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Report Herbstrock Albumproduktion

Report Herbstrock Albumproduktion

Report Herbstrock Albumproduktion

Paul Wallner, Gitarrist und Produzent der Österreichischen Band Herbstrock bestellt einen entkoffeinierten Kaffee samt Eiswasser auf die idyllische Terrasse des Kölner Park Inn Hotels. „Ich trinke normalerweise richtigen Kaffee“, erklärt Wallner lachend. „Aber wenn man so viel unterwegs ist und sich 40.000 Kaffee am Tag reinhaut, ist das irgendwann zu viel.“ Nach einer kurzen Pause fügt er grinsend und mit leichtem Wiener Akzent hinzu: „Man geht entspannter durchs Leben, sag‘ ich Dir‘.“ Wie wir erfahren, hat die Band eine Support-Tour mit Christina Stürmer hinter sich und innerhalb von fünf Monaten das komplette Album geschrieben und produziert. Offensichtlich so erfolgreich, dass Sony Music die Band direkt unter Vertrag genommen hat. Etwas sommerliche Entspannung kann da also nicht schaden. Natürlich interessiert es uns brennend, wie das aktuelle Herbstrock-Album von der Pieke auf entstanden ist und wir wollen mehr über Wallners produktionstechnische Raffinessen erfahren. Zunächst hat sich die Band zur Vorproduktion zirka zwei bis drei Wochen ins Studio zurückgezogen.

In dieser Zeit wurden die Songs geschrieben und Skizzen aus Drum-Programmings, DI-Bass und -Gitarre sowie Grundsounds und Gesangslinien festgehalten. Auf diesem Weg entstanden sieben Nummern aus der eigenen Herbstrock-Feder. Für die restlichen Tracks konnte die Band zum einen Tobias Kuhn, den ehemaligen Frontmann der Band Miles und seinen Kollegen Sebastian Wehlings gewinnen. Kurzerhand wurden die Songwriter nach Wien eingeladen und zusammen mit der Band zwei Songs („Wenn ich nur wüsste wie“ und So ist es eben“) geschrieben. Außerdem hat Herbstrock mit Oliver Welter von Naked Lunch zusammen gearbeitet, der den Song „Klar“ beigesteuert hat. Der Kölner Tobias Röger, (ehemals ‘Wohlstandskinder‘, neuerdings ‚Ton‘), hat die beiden letzten Songs „Sag mir wie viel davon“ und „Auf, ab und dann“ zusammen mit Herbstrock erarbeitet. Mit der fertigen Vorproduktion auf der Festplatte ging es dann zur Schlagzeugaufnahme in die Wiener Cosmix Studios, für die Wallner, bevor er sein eigenes Studio bezog, jahrelang gearbeitet hat und von daher deren Aufnahmeraum und Equipment wie seine Westentasche kennt.

"Die bessere Hälfte" Herbstrock Albumcover

„Im Aufnahmeraum steht ein Ludwig Super Classic White aus den 1970-er Jahren, was topp in Schuss und immer gestimmt ist. Außerdem weiß ich, dass es sagenhaft klingt“, erklärt uns Wallner, der beim Drum-Recording gerne auf Altbewährtes zurückgreift und nichts dem Zufall überlässt. Bis auf die Raum- und Overhead-Mikrofone (GML 8304) kamen API 512 Vorverstärker zum Einsatz, die Wallner aufgrund ihres Klangs besonders für Schlagzeug-Aufnahmen schätzt. Wallner verliest bereitwillig die Mikrofonierung des Sets: „Für die Snare habe ich klassischer Weise zwei Shure SM57 von oben und unten verwendet. Die Bass-Drum habe ich mit einem AKG D-112 oder RE20 von Electrovoice (innen) und zusätzlich einem Neumann U47 zirka 40 Zentimeter vor dem Schallloch abgenommen.

