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Workshop Mehrklangwerkstatt Teil 2 Gitarren-Recording

Workshop Mehrklangwerkstatt Teil 2 Gitarren-Recording

Workshop Mehrklangwerkstatt Teil 2 Gitarren-Recording

Workshop: Die Mehrklangwerkstatt Teil 2: Recording E-Gitarre und E-Bass

Bevor wir uns mit den Grundlagen und Feinheiten der professionellen E-Gitarre-/E-Bass-Aufnahme widmen, möchte ich Ihnen, wie in der letzten Folge „Recording Drums“ (siehe Ausgabe 4/2012) versprochen, noch einige praxiserprobte Tipps zur Schlagzeug-Aufnahme nachliefern, damit unsere Rhythmus-Gruppe auch auf einem soliden Fundament steht. Wir haben uns bereits eingehend mit der Positionierung der Mikrofone befasst, jetzt ist es an der Zeit aufzunehmen. Sobald die Mikrofone positioniert sind, werden Sie den Drummer bitten zu spielen, damit Sie die Signale einpegeln können, diese auf die entsprechenden Spuren in Ihrem Sequenzer routen und sich um einen vernünftigen Monitorsound kümmern können. Der Soundcheck ist eine wichtige Vorstufe für die gelungene Aufnahme und ich möchte Ihnen einige Tipps aus meiner Praxis geben, um diese Phase möglichst produktiv zu gestalten: Bevor Sie den Drummer bitten zu spielen, checken Sie, ob sein Kopfhörer und Ihr Talkback funktionieren. Nichts ist wichtiger, als von Anfang an richtig kommunizieren zu können. Als Kopfhörer sollten Sie ein geschlossenes Modell wählen. Idealerweise lassen Sie ihn bereits zum Click- oder Guidetrack spielen. So nutzen Sie die Zeit, um den Drummer warm spielen zu lassen und etwaige Timingprobleme aufzudecken. Wenn Sie möchten, starten Sie direkt die Aufnahme, vielleicht spielt der Drummer schon jetzt großartig. In jedem Fall können Sie ihm direkt über Ihre Abhöre das Klangergebnis präsentieren. Lassen Sie den Drummer von Anfang statt Einzelschlägen einen Bass-Drum/Snare/Hi-Hat-Groove spielen, idealerweise bereits einen Rhythmus, der später aufgezeichnet wird. So wird dem Schlagzeuger nicht langweilig, außerdem spielt er mit dem zum Stück passenden Ausdruck und Dynamik, was Zeit beim Einpegeln spart und Ihnen ermöglicht, den Sound passend zum späteren Song einzustellen. Ein weiterer schöner Nebeneffekt: Sie können so auch überprüfen, inwieweit es zu Übersprechungen kommt und entsprechende Anpassungen vornehmen. Bitten Sie den Drummer dann, noch die Toms und Becken in seinen Groove zu integrieren, um alle Sounds durchzugehen. Tom-Schläge können Sie auch losgelöst vom Groove spielen lassen. Falls nötig, können Sie durch „Mikrofon-Phasing“ den Sound noch verfeinern. Hierzu brauchen Sie die Hilfe eines Dritten, der während der Schlagzeuger spielt, nach Ihren Anweisungen einzelne Mikrofone noch minimal nachjustiert. So finden Sie sehr schnell die klangentscheidenden Sweet Spots für jedes Mikrofon.

Profis bevorzugen heute das Flat-Recording, also die Aufnahme ohne weitere Effekte, um Fehler bei der Ausnahme auszuschließen und später im Mix die volle Kontrolle zu haben. Ich selbst sehe es weniger dogmatisch: Ich mache schon bei der Aufnahme soviel wie möglich, damit wir – der Musiker und ich – den bestmöglichen Sound hören.

