeintlich schlichtes Homerecording-Besteck zurückgreift.Um auf Nummer Sicher zu gehen, hat Pointner allerdings auch die trockenen Spuren – also die Aufnahmen ohne Plug-in – gebounct beziehungsweise aus Logic exportiert. „Die haben wir beim eigentlichen Mischen in Christians Studio letztlich nicht gebraucht. Mein zu Hause erstellter Sound hat einfach perfekt gepasst. Aber Studio-Zeit ist nun mal teuer und ich wollte für alle Eventualitäten gewappnet sein.“ Zusätzliche Effekte, namentlich Compressor, Hall und Delay kamen dennoch nicht zum Einsatz: „Davon habe ich ganz bewusst die Finger gelassen. Ich probierte solange rum, bis es für meine Ohren ohne weitere Effekte gut geklungen hat. Ich wollte auf gar keinen Fall den typischen, verwässerten 80er-Jahre-Fusion-Sound, das Album sollte insgesamt eher trocken gehalten sein.“Keyboarder Frauenlob ging beim Einspielen seiner Parts schon fast puristisch vor: „Ich habe alles mit meinem Rhodes Mark II (E-Piano) aufgenommen. Über den Line-Out des Rhodes ging es in mein 12-Spur Mackie-Pult, damit genug Pegel vorhanden ist. Vom Mischpult ging es über ein RME Hammerfall DSP-Multiface direkt in den Rechner. Als Sequenzer-Programm kam Cubase 4 zum Einsatz, alle Tracks habe ich mit 32-Bit-Fließkomma eingespielt.“ Frauenlob nahm nach eigener Aussage drei bis sechs Takes pro Stück auf, wobei einige Solos sogar von der Live-Aufnahme der Basic-Tracks stammen. Die besten Teile suchte der Keyboarder selbst aus, beim Abhören vertraute er übrigens auf seinen altbewährten AKG-Kopfhörer. Frauenlob weiter: „Filter und Effekte habe ich bei meinen Spuren nicht verwendet. Ich habe allerdings Christian Bachner genau erklärt, wie ich mir die Sounds vorstelle. Damit er eine konkrete Arbeitsunterlage hat, habe ich für ihn einige Klangbeispiele am Rechner gebastelt, worauf Effekte wie Chorus und Phaser zu hören sind. Davon ausgehend hat der Techniker dann meine Soundvorstellungen präzise beim Main-Mix umgesetzt.“Mit Wolfgang Pointner, dem Produzenten, saß Frauenlob allerdings auch zusammen: „Grundsätzlich durfte jeder der Musiker mitbestimmen, wie sein Sound schlussendlich werden würde. Ich habe alle Vorschläge sehr ernst genommen. Burkhard hatte mir zum Beispiel präzise gesagt, wie sein Rhodes zu klingen hätte: Wann und wie viel Chorus beispielsweise, an einer Stelle eine Amp-Simulation und so weiter.“ Die konkrete Arbeitsweise sah dann wie folgt aus: Pointner importierte die Spuren in Logic und hätte „ein wenig an den Spuren herumgeschraubt“ bis Frauenlobs Klangvorstellung getroffen war. „Mit diesen jetzt sehr konkreten Klangvorstellungen bin ich dann in Christian Bachners Studio gefahren und habe ihm zu vermitteln versucht, wie wir Musiker uns den Gesamtsound und den Klang der Einzelinstrumente vorstellen.“

Die Samplitude 10 Plug-ins für die trockenen Rhodes-Spuren.

