Cookie Consent by Free Privacy Policy Generator website
MyOwnMusic

Magazin

Technik Abtastraten Teil 3

Technik Abtastraten Teil 3

Technik Abtastraten Teil 3

Abtastrate, Samplingrate, DSD, SACD, 192kHz, 96kHz, Koschnicke,

Technik Abtastraten Teil 3

Einige Rückmeldungen auf den in den Heften 09 und 10 abgedruckten Artikel haben weiteren Erklärungsbedarf gezeigt. Manche „Signaltheoretiker“ weigern sich scheinbar, meiner Argumentation gedanklich zu folgen. Dies ist durchaus verständlich, weil ich ihrer Entwicklungsrichtung der letzten Jahrzehnte genau genommen natürlich das Fundament unter den Füßen weg ziehe und damit den gesamten Industrie- und Rundfunkstandard in Frage stelle, aber deshalb kann ich die Realitäten nicht verbiegen. Die digitale Abtastung gemäß der Herren Nyquist und Shannon benötigt als hinreichende Bedingung eine Abtastrate, die mindestens doppelt so hoch wie die maximale im Nutzsignal vorkommende Frequenz ist. Dies muss unbedingt erfüllt werden, sonst stimmen alle daraus abgeleiteten Verfahren nicht. Diese Rahmenbedingung wird aber seit Erfindung der CD nicht beachtet oder vielmehr „zurecht gebogen“, indem das Musiksignal mit einer technischen Apparatur, konkret einem Aliasingfilter, vor der Digitalisierung willkürlich beschnitten wird. Willkürlich deshalb, weil die gesetzte Grenze von 22,05 Kilohertz beziehungsweise 24 Kilohertz, wie in meinem Artikel bereits gezeigt, keinerlei Rechtfertigung findet, weder seitens des menschlichen Hörsinns, noch seitens des Nutzsignals Musik. Die Anfangsbedingung wird somit nicht erfüllt und darin liegt also der Knackpunkt. Der aufmerksame Leser meines Artikels weiß es natürlich längst: Bereits vor der Digitalisierung verliert man durch die Bandbegrenzung Auflösungsvermögen im Zeitbereich. Wer das Gegenteil beweisen kann, hat den nächsten Nobelpreis für Physik übrigens bereits in der Tasche. Bilder sagen jedoch meist mehr als tausend Worte und deshalb will ich einige ohnehin geplante Ergänzungen liefern, die deutlich machen, wie grandios sinnfrei die – mir natürlich hinlänglich bekannte Argumentation – mit der „Phasengenauigkeit“ ist. Die Frage nach der erforderlichen Zeitauflösung bei digitaler Signalverarbeitung während der Produktion muss nochmals anders gestellt werden als bei reiner Aufzeichnung und Wiedergabe. Denn sobald zum Beispiel viele Einzelsignale auf wenige Ausgangssignale zusammen gemischt werden, ergibt sich durch begrenzte Zeitauflösung ein unpräzises Summensignal.

Ralf Koschnicke Acousence Records

Die musikalische Überlegenheit analoger Mischpulte im Vergleich zu den digitalen Pendants ist unter Audioprofis mittlerweile kein Geheimnis mehr, was ich in den Abbildungen 1 und 2 verdeutlichen möchte. Die Darstellung bei 192 Kilohertz soll dabei exemplarisch für die analogen Verhältnisse stehen. Grund: Das 192 Kilohertz-Digitalsignal lässt sich schlicht leichter grafisch darstellen als ein tatsächlich analoges. Das Testsignal – ein Impuls – wurde zwecks Nähe zur Realität in seiner Bandbreite auf 45 Kilohertz begrenzt. Laut Abtasttheorem kann ein Signal auf einem Übertragungskanal zeitlich beliebig genau positioniert werden. Die zeitliche Position der beiden Impulse beim Downsampling auf eine niedrigere Abtastrate bleibt erhalten (Abbildung 1), wenngleich die Präzision angesichts der Impulsverbreiterung eigentlich schon recht eingeschränkt ist. Berücksichtigt man noch die Diagramme von Mike Story aus dem zweiten Teil des Artikels bezüglich Spreizung des Energieinhalts, stellt sich unweigerlich die Frage, was die sogenannte „beliebig genaue“ Darstellung der Lage des Signals überhaupt noch nutzt, wenn die Ausdehnung des Signals um etliche Größenordnungen größer geworden ist. Zugegeben, selbst wenn das Signal verbreitert wurde, das Maximum ist nach dem Upsampling immer noch am gleichen Ort.