Ich werde Ihnen aber keine EQ-/Filter-Presets liefern. Sie wissen selbst, wie wenig man auf solche scheinbaren Allheilmittel geben kann. Dennoch sollten Sie beachten, dass bei Drumsounds grundsätzlich drei Frequenzbereiche relevant sind. Im Grundtonbereich, der bei einer Bass-Drum auch mal bei 60 Hertz, bei Toms und Snare auch noch oberhalb 200 Hertz liegen kann, sorgt eine Anhebung für Körperlichkeit und Druck. Filtern sie aber nicht zu schmalbandig, es sei denn, Sie möchten sehr tonal klingende Sounds. Im unteren Mittenbereich, etwa zwischen 200 und 800Hertz, überlagern sich viele Sounds und es lässt sich bereits bei der Aufnahme etwas Platz schaffen. In diesem Bereich verbergen sich auch die Kesselresonanzen, die ebenso bereits im Recording minimierbar sind. Oberhalb eines Kilohertz sind wir im Präsenzbereich. Durch gezielte Anhebung lässt sich einer Bass-Drum zu mehr Kick verhelfen, oder einer Snare mehr Attack geben. Sollten Sie Probleme mit einem zu aggressiven Oberton in der Snare haben, empfehle ich Ihnen nur bedingt den Einsatz von EQ. Selbst wenn Sie die Frequenz sehr schmalbandig herausziehen, meist verliert die Snare dadurch unheimlich an Durchsetzungskraft und wird matt. Leichte Anhebung in den Höhen können die Signale öffnen und den buchstäblichen Vorhang von der Aufnahme nehmen. Seien Sie sich aber bewusst, dass eine Minimierung von Höhen im Mix durchaus schwieriger ist, als in der Mischung die hohen Frequenzen anzuheben. Generell sollten Sie nie das Wesentliche aus den Augen verlieren: Ein guter Drumsound ist die Summe der Einzelsignale. Dies bedeutet: Hören Sie sich Signale nicht nur isoliert, sondern immer im Kontext an. Eine solo abgehörte Bass-Drum kann alleine betrachtet unscheinbar erscheinen, zusammen mit allen anderen Spuren kann sich sehr wohl ein stimmiger Gesamt-Sound ergeben.

Kompressoren sind bei der Drum-Aufnahme oftmals wichtiger. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, den Sound schon zu Anfang zu formen. Mittels einer sinnvoll gewählten und nicht zu kurzen Attack-Zeit bei moderatem Release können Sie die Transienten, also den Attack herausarbeiten, was insbesondere bei einer Snare oder müden Toms oft nötig ist. Bei schnellerer Attack-Zeit werden Signale weicher und mit geschickter Release-Zeit verlängern Sie die Ausschwingphase. Einer zu kurzen Bassdrum oder Tom lässt sich so etwas mehr Fundament geben. Raum- und Effektsignale profitieren von eher heftigen Eingriffen mit Kompressoren. Ziel ist es, den Raumeindruck noch weiter zu verdichten. Hier sind hohe Ratios, schnelle Attack-Zeiten und eine Release-Zeit, welche die Gainreduction im Songtempo zurückschnellen lässt, gute Ausgangswerte. Grundsätzlich gilt dabei: Was ich im Recording bereits mache, gibt mir die Sicherheit, dass der Wunsch-Sound da ist. Es ist von vorneherein ausgeschlossen, dass ich beim Mixdown partout nicht zu meiner Soundvorstellung finde, weil die Mikrofone bei der Aufnahme nicht perfekt standen oder ein Signal auf Kompressor oder EQ nicht so reagiert, wie ich es erwartet hatte.