Die Toms bekamen je ein Sennheiser MD-421 (oben) und ein Shure SM57 von unten. Die Overheads habe ich zunächst mit zwei AKG C-451 direkt mikrofoniert, also nahe an den Becken. Wir haben aber mit einer zweiten Overhead-Mikrofonierung gearbeitet. Conny Dix aus den Cosmix Studios probiert da immer allerhand aus und versucht dem Sound von Engineer-Legenden auf den Grund zu gehen. Also haben wir für das Herbstrock-Album die sogenannte Recorderman-Aufstellung (siehe Kasten) verwendet. Für diese Basis-Mikrofonierung kamen zwei Schoeps CMC6 MK4 zum Einsatz. Schlussendlich heben wir dann noch ein altes Neumann U47 als nahes Raummikrofon und ein U87 etwas weiter entfernt aufgestellt.“ Für die Bearbeitung der Drum-Spuren schwört der Pro Tools-Jünger auf den Beat-Detective. Mit diesem Tool lässt sich das Schlagzeug im Nachhinein quantisieren. „So gut kann der Schlagzeuger gar nicht sein, dass ich den Beat-Detective nicht verwende. Natürlich setzte ich die Quantisierung nicht auf hundert Prozent, sondern sehr dezent ein, um das Schlagzeug lediglich eine Spur tighter zu bekommen, die Natürlichkeit aber nicht zu verlieren. Gerade, wenn ich mit Programmings arbeite, bringt das alles noch etwas mehr zusammen. Im Mix werden dann Bass-Drum, Snare und Toms teilweise gegated und die beiden Haupt-Instrumente zusätzlich getriggert.

Wenn ich dann beim Mischen merke, dass ich bei irgendwelchen Frequenzen Probleme habe, dann nehme ich die getriggerten Schläge und belege sie mit Samples aus der Steven Slate Drums-Library“, erklärt Wallner und fügt begeistert hinzu: „Beide Daumen hoch für diese Samples.“ Wallner mischt seine Projekte komplett in der DAW. Dafür richtet er sich in Pro Tools eine virtuelle Konsole (siehe Screenshot) ein, wobei er jeden Kanal grundsätzlich mit einem Sony Oxford Equaliser, einer Bandsättigung (Reel Tape von Digidesign) und dem API 2500 Kompressor-Plug-in von Waves bestückt. Je nach Bedarf kommen dann noch andere Effekte dazu. „Für dieses Basis-Setup verwende ich die RTAS-Schnittstelle, um die DSP des Pro Tools-Systems zu schonen“, erklärt Wallner sein Vorgehen. „Außerdem“ fügt er an „sind gerade beim Schlagzeug unterschiedliche Latenzen tödlich, die ansonsten auftreten würden.“

Paul Wallner, Produzent und Gitarrist bei Herbstrock

Zusätzliche Effekte berechnet dann das Pro Tools-System. So hat Wallner genügen Ressourcen für weitere Effekte wie Hall oder Delays. Beim Schlagzeug, gerade für rockige Nummern, dickt Wallner die Stereo-Summe durch parallele Kompression (siehe Screenshot) an. „Durch die parallele Kompression klingen die Drums, als hätte der Schlagzeuger ein großes Eck fester gespielt“, erklärt Wallner. Mit einem Grinsen im Gesicht ergänzt er: „Ich mag, wenn es richtig nagelt, wie wir in Wien sagen.“ Für den Schlagzeug-Raum reicht in den meisten Fällen der natürliche Hall aus, den Wallner durch die Recorderman-Mikrofonierung und über die Raum-Mikrofon-Signale bekommt. Die Snare erhält meistens noch einen Plate-Effekt, der je nach Tempo des Songs nur in seiner Nachhallzeit verändert wird und bei allen Nummern auf dem Album gleich ist. Einen kleinen Trick hat Wallner noch auf Lager, um über die Panorama-Einstellung mehr Dynamik zu erzeugen: „Die Stereobreite für die Drums liegt bei 75 Prozent. Gitarren, Synthesizer-Sounds und Chöre stehen dann im Refrain wirklich auf 100 Prozent links und rechts im Panorama. Dadurch geht der Sound dann noch einmal mehr auf.“