Im Beispiel mit Downsampling auf 96 Kilohertz (Abbildung 2) erkennt man jetzt, dass die digitale Aufzeichnung deutlich genauer arbeitet und tatsächlich das Eingangssignal 1:1 wieder hergestellt wird, weil die Abtastrate 96 Kilohertz die Übertragung aller im Nutzsignal enthaltenen Frequenzanteile zulässt und somit das Abtasttheorem schlicht korrekt angewendet ist. Soweit die Theorie mit der beliebigen Genauigkeit aus dem Abtasttheorem.

Obwohl es in meinen bisherigen Betrachtungen zunächst ganz grundsätzlich um das Auflösungsvermögen eines einzelnen Übertragungskanals geht, zeige ich oben dennoch zwei Übertragungskanäle, um im 48 Kilohertz-Beispiel überhaupt noch etwas erkennen zu können. Denn wenn beide Signale in ein Mono-Signal überführt, also summiert respektive mathematisch addiert werden, ist zu erkennen, wie durch die geringe Zeitauflösung der digitalen Mischung bei 48 Kilohertz (Abbildung 3) die beiden Signale miteinander verschmelzen und nach dem Upsampling nicht mehr zu trennen sind. Das wiederum zeigt gleichsam deutlich die Limitierung des Auflösungsvermögens eines Übertragungskanals durch die Begrenzung der Übertragungsbandbreite. Die bei 192 Kilohertz gebildete Summe (Abbildung 4) zeigt noch zwei getrennte Signale und damit kann ein digitaler Übertragungskanal mit 192 Kilohertz Abtastrate deutlich genauer die Struktur des Nutzsignals übertragen als einer bei 48 Kilohertz.

Abbildungen 1 und 2

Digitale Aufzeichnung bei 48 bzw. 96 kHz

Zum Thema digitales Mischen möchte ich zudem einen zusätzlichen Denkanstoß an alle Signaltheoretiker liefern: Im Abtasttheorem wird von der Rekonstruktion des digitalen Signals aus zeitdiskreten Werten ausgegangen. Dass heißt, wir haben eine Anzahl von Meßpunkten auf Basis derer der DA-Wandler eine Wellenform durch Interpolation rekonstruieren soll. Diese zur Rekonstruktion zu benutzenden Messwerte/-punkte weisen wie bei jeder Messapparatur Fehler auf. Es treten unvermeidbare Fehler in der technischen Umsetzung der AD-Wandlung auf und bei zu niedriger Abtastrate kommen schließlich Zeitfehler aufgrund von Bandbegrenzung hinzu. Beim Addieren vieler digitaler Werte vor der DA-Wandlung muss auch jeder Fehlerbereich jedes einzelnen Wertes gemäß Fehlerfortpflanzungs-Gesetz addiert werden. Die Summe der digitalen Werte besitzt folglich einen größeren Fehlerbereich als jeder Einzelwert für sich und somit greift ein DA-Wandler am Ausgang eines digitalen Mischpults bei der Rekonstruktion des Signalverlaufs auf Messwerte zurück, die mit deutlich höheren Fehlern behaftet sind als die Messwerte eines jeden einzelnen Kanals. Salopp ausgedrückt, der DA-Wandler am Ausgang eines digitalen Mischpults schätzt den originären Verlauf mehr, als das er ihn rekonstruiert. Gestützt wird diese These wieder einmal von der praktischen Erfahrung.