Sie können beim Recording auch weitere Effekte verwenden, wenngleich Sie diese non-destruktiv als Plugin oder mittels eines Outboardgeräts erzielen sollten. Beispielsweise kann etwas Snare-Hall mit einem mittleren Plate-Algorithmus eine sinnvolle Ergänzung sein. Seien Sie kreativ bei Ihrer Drum-Aufnahme, besonders bei Pop- und Rockmusik. Ein Snare-Mikrofon, das in einen Gitarrenverzerrer oder Amp eingesteckt ist, erzeugt einen herrlich trashigen Sound, gut geeignet für C-Parts oder Industrialsounds. Ähnliches erzielen Sie beispielsweise, wenn Sie ein kleines (altes) Becken auf die Snare legen, und den Schlagzeuger bitten, auf dieses zu schlagen. Ein neuer, wenngleich sehr alter Trend, ist ein Sub-Bass-Mikrofon. Dies gibt es inzwischen auch fertig konfektioniert im Handel, prinzipiell ist dies schlichtweg ein Acht- oder Zehn-Zoll-Lautsprecher, der als Mikrofon umfunktioniert und vor die Bass-Drum gestellt wird. Dieser erzeugt in Kombination mit klassischen Mikrofonierungen einen enormen aber kontrollierten Schub. Ein ähnliches Konzept lässt sich mit einer Mono-Ambience erzielen. Hierbei wird ein Kugelmikrofon in einigen Metern Abstand auf Höhe des oberen Bass-Drumkesselrands aufgestellt, um mehr tieffrequente Anteile einzufangen. Dies lässt sich auch mit einem Tunnel kombinieren, in dem zum Beispiel eine schwere Decke über die Bassdrum gelegt wird, um diese künstlich zu verlängern, und mit dem darin gewonnen Druckstau mehr Bassanteile einzufangen. Interessant ist auch ein sogenanntes TrashMikrofon. Allerdings benötigen Sie einen Urei 1176 im All-Button-Mode. Die damit gewonnene, sehr unkontrollierte und verzerrte Kompression kombiniert mit einem günstigen dynamischem Mikrofon erzeugt eine Effektspur, mit der man cleanen Aufnahmen den nötigen Schmutz verleihen kann, oder ganze Songpassagen im LoFi-Gewand erstrahlen. Triggermikrofone können ebenso angebracht und aufgezeichnet werden. Sie sehen also: Die Drum-Aufnahme ist eine Spielwiese für Kreative, die eigenkreativ Klangrezepte entwickeln wollen.

Eine E-Bass- oder E-Gitarren-Aufnahme ist „eine Kette von Nonlinearitäten“. Dieses Zitat habe ich während meiner Assistenzzeit aufgeschnappt und es hat nach wie vor Gültigkeit: Die eingesetzten Instrumente und ihr vergleichsweise beschnittenes Frequenzspektrum, die Einfachheit der Tonabnehmersysteme, der Widerstand der Instrumentenkabel, die „veraltet“ wirkende Verstärkertechnik, dynamische Mikrofone jenseits von linearen Frequenzgängen und noch einiges mehr prägen den Klang entscheidend. Dabei spielt Natürlichkeit absolut keine Rolle. Vielmehr sind unserer mehr oder weniger konkreten Vorstellungen von einem „guten Gitarrensound“ durch die ganz eigene Klangästhetik geprägt, für die in erster Linie die Pop- und Rockmusik der 1960er-Jahre stil- und gehörbildend gewesen ist. Deswegen werden Sie im Folgenden jede Menge Tipps für richtig coole Gitarren- und Bass-Sounds bekommen, wobei gerade unkonventionelle, alternative Wege nach meiner Erfahrung zum Ziel führen.

Wie immer gilt: Das Instrument muss für die Aufnahme bestmöglich vorbereitet sein. Neue Saiten aufzuziehen ist grundsätzlich empfehlenswert, da diese höhenreicher und damit farbiger klingen. Allerdings sollte ein neuer Satz vor der Session bereits eingespielt sein, um stimmstabiler und ausgewogener im Klang zu sein. Überhaupt Tuning ist bei Saiteninstrumenten immer ein Thema und es ist unerlässlich, die Stimmung ständig zu kontrollieren und eventuell nach zu stimmen.

Multimikrofonierung einer 2x12er-Box.

Sehr wichtig: Es sollte immer nach ein und demselben Referenzton gestimmt werden, außerdem empfiehlt es sich, dass bei Ensembles alle Musiker dasselbe Stimmgerät nehmen, da die Anzeige der verschiedenen Tuner oft untereinander so stark abweichen kann, dass die Instrumente zwar in sich, aber nicht zueinander hundertprozentig in Stimmung sind. Beachten Sie, dass es im Tonstudio viele Quellen, die auf die Tonabnehmer der Instrumente einstreuen können: Lautsprecher, Bildschirme, Stromleitungen und so weiter. Deshalb ist es wichtig, den Gitarristen an eine optimale Position im Studio zu setzen oder zu stellen. Oftmals reicht es schon, wenn er sich um die eigene Achse dreht, oder man den Gitarrenverstärker an einen anderen Stromkreislauf anschließt. Ebenso sollte, um Einstreuungen zu verhindern, das Gitarrenkabel so kurz wie möglich gewählt werden: Da ein unsymmetrisches Instrumentenkabel wie eine Antenne arbeitet, erhält man über den Gitarrenverstärker sehr schnell auch besten Radioempfang, der nicht nur aus GEMA-rechtlichen Gründen auf der Aufnahme nichts zu suchen hat. E-Bässe sind häufiger als E-Gitarren mit aktiven Tonabnehmersystemen ausgestattet, die über Batterie mit Strom versorgt werden. Die aktive Elektronik erzeugt ein ausgewogeneres Frequenzbild mit einem klareren Klang, außerdem sind Aktiv-Tonabnehmer einstreuungsresistent und es bedarf nicht zwingend eines kurzen Kabels.

