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Technik Surroundsound in der Praxis Teil 1

Technik Surroundsound in der Praxis Teil 1

Technik Surroundsound in der Praxis Teil 1

Technik Surroundsound in der Praxis Teil 1

Den Hollywood-Blockbuster von heute kennzeichnet ein bombastisches Bild mit ausgefallenen Kamerafahrten, ein zumeist aufwendiges, digitales Compositing und ein opulenter Sound. Wer gern und häufig das Kino besucht, wird den allumgebenden Klang der Filme schätzen gelernt haben: Helikopter fliegen beispielsweise in schnellen Actionsequenzen nicht nur durch das Bild, sondern auch akustisch von vorn nach hinten durch den Saal. Dank des Mediums DVD, günstiger Decoder und preiswerter Lautsprecheranlagen können sich Filmliebhaber, die ihren Lieblingsstreifen in den eigenen vier Wänden genießen wollen, den Surround-Sound in hoher Qualität auch ins Wohnzimmer holen. Auch auf Produktionsebene stehen dem filmambitionierten Musiker, Projektstudiobesitzer oder Hobby-Filmer einige Möglichkeiten zur Verfügung, das nächste Bandvideo nicht nur in Stereo zu produzieren. Denn Mehrkanalton beherrschen sowohl der Großteil der gängigen Sequenzer-Systeme, als auch bezahlbare Bildschnittprogramme wie Adobe Premiere oder Apple FinalCut. Wozu aber überhaupt Surround? In dieser Serie erfahren Sie, welchen Mehrwert moderner Surround-Sound gegenüber einer einfachen Stereomischung besitzt. Wir werden Licht ins Dunkel häufig gestellter Fragen zu diesem komplexen Thema bringen, beispielsweise ob Mehrkanalton auch zwingend Mehrkanalaufnahmen erfordert. Dazu werden wir in die akustischen Tiefen einer Tonspur abtauchen und uns genauer ansehen, aus welchen Elementen ein moderner Filmton überhaupt besteht. Der technische und gestalterische Unterschied zwischen Kinosound und dem Ton im Fernsehen und die letztendliche Frage, ob es praktisch überhaupt möglich ist, mit kleinem Budget Filmton zu gestalten und zu mischen, wird ein weiteres Thema sein. Sie dürfen sich also in dieser und den folgenden drei Ausgaben von Professional audio auf spannende Hintergrundinformationen zum Themenkomplex Surround-Sound freuen, die es Ihnen zudem leichter machen werden, selbst Mehrkanalmischungen anzufertigen und die vielen Fallstricke, denen Sie auf dem Weg dorthin begegnen können, weitestgehend zu umschiffen.

Surroundsound-Serie Teil1

Stereo-Abstrahlung im Kinosaal

Schall-Abstrahlung mit Center-Kanal, LFE und Surround-Kanälen

Nachdem wir die Funktionen der einzelnen Surround-Kanäle erörtert haben, ist als nächstes ein Blick auf die verschiedenen Surround-Soundformate und deren Vor- und Nachteile erforderlich. Heutzutage gibt es nach wie vor analoge und digitale Verfahren, die sich wesentlich voneinander unterscheiden. Auf analoger Ebene hat sich einzig das Format des Unternehmens Dolby durchgesetzt und gehalten: „Dolby Stereo“ findet sich auch heute noch zusätzlich zu den digitalen Toninformationen in Form von Lichttonspuren auf jeder Kinokopie. Die Bezeichnung „Stereo“ scheint dabei verwirrend, denn es finden sich zwar zwei Lichttonspuren auf dem Film, verarbeitet werden jedoch vier. Dahinter verbirgt sich ein geniales Matrix-Verfahren, das aus den vier Masterkanälen Links, Center, Rechts und (Mono-)Surround zwei Kanäle codiert. Bei der Wiedergabe werden diese beiden Kanäle – Left-total (Lt) und Right-total (Rt) genannt – wieder de-matriziert und es erklingt der Filmsound, den der Mischtonmeister beabsichtigt hat. Dabei wird der Centerkanal zu (phasen-)gleichen Teilen um drei Dezibel abgesenkt und auf die Kanäle links und rechts aufaddiert. Der Surround-Kanal erfährt ebenfalls eine Dämpfung um drei Dezibel und eine Aufaddierung links und rechts. Allerdings geschieht dies – ähnlich dem M/S-Verfahren – im rechten Kanal um 180 Grad phasengedreht. Der Dolby-Stereo-Decoder weist nun alle phasengleichen Anteile in Lt und Rt dem Centerkanal zu – zur Erinnerung: phasen- und pegelgleiches Signal auf links und rechts ergibt ein um 3 Dezibel lauteres Monosignal in der (Phantom-)Mitte. Alle dekorrelierten – sprich: phasengedrehten – Signale wertet der Decoder als Surround-Anteile. Das Geniale daran: Eine Lt-Rt-Spur klingt wie eine normale Stereo-Mischung – nur das in Dekorrelation ausschlagende Goniometer belehrt uns eines Besseren. Auf Grund der Stereo-Abwärtskompatibilität ist Dolby Stereo auch im Fernsehrundfunk und im Heimkinobereich weit verbreitet. Dort heißt es dann allerdings Dolby Surround, beinhaltet aber dasselbe Verfahren. So einfach und kompatibel Dolby Stereo/Surround auch scheint, so hat das Verfahren doch auch gravierende Nachteile. Zum einen ist es nicht mono-kompatibel und bietet auch nur einen Mono-Surroundkanal. Dies widerspricht schon grundsätzlich dem natürlichen Hörempfinden. Die Möglichkeiten, mit diesem einen Surroundkanal ein umhüllendes Klangbild zu erzeugen, sind doch sehr begrenzt, da man beispielsweise schlecht Stereo-Atmosphären „nach hinten“ legen kann, sondern eigentlich nur Mono-Sounds. Zum anderen ist der Surround schon ab zirka sechs Kilohertz mit einem Tiefpassfilter belegt, um höhenreiche, konkrete Signale wie Zischlaute zu vermeiden. Das Matrix-Verfahren geht außerdem zu Lasten der Kanaltrennung, die außerordentlich schlecht ist. Zwar kompensiert eine sogenannte Richtungsdominanzschaltung dies teilweise, indem sie den jeweils höchsten Pegel in einem Kanal nochmals verstärkt und alle anderen absenkt. Allerdings sind mit ihr Panoramafahrten wesentlich schwerer realisierbar. Dolby Surround wurde übrigens Mitte der 90er Jahre mit dem sogenannten ProLogic-Verfahren optimiert, mittels dessen aus dem codierten Stereo-Kanal 6 Kanäle – also ein Stereo-Surround und ein LFE-Kanal – generiert werden können.