Für die Bass- und Gitarrenaufnahmen mikrofoniert Wallner ein Stack, stellt ein Raum-Mikrofon auf und lässt immer parallel ein DI-Signal mitlaufen. Zunächst werden dann unterschiedliche Verstärker ausprobiert, um den richtigen Sound für den jeweiligen Song zu finden. Dann kann es los gehen. Für die weitere Verarbeitung der DI-Signale kommt der Sansamp von Tech21 zum Einsatz, der Wallner sowohl als Hard- als auch Software zur Verfügung steht. „Besonders beim Bass mag ich die Verzerrung des Sansamp sehr gerne“, erklärt Wallner. Das verzerrte Signal mischt er dann bei Bedarf der Mikrofon-Variante hinzu. Bei Gitarren setzt er alternativ auch auf das Guitar Rig von Native Instruments. Auch für den Bass-Sound im Mix hat Wallner eine Tipp parat: „Bei ein, zwei Nummern haben wir den Bass zusätzlich über einen Mesa Boogie Rectifier aufgenommen und gedoppelt. Diese Bass-Signale habe ich dann bearbeitet (siehe Screenshot) und stark im Panorama nach links und rechts gelegt. Das verleiht Gitarren im Refrain deutlich mehr Schub. Ich drehe ungern die unteren Mitten bei den Gitarren mit einem EQ herein.“

Auf die gesplitteten Signale kommt relativ viel Raum, sodass der Sound sich subtil zu den Gitarren mischt und diese zusätzlich anschiebt. Im Grunde verwendet Wallner drei Bass-Spuren: einen der beiden Mikrofon-Aufnahmen, das DI- und das Raum-Signal. Diese mischt er so zusammen, dass er sich jeweils die Frequenzbereiche eines Signals aussucht, die ihm am besten gefallen, den Rest filtert und mit Frequenzen eines der beiden anderen Signale auffüllt. Für mehr Fülle des Basses in der Strophe empfiehlt sich etwas mehr vom Raum-Mikrofon. Um den Bass etwas aggressiver zu bekommen, lohnt sich das Beimischen des, per Sansamp verzerrten, DI-Signals. Alle Bass-Signale laufen auf einem Summen-Bus zusammen. Für den Bass-Sound nimmt Wallner zusätzlich gerne das Tape-Saturation Tool (Tape Head) und den Kompressor (CT4) der Massey-Plug-ins, die der amerikanische Entwickler Steven M. Massey entwickelt und für relativ kleines Geld (70 bis 90 Dollar) anbietet.

Bassmikrofonierung

„Diese Plug-ins haben einen ganz eigenen Charakter und sind keine Hardware-Emulationen. Meinen Geschmack treffen sie sehr gut.“ Außerdem kommt der graphische API-Equalizer von Waves auf dem Bass-Bus zum Einsatz. „Ich booste dann die Bässe unterhalb 70 Hertz und gebe der Kick-Drum etwas Platz zwischen 70 und 100 Hertz“, erklärt Wallner „indem ich den Bass bei diesen Frequenzen ausdünne. Dadurch kommen sich Bass und Bass-Drum nicht in die Quere und greifen sehr schön ineinander. Ganz zum Schluss hebe ich die Frequenzen der Bass-Summe von einem bis 15 Kilohertz noch einmal deutlich an. Teilweise plus zehn Dezibel“, erklärt Wallner. „Wenn man den Bass alleine hören würde, wäre das wahrscheinlich zu scharf, aber wenn die Gitarren dazu kommen, ergibt sich ein insgesamt fetter Gitarrensound mit sattem Fundament.“