Röhrenverstärker sind immer noch Standard bei Gitarristen. Sie brauchen aber einige Zeit, bis sie auf Betriebstemperatur sind – deswegen vor dem Recording den Verstärkern einige Zeit geben, um warm zu werden. Nach dem Ausschalten und vor dem erneuten Einschalten den Amp unbedingt abkühlen lassen, anderenfalls können die Röhren Schaden nehmen.

Sogennante Modelling Amps, die rein digital analoge Schaltungen emulieren, sind inzwischen sehr beliebt, da sie eine Vielzahl von aufwändigen Rigs (Amps plus Effekte) nachbilden und inzwischen auch klanglich überzeugen können. Es spricht also nichts dagegen, Digital-Verstärker für eine Produktion einzusetzen. Grundsätzlich leisten auch Plug-ins für wenig Geld Erstaunliches, haben allerdings meiner Meinung nach im Recording zwei wesentliche Nachteile: Sie wissen bereits von der letzten Folge, dass der Sound bei der Aufnahme entsteht – Plug-ins erzeugen aber keinen Sound, sie verändern lediglich den aufgenommen Klang. Letztendlich habe ich als aufgenommene Spur somit nur den nackten, unbearbeiteten Sound abgespeichert. Wer hier vergisst, Plug-ins später in die Spuren einzurechnen, könnte einige Jahren später, wenn die Software aus Updategründen längst nicht mehr unterstützt wird, buchstäblich mit der nackten Realität konfrontiert werden. Noch problematischer sind nach meiner Erfahrung die unvermeidbaren Latenz – auch bei bester Rechner-Performance. Auch wenn es nicht notwendig zu Timingschwankungen kommt, verändert die Latenz die Spielweise vieler Musiker. Dass ist vor allem bei der Dynamik hörbar, außerdem finde ich, dass auch die besten Plug-ins Transienten noch immer nicht vollständig überzeugend nachbilden. Ich bin also nach wie vor n echter Verstärker. In der Editier- oder Mix-Phase setzte ich schon mal gerne Amp-Plug-ins ein. Dann aber eher, um bereits passenden Klängen einen weiteren Charakter zu geben oder neue Klangpfade zu beschreiten.

Wir brauchen Bass

In der Praxis gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten, einen E-Bass aufzunehmen. Die Direkt-Aufnahme mittels DI-Box ist sicher die simpelste Methode: Bass einstecken, DI-Box- Out mit einem Audio-Interface, Channelstrip oder Mischpult verbinden und aufnehmen. Spezielle Preamps für die Bassaufnahme mit darauf angepasster Klangregelung oder integrierter Amp-Simulation sind hier fast schon Luxus. Durch die direkte Aufnahme kann ohne Lärmbelästigung auch spät nachts oder in Wohnhäusern recorded werden. Der trockene Sound ist als Ausgangsbasis für weitere Klangbearbeitungen oder auch Reamping (dazu später mehr) perfekt geeignet und kann mitunter ohne weitere Bearbeitung perfekt zum jeweiligen Song passen. DI-Spuren fehlt es aber meist an Körper, sie wirken etwas eindimensional und steril. Die Abnahme einer Bassanlage mittels Mikrofon ist vergleichbar mit der Abnahme eines Gitarrenverstärkers, der Unterschied liegt lediglich in der Mikrofonauswahl. Für Bass haben sich dynamische Mikrofone, die für den Bassbereich optimiert wurden, oder Großmembran-Kondensatormikrofone bewährt. Mikrofone mit ausgeprägtem Nahbesprechungseffekt können dem Bass das nötige Fundament geben, können aber mitunter auch zuviel des Guten sein. Möchten Sie sowohl Amp- als auch Direktsignal gleichzeitig aufzeichnen, nutzen sie dafür den „Link Out“ der DI-Box, der wiederum den Input des Verstärkers befeuert – das Signal wird also gesplittet. Diese Variante ist seit Jahrzehnten der Quasi-Studiostandard. Der Bass-Sound entsteht dann im Mix durch die Mischung aus DI- und Amp-Signal. Da der Bass bereits in einem sehr frühen Stadium – entweder mit den Drums oder direkt im Anschluss an die Schlagzeug-Aufnahme – eingespielt wird, ist es wichtig, von vorneherein offen für spätere Feinanpassungen des Basssounds zu sein.