Dolby Stereo Codierungs-Verfahren

Während der Tonmeister mit Dolby Surround keine diskrete, sondern eine codierte Mischung erstellt und besonders auf korrektes Abhören und die Phasen der Schallereignisse achten muss – ein unabsichtlich phasen-invertierter Dialog landet sonst womöglich ungewollt im Surround-Kanal – , stehen ihm mit den digitalen Formaten weit mehr akustische Türen offen. Dolby Digital bietet sechs diskrete Kanäle zur Klanggestaltung: Links, Center, Rechts, linker Surround, rechter Surround und LFE. Diskret bedeutet, dass hierbei keine Matrizierung erfolgt, sondern das Master 1:1 auf die Filmkopie übertragen wird. Eine Datenreduktion findet allerdings trotzdem statt, denn irgendwie müssen die sechs Kanäle auf den Filmstreifen passen. Der digitale Ton findet sich zwischen den Perforationslöchern des Filmstreifens und erinnert optisch an Bildrauschen. Die Datenreduktion ist bei Dolby Digital mit 12:1, also einer Datenrate bis 640 kBit/s, von allen digitalen Mehrkanalverfahren am höchsten. Trotzdem sind 90 Prozent aller Kinos weltweit mit Dolby Digital-Prozessoren ausgestattet, denn hörbar sind diese Reduktionen kaum. Beim Konkurrenz-Format DTS (Digital Theater System) befindet sich der Ton mit einer Datenrate von einem Megabit pro Sekunde auf einer CD, die zum dazugehörigen Timecode auf dem Filmstreifen synchronisiert werden muss. Das SDDS-Verfahren (Sony Digital Sound System) bietet sogar acht Kanäle – zwei zusätzliche Links-Center und Rechts-Center – und mit einer Datenreduktion von 5:1 ebenfalls eine höhere Datenrate und außerdem eine bessere Seitenstaffelung in den Frontkanälen. SDDS konnte sich aber trotzdem bis heute nicht so flächendeckend behaupten wie das Pendant von Dolby – vor allem, weil es mit acht Kanälen eine andere Mischphilosophie erfordert. Allen Formaten gemein sind ihre Vorteile gegenüber dem analogen Matrixverfahren: eine hervorragende Kanaltrennung, ein wesentlich höherer Signal-Rauschabstand und größere Gestaltungsmöglichkeiten, allein schon durch den unbeschnittenen Surround in Stereo und den zusätzlichen tieffrequenten Effekt-Kanal. Dieser steht übrigens hinter der Bezeichnung „.1“. Dolby Digital 5.0 beispielsweise bedeutet demzufolge L, C, R, Ls, Rs ohne zusätzlichen Effektkanal. Beim Dolby Digital Ex(tended)-Format wird aus den beiden Surroundkanälen ein Center-Surround generiert, der noch realistischere Klangumhüllung bietet. Aus Kompatibilitätsgründen zu Dolby Digital erhält dieser Center-Surround jedoch keinen eigenen diskreten Kanal.

Mit dem hier Vorgestellten besitzen Sie jetzt das nötige Rüstzeug, um für die nächsten Folgen unserer Surround-Serie gewappnet zu sein, denn im nächsten Teil werden wir die Elemente einer modernen Tonspur durchleuchten und erörtern, wie kreativ man in einer Surround-Mischung damit umgehen kann.

Goniometer mit Dolby Surround Codierung (links) und herkömmlicher Mix (rechts) Dolby SEU 4 (oben) Dolby SDU 4 (unten)



Kommentare


von  Professional audio am 20.07.2009
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