Für die eigentliche Haupt-Mischung und auch fürs Mastering zeichnete, wie bereits erwähnt, Christian Bachner als Toningenieur verantwortlich, wobei er den Vorgaben von Wolfgang Pointner, dem Produzenten, folgte. Ungeachtet von Bachners auf „My Mixture“ deutlich nachhörbarer Kompetenz, gab es mehrere gewichtige Gründe für Pointners Wahl: „Christian ist selbst Musiker und ein wahrer Killer am Saxophon (siehe näher www.christianbachner.com). Deswegen versteht er meine Musiker-Sprache: Bemerkungen wie ‚Ich hätte es gerne ein bisschen wärmer’ oder ‚Das ist jetzt zu wenig direkt’ und so weiter muss ich nicht umständlich übersetzen. Insofern stimmte eben die Kommunikation. Wenn ich beispielsweise zu Christian gesagt hätte: ‚Mach ´mir mal so einen 80er-Fusion-Sound mit schön viel Hall’, hätte er das ohne weiteres umgesetzt. Unterm Strich war die Zusammenarbeit schlichtweg perfekt.“Bachner arbeitet auf Samplitude 10, Hardware war weder beim Mix, noch beim Mastering im Spiel. Dazu Christian Bachner: „Wenn das Basismaterial wie bei dieser Produktion so gut aufgenommen ist, kann ich beim Mischen auf Hardware verzichten. Es kann schon mal vorkommen, dass ich bei anderen Produktionen einen Einzeltrack durch meine Amek-Channelstrips schicke, damit sich der im Gesamtmix besser durchsetzt. Bei ‚My Mixture’ war das absolut nicht notwendig. Ich stehe da auf dem klaren Standpunkt: Wenn es schon gut ist, muss der Toningenieur nichts mehr verschlimmbessern.“Christian Bachner hat uns selbstlos insgesamt neun Screenshots zur Verfügung gestellt, die seine Arbeit sehr gut nachvollziehbar veranschaulichen:Als Haupt-Hall verwendete er das Faltungshall-Plug-in SIR von Christian Knufinke (www.knufinke.de). Bei der Impulsantwort handelt es sich um ein Lexicon 906L-Sample (siehe Screenshot 1, Seite 76). „Der SIR-Room simuliert den virtuellen Raum, in dem das Quartett steht. Damit klingt es so, als hätten die Musiker gleichzeitig und gemeinsam in ein und demselben Raum aufgenommen.“ Zusätzlich zu dem virtuellen Aufnahmeraum kommt für Melodie- und Soloinstrumente noch das Hall-Plug-in Classic Verb von T.?C. Electronics Power Core-Plattform zum Einsatz (Screenshot 2, Seite 76). Die Haupt-Insert-Effekte waren der Kompressor CL und der EQ-Sat, beide ebenfalls von der Power Core. Screenshot 3 auf Seite 77 illustriert die Equalizer- und Kompressor-Einstellung für die Bass-Spur beim Titel „Blues?“. Die Snare-Drum wiederum wurde bei Blues mit Hilfe des Roger Nichols-Plug-ins „Uniquel-lizer“ und einmal mehr mit dem Mono-Kompressor CL von T.C. Electronic dezent verfeinert (siehe Screenshot 4, Seite 77), während die Einstellung des Uniquel-Iizers für den Overhead-Bus mit Screenshot 6 (auf dieser Seite Mitte) veranschaulicht ist. Die verwendeten Effekte für die Bass-Drum sehen Sie wiederum auf Screenshot 5.Interessant ist auch Screenshot 7: Hier sehen Sie die Umsetzung eines von Keyboarder Frauenlob gewünschten E-Piano-Sounds mit bordeigenen Plug-ins von Samplitude 10 - neben dem „Parametric Equalizer“ vertraute Bachner dabei auf die erstaunlich gut klingende Amp-Simulation „Amphibia“ (siehe auch die Samplitude-Tests in den Ausgaben 12/2006 und 5/2008).Bei der Gitarre von Blues sehen Sie auch das Plug-in Valvetone ´62 von Tritone Digital (www.tritonedigital.com): Es handelt sich dabei nicht um die Emulation eines Röhren-Preamps wie sich vorschnell schließen ließe. Das mit etwa 80 Euro recht günstige Effekt-Plug-in simuliert einen schlichten, aber klanglich interessanten Röhren-Vintage-Equalizer. Die auf Screenshot 8 zu sehende, eher dezente Einstellung dient der feinfühligen klanglichen Abrundung.Der letzte Screenshot 9 zeigt alle Software-Effekte die beim Mastering Verwendung fanden: Neben dem Mix EQ aus dem Everythin EQ Bundle von URS (www.ursplugins.com) vertraute Bachner beim finalen Feinschliff noch auf Waves-Produkte. Auch hier stellt der Effekt-Einsatz lediglich die Glasur da – oder mit Bachners eigenen Worten: „Eigentlich habe ich fast nichts gemacht.“Darauf angesprochen, weshalb Wolfgang Pointner auch das Mastering in die Hände Bachners gab, antwortet der Musiker: „Es handelte sich um eine ganz bewusste Entscheidung, auch das Finalisieren von Christian machen zu lassen. Das Album sollte eben wie aus einem Guss klingen. Ich habe da nämlich so meine – unliebsamen – Erfahrungen gemacht: Vor einigen Jahren machte ich mit einer anderen Band eine CD. Uns stand eine Super-Studio zur Verfügung, die Zeit war mit drei Tagen üppig bemessen und der Produzent ließ sogar extra einen Tontechniker aus London einfliegen. Was ich aus den Studio-Monitoren hörte, klang richtig klasse, alles war top aufgenommen. Jener Tontechniker, dessen Namen ich jetzt nicht nennen möchte, bot mir an, die CD auch noch zu mastern. Sogar zum Freundschaftspreis. Da war ich hin und weg. Er machte dann in London den kompletten Mix einschließlich Mastering. Was aber schließlich dabei herauskam, war eine Katastrophe: Der Gitarrensound war total verhauen, weil der Techniker den Frequenzbereich um 2 Kilohertz kräftig angehoben hatte. Damit mag die Gitarre sich ‚toll im Mix durchsetzen’ – es klingt nur leider schrecklich. Da war mir klar, dass die Klang-Vorstellungen von Musiker und Techniker zusammenpassen müssen. Mit Christian war das von Anfang an gegeben. Deswegen war es für mich sonnenklar, dass er auch das Mastering in meinem Beisein machen soll.“Wenn Sie bisher gelesen haben, haben Sie mit Sicherheit jede Menge Inspiration für Ihre eigene Arbeit bekommen. Als zusätzlichen Motivationsschub sollten Sie sich „My Mixture“ gönnen und in Ruhe anhören – es lohnt sich nämlich. Aber das ahnen Sie bereits.

Alle Mastering-Plug-ins auf einem Blick.



Kommentare


von  Professional audio am 01.12.2008
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