Laut macht Sound

Der E-Gitarrensound wird zunächst von der Kombination Gitarre/Amp bestimmt, hängt aber auch in hohem Maße von der Lautstärke ab: Bei hohen Lautstärken wird der Abstand vom Nutzsignal zum Rauschen des Verstärkers besser, bei zu hoher Lautstärke beginnt der Amp, Kompressionseffekte zu erzeugen. Die können durchaus erwünscht sein, weswegen die Lautstärke zunächst abhängt vom Wunsch-Sound. Bei modernen Produktionen wird dies bewusst genutzt, weswegen häufig eine ganze Wagenladung an verschiedenen Gitarren und Amps zu Einsatz kommt. Es empfiehlt sich, die Box in einem eigenen, von der Regie getrennten Raum aufzunehmen. In großen Studios gibt es dafür meist sogar spezielle Amp-Kabinen, die über Speaker-Tie-Lines mit der Regie verbunden sind. Der Gitarrist befindet sich dann mit Gitarre und Verstärker-Topteil in der Regie und spielt dort seinen Part ein, die eigentliche Mikrofonierung findet akustisch getrennt statt. Dies erleichtert die Kommunikation und der Instrumentalist hört über die Studiolautsprecher den Aufnahme-Sound, der sich in aller Regel von dem Schalleindruck vor der Box unterscheidet. Auch im Hobbybereich ist so eine Aufnahmesituation einfach herzustellen – die Kosten eines 20-Meter Lautsprecherkabels sind nicht hoch, dieses passt eventuell unter einen Türspalt zum Nebenraum und der Klangverlust auf diese Distanz ist absolut vernachlässigbar. Zur Abnahme eignen sich dynamische Mikrofone und Kleinmembran-Kondensatormikrofone, auch Großmembran-Kondensator- oder Bändchenmikrofone sind beliebt. Vorsicht ist beim Schallpegel geboten, da empfindliche Schallwandler übersteuern oder bleibenden Schaden davontragen können. Experimentieren Sie ruhig mal mit sehr kostengünstigen Kleinmembran-Mikrofonen. Ich habe hier schon sehr eigenwillige Sounds erzielt – und sollte das Mikrofon kaputt gehen, ist dies kein schlimmer Verlust. Close Miking Gebräuchlich ist das sogenannte Close Miking: Das Mikrofon wird sehr nahe, in einem Abstand von circa fünf Zentimetern vor den Lautsprecher gestellt. Meistens verwendet man gerichtete Mikrofone, weswegen, zusammen mit dem Abstrahlverhalten des Lautsprechers, bereits minimale Positionsveränderungen enorme Soundunterschiede bewirken. In der Mitte des Lautsprechers, an der Kalotte, ist der Klang sehr höhenreich und spitz, zum Rand hin verschwinden die Höhen Stück für Stück. Wird das Mikrofon gewinkelt zum Lautsprecher aufgestellt, lässt sich ein breiteres Frequenzbild einzufangen. Experimentieren Sie also mit verschiedenen Positionen und Winkeln.