Bis auf die Stimme hat Wallner die Instrumente mit dem Mikrofon-Vorverstärker Daking Micpre IV aufgenommen. „Die haben meiner Meinung nach ein unschlagbares Preisleistungsverhältnis“, schwärmt Wallner. „Mir fehlt bei den API-Preamps manchmal der typisch mittige Neve-Boost, dafür bieten sie ein klasse Transientenverhalten. Die Daking-Preamps liegen für mich dazwischen. Sie haben das schöne Transientenverhalten der APIs und die kräftigen Mitten, wie man sie von Neve-Vorverstärkern kennt. Wenn es rocken muss, gibt es für mich nur Daking-Micpres.“ Die Gitarrenaufnahmen folgen grundsätzlich der Vorgehensweise für den Bass. Kompression und Sättigung kommen allerdings direkt auf der jeweiligen Spur dazu. Wichtig sind für Wallner Boxen mit Celestion 30-Speakern. Meistens kommen der Mesa Boogie Rectifier oder ein Marshall 800 zum Einsatz. Manchmal auch ein alter Fender Bassman, wie beim Song „Die bessere Hälfte“. Die Mikrofon-Wahl ist die gleich, wie für die Bass-Aufnahmen: Shure SM57, SM7 und das Brauner Valvet als Raum-Mikrofon. „Normalerweise würde man das Brauner wohl für Stimme verwenden. Ich nehme es – was Herr Brauner wohl besser nicht hören sollte – nie für Gesang sondern ganz häufig als Raum-Mikrofon. Es ist mit Abstand die beste Kugel, die ich habe und klingt für diesen Zweck großartig.“

Ein DI-Signal lässt Wallner auch bei den Gitarrenaufnahmen mitlaufen und baut sich aus den unterschiedlichen Spuren, wie bei den Bass-Aufnahmen den Sound zusammen. „Häufig war es bei den Gitarrenaufnahmen aber das SM57-Signal“, gesteht Wallner „gepaart mit dem jeweiligen Sound aus dem Sansamp oder Guitar Rig, der auch schon bei der Vorproduktion gefallen hat.“ Wallner filtert Frequenzen unter 100 Hertz und oberhalb von 12 Kilohertz raus – zumindest bei den Rhythmusgitarren, damit sich der Gesang durch den stärkeren Höhenanteil gut durchsetzen kann. „Bei Solo-Gitarren gebe ich meistens ein wenig mehr Höhen dazu, damit sie offener und präsenter klingen“, ergänzt Wallner. „Ich komprimiere sehr viel und extrem stark. Dabei ersetzt der Kompressor häufig den Equalizer, da ich durch die richtig eingesetzte Kompression, bestimmte Frequenzbereiche featuren kann“, verrät uns der Produzent. Wallner mag einen In-your-face-Sound, den er dadurch erreicht, dass er die Kompressoren mit relativ langen Attack- und kurzen Release-Zeiten einstellt. Bevor es dann mit den Vokal-Aufnahmen weiter ging, kamen noch ein paar Synthesizer und Sounds dazu, die meistens noch aus der Vorproduktion stammten.

Hochwertiges Frontend bei Herbstrock

„Da wir zu dem Zeitpunkt bereits wussten, dass es mit der Produktion zeitlich eng werden würde, haben wir Wolfgang Schlögl von den Sofa Surfers gefragt, ob er nicht ein paar Programmings und Sound-Effekte für uns machen möchte. Die Zusammenarbeit hat super funktioniert und am Ende haben wir es auch ihm zu verdanken, dass das Album einen sehr modernen und lässigen Sound bekommen hat.“ Für die Gesangsaufnahmen ist dann Wallner einen sehr unkonventionellen Weg gegangen: „Wir haben einen Versuch gestartet und in meinem Aufnahmeraum ein kleines Pro Tools System installiert und der Sängerin Anna Müller einen Recording-Crash-Kurs gegeben. Dann hat sie völlig autark die Songs aufgenommen. Ich habe ihr am Anfang alles Wichtige eingestellt und den Rest hat sie alleine gemacht. Das hat super funktioniert. Sie konnte ganz in Ruhe jeden Song so oft singen, bis er ihr wirklich gefiel. Anna wusste sehr genau, wie es am Ende klingen soll. Deswegen, war das eine wirklich gute Alternative für die Gesangsaufnahmen.“