Im letzten Artikel gab es einen kleinen Seitenhieb in Richtung SACD, weil dort der für Musiksignale nutzbare Frequenzbereich zwar nicht durch Filter, stattdessen aber durch das systemimmanente Hochfrequenzrauschen begrenzt wird. Inzwischen gibt es meinerseits jedoch neue Erkenntnisse, die ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen möchte:

Bei Acousence haben wir bisher keine SACDs produziert, weil uns das musikalische Ergebnis bei vielen SACDs und eigenen Versuchen mit DSD nicht überzeugte, ganz zu schweigen von einer seltsamen Klangfärbung und Unnatürlichkeit in den Klangstrukturen. Dennoch gibt es einige Gründe, die für dieses Medium sprechen. Durch tatkräftige Unterstützung von Adebar Acoustics, dem deutschen Vertrieb des Herstellers EMM Labs, habe ich die Gelegenheit zu neuen Experimenten erhalten und sie auf Basis meiner hier erläuterten Ergebnisse durchgeführt. Ziel war es, wenn schon nicht vermeidbar, möglichst die gesamte Bandbreite des Nutzsignals frei von HF-Rauschen zu halten. Ein DSD-Signal kann dabei höher als ein herkömmliches PCM-Signal ausgesteuert werden. Es gibt keine feste Grenze wie die 0dBfs-Marke bei PCM-Audio und der EMM Labs Konverter besitzt sogar passend eine umschaltbare Eingangsempfindlichkeit, wodurch sich in Stellung HI etwa acht Dezibel mehr Pegel auf den AD-Wandler geben lassen, was gerade noch innerhalb des Bereichs der erlaubten +3,15 dBsacd und auch ohne hörbare Verzerrungen bleibt.

Abbildungen 3 und 4

Digitale Aufzeichnung bei 48 bzw. 192 kHz

In Abbildung fünf ist eine Musikpassage zu sehen, die zwecks grafischer Darstellung in 24 Bit und 192 Kilohertz PCM digitalisiert ist, aber zuvor über die AD/DA-Strecke in 64fs-DSD geschickt wurde. Der Messbereich ist dabei auf -90 dB = Schwarz kalibriert. Die abgebildete Passage zeigt übrigens den furiosen Kampf Siegfrieds mit dem Drachen aus unserer Produktion „Der symphonische Ring“. Zu sehen ist, dass durch den höheren Eingangspegel selbst die hohen Frequenzanteile vom Rauschen weitgehend unbeeinträchtigt sind und insgesamt ein akustisch eindrucksvolles Ergebnis liefern. Die so unscheinbar anmutenden acht Dezibel verändern den Klang und die zeitliche Genauigkeit immens. Während sich bei der SACD ebenso wie in der hochauflösenden 24/192 PCM-Fassung (Abbildungen sechs und sieben) die Urgewalten so richtig entfalten können, geht bei der „herkömmlich gemasterten“ DSD-Fassung (Abbildung fünf) der Klang mit steigendem Lautstärkepegel nicht so recht auf und die hier durchaus gewollte volle Brutalität kann sich nicht entfalten. Stattdessen wird der Klang, in dem Maße wie die Komplexität der Obertonmischung zunimmt, immer kleiner und kleiner und verwaschener. Man kann förmlich hören, wie die im Hochfrequenzanteil liegende Feinstruktur im Rauschen sozusagen absäuft. Dieses experimentell gefundene Ergebnis werte ich deshalb als weiteres Indiz für die zentrale Bedeutung der Frequenzbandbreite im Zusammenhang mit einer adäquaten Musikübertragung. Denn wie eine Bandbegrenzung erfolgt, Filter oder Rauschen, ist anscheinend nebensächlich. Wichtig ist stattdessen: Alle im Nutzsignal enthaltene Information muss unbedingt übertragen werden.

Abbidlungen 5, 6 und 7 (von oben)

Frequenzspektrum von SACD und PCM



Kommentare


von  Professional audio am 20.11.2009
Aufrufe  2604



Anzeige


Weitere interessante Artikel