Wallner hat für den Gesang das Mouse des amerikanischen Herstellers Blue Microphones und den Avalon Channelstrip 737 (Test in 8/2007) verwendet. „Das Mikrofon schaut tatsächlich aus wie eine Maus“, lacht Wallner. „Es hat eine schwenkbare Kapsel, ist relativ günstig – rund 1.200 Euro – und die Stimme kommt da so raus, wie ich sie haben will. Ich muss nichts mehr filtern – aufnehmen und fertig. Es hat durchsetzungsfähige Höhen, kompakte Mitten und tighte Bässe. Alles, was ich für die Vocals brauche.“ Die Besonderheit des Avalon-Channelstrips ist es, dass der Equalizer bis 32 Kilohertz reicht. Das nutzt Wallner gerne und hebt die Höhen in diesem Bereich um acht bis zehn Dezibel an, was die Zischlaute nicht verstärkt, aber eine subtile Luftigkeit hinzufügt und die Stimme offener und größer erscheinen lässt. „Beim Mischen“, erklärt uns Wallner „komprimiere ich die Stimme mehrfach und sehr extrem (siehe Screenshot) und gebe außerdem eine Menge Bandsättigung hinzu.“ Um noch mehr Plug-ins einfügen zu können, schickt Wallner das Vocal-Signal noch auf einen Aux-Weg. Hier befindet sich zusätzlich ein De-Esser und der graphische API-Equalizer um die unteren Mitten – diese klingen durch die Kompression etwas zu präsent – bei 200 Hertz leicht abzusenken.

„Dadurch bekomme ich eine sehr kompakte Stimme, die, wenn ich will, immer vorne steht, dabei aber eigentlich nicht komprimiert klingt.Problematisch sind die Atemgeräusche, die natürlich durch die Kompression sehr extrem in den Vordergrund rücken. Wallner macht sich aber die Mühe, jeden Atmer einzeln, um rund acht Dezibel abzusenken, weil sie sonst im Mix zu laut wären. „Gerne setze ich auch Melodyne ein wenig zur Pitch-Korrektur der Stimme ein“, erklärt Wallner, der es eben gerne immer ein bisschen genauer hat. „Nachdem ich die Stimme durch Melodyne geschickt habe, setzt sie sich im Mix besser durch. Chöre und Backings nimmt Wallner gerne mit einem anderen Mikrofon (Shure SM7) auf, damit sich die Stimmen nicht mit den Lead-Vocals in die Quere kommen. Die werden etwas stärker tonkorrigiert, ein Low-Cut bis 400 Hertz eingesetzt, stark komprimiert und mit Hall bei kurzem Pre-Delay in den Hintergrund gerückt.

Höhen- und Bassbeschneidung per EQ für die Schlagzeugkompression

Apropos Hall: Es gibt zwei Reverb-Plug-ins, die Wallner gerne verwendet. Entweder den Sony Oxford Reverb oder den Hall aus dem Antology II-Bundle von Eventide. Den D-Verb aus Pro Tools zieht er gerne für heftige Effekt-Sounds heran. Bei Gitarren kommen auch viele Plates zum Einsatz. „Wenn ich eine Gitarre nur auf einer Seite habe, dann schicke ich sie in einen Hall, der dann nur auf der anderen Seite vorkommt. Das ist ein bisschen der U2-Sound. Die Gitarre klingt sehr laut, fügt sich trotzdem gut ein und es bleibt viel Platz im Mix. Die Stimme bekommt ihren eigenen Hall und meistens von allen anderen Räumen ein bisschen ab. Deswegen brauche ich auf der Vocal-Spur auch immer am meisten Aux-Wege. Der Einsatz von Hall ist ein sehr komplexes Thema. Wichtig aber ist die richtige Einstellung des Pre-Delays, also der ersten Reflektionen. Bei den Lead-Vocals ist es länger, um die Stimme sehr nah zu haben aber trotzdem den großen Raum zu bekommen. Instrumente oder Sounds, wie Chöre oder Backings, die weiter hinten im Mix stattfinden bekommen dann natürlich ein kurzes oder gar kein Pre-Delay.“

Ein sehr wichtiges Element beim Mix ist die Automation der Lautstärken. „Seit ich das begriffen habe“, erklärt Wallner „sind meine Mischungen um 100 Prozent besser geworden. Ich frage mich, warum mir das nicht früher schon jemand verraten hat. Man kann mir alle EQs, Kompressoren und Effekte wegnehmen“ erklärt Wallner lachend „man lasse mir aber die Möglichkeit der Automation. Dadurch erzeuge ich die Dynamik, die durch die Kompression teilweise verloren geht. Ich bekomme dann einen aggressiven In-your-face-Sound, der trotzdem eine Dramaturgie und Lebendigkeit hat.“ Wallner ist ein Mann der Maus, und zeichnet die Automation entweder on-the-fly ein, wenn etwas mehr Human-Touch gefragt ist oder lässt eine Strophe oder Refrain im Loop laufen und führt solange Lautstärken-Anpassungen durch, bis es passt.

Am Ende fügt Wallner auf die Stereo-Summe des gesamten Mixes noch einen Low-Cut-Filter bei 20 Hertz ein. Kompressor und Limiter nimmt er nur, um hören zu können, wie der Mix am Ende ungefähr auf CD klingt, lässt sie beim finalen Mix aber fürs endgültige Mastering, dass er bei Robin Schmidt in den 24-96 Studios anfertigen lässt, außen vor.“ „Das ist die lange Geschichte dieser Produktion“, sagt Paul Wallner zum Schluss unseres Gesprächs und ergänzt lachend: „Jetzt tut mir mein Hals schon weh vom vielen Reden.“ Am Abend spielen Herbstrock im Kölner Hard Rock Café und am nächsten Tag geht’s für ein Interview bei Viva nach Berlin und dann wieder zurück nach Wien. Spätestens dort gibt es für den Wiener dann aber mit Sicherheit auch wieder einen richtigen Kaffee.

Kompressor-Plug-in CT4, Waves API 2500 und Reel Tape Saturation

Die Recorderman-Technik ist ein Stereo-Aufnahmeverfahren für Schlagzeug. Dabei ist das erste Mikrofon senkrecht nach unten gerichtet über dem Snare-Mittelpunkt installiert. Der Abstand beträgt ungefähr zwei Schlagzeugstock-Längen. Um die richtige Position für das zweite Mikrofon zu finden, empfiehlt es sich, ein Stück Schnur zur Hand zu nehmen. Jetzt befestigt man das eine Ende am Mittelpunkt des Snare-Fells und spannt dann die Schnur bis vor die Membran des ersten Mikrofons und markiert diese Stelle mit einem Stück Gaffa-Band. Jetzt wird die Schnur von dieser Position aus an die Stelle geführt, wo der Klöppel der Fußmaschine auf das Bass-Drum-Fell trifft und auch dort befestigt. Die markierte Stelle vor der Mikrofonkapsel wird jetzt bei gespannter Schnur über die rechte Schulter des Drummers bewegt. Die Abstände der beiden Kapseln zu Bass-Drum und Snare sind identisch, so dass es zwischen diesen beiden Instrumenten keine Laufzeitunterschiede gibt und sie sich deshalb fix in der Mitte des Stereo-Panoramas befinden. Toms, Hi-Hat und Becken bauen sich durch die differierenden Laufzeitunterschiede (unterschiedliche Entfernung zu den Mikrofonen) rundherum im Panorama auf. Jetzt müssen nur noch beide Kanäle im Panorama nach links und rechts gedreht und im Pegel angeglichen werden.

Die Recorderman-Mikrofonierung liefert ein ausgewogenes Stereobild des Drum-Sets.



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von  Professional audio am 19.08.2009
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