Multimikrofonie

Häufig werden Verstärker mit mehreren, gerne auch sehr unterschiedlichen Mikrofonen abgenommen. So lässt sich durch das Zusammenmischen der unterschiedlichen Mikrofone/Mikrofontypen praktisch jede gängige Soundvorstellung umsetzen. Achten Sie auf die richtige Phasenlage, da sich in der Mischung die Mikrofon-Signale sonst gegenseitig auslöschen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Signale zusammengemischt direkt auf nur einer Spur aufgenommen werden und nachträgliche Eingriffe nicht mehr möglich sind. Wenn Sie mehrere Mikrofone nutzen und wenig Erfahrungen haben, kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang zwei Tipps geben: Wenn jedes Mikrofon den gleichen Abstand zum Lautsprecher hat, und wenn Sie immer den gleichen Lautsprecher mehrfach mikrofoniert haben, müssen Sie sich in aller Regel um Auslöschungen keine Sorgen machen. Gebräuchlich ist auch die Kombination von Close Mikings mit sogenannten Ambience Mikrofonen. Hierfür werden ein oder mehrere Mikrofone im Raum positioniert, um später dem Gitarrensignal hinzugemischt zu werden. Hierbei ist die Phasenlage wieder entscheidend, da das Signal aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten zu den einzelnen Mikrofonen, früher auf den Close Mics eintrifft. Nimmt man diese allerdings auf getrennten Spuren auf, so kann man diese später einfach um einige Millisekunden in der DAW nach vorne ziehen, um sie in die passende Phase zu bringen. Ambience-Mikrofone klingen nicht so direkt, können aber zusammen mit einer Nah-Mikrofonierung Charakter in das Signal bringen. Selbstverständlich lässt sich auch noch nachträglich mit künstlichen Raumeffekten experimentieren. Ebenso können Combo-Verstärker mit offener Rückwand auch von hinten zusätzlich mikrofoniert werden. Damit erhalten Sie zusätzliche Bassanteile, die für sich genommen nicht gut klingen werden, aber in Kombination mit anderen Mikrofon-Signalen viel bewirken können. Bei diesem Verfahren müssen Sie aber den Phasendreher bemühen. Ich nutze bei Multimikrofonie jedes Mikrofon gezielt als klangbestimmendes Element des Gesamtklangs – beispielsweise liefert ein dynamisches Mikrofon mit baubedingter Präsenzanhebung den Biss, ein GroßmembranKondensatormikrofon den Schub. Bereits während der Aufnahme erzeuge ich mittels individueller Mischungsverhältnisse direkt den jeweils passenden Sound für unterschiedliche Songs oder Passagen, ohne dafür mein Grundsetup umbauen zu müssen. Cleanere Sounds erzeuge ich meist mit nur einem einzigen Mikrofon mit eher breiterer Einsprechrichtung oder etwas mehr Distanz zum Verstärker. Bei ganzen Albumproduktionen baue ich zumeist zwei bis drei Verstärker auf, die allesamt einzeln mikrofoniert sind. So kann ich schnell zwischen unterschiedlichen Grundsounds – beispielsweise Clean-Funky im Vers, Rockbrett im Refrain oder Solo-Lead-Sound – wechseln, die Feinheit passe ich direkt passend zum jeweiligen Song an. Damit haben Sie bereits eine Menge Zutaten für eigenkreative Experimente auf dem Weg zum „guten Gitarrensound“. Im nächsten Heft gibt es noch ein paar Leckerlis dazu, bevor ich mich einem neuen Kapitel widme.

Es spricht nichts dagegen, E-Gitarren direkt mit einer Kollektion an Effekten aufzunehmen.

Was ist ein „guter“ Gitarrensound? Und wie soll man diesen definieren? Ich finde, gerade bei Gitarrenaufnahmen kommen eine ganze Reihe Faktoren zusammen, die das Gesamtergebnis mit beeinflussen. Das Equipment, angefangen beim Instrument, über Verstärker und Boxen, bis hin zu verwendeten Kabeln, prägt den Sound selbstverständlich. Der Grundstein für die Qualität eines Sounds oder einer Performance wird immer noch vor dem Mikrofon gelegt und ganz entscheidend ist und bleibt der Musiker. In diesem Zusammenhang fallen mir die Recordings für die Produktion einer Ostberliner Rockband kurz nach der Wende ein. Die Musiker kamen mit recht abenteuerlichem, zum größten Teil selbst gebautem Equipment ins Studio. Was da raus kam war oft richtig gut, manchmal zumindest „interessant“, für Solo-Gitarren aber eine Katastrophe. Weil beide Gitarristen auch nicht gerade die besten Solisten waren, beschloss ich, einen befreundeten Session-Gitarristen für einen Tag zu engagieren. Der kam wie üblich mit einem Kleinlaster voller Gitarren, Amps und Boxen an. Bevor wir anfingen auszuladen, meinte er: „Zeig´ mal, was Ihr da habt!“. Er nahm sich eine der bandeigenen Gitarren und legte über unser bestehendes Setup los. Sie ahnen es bereits: Was jetzt aus den Lautsprechern kam, hatte nichts mehr mit dem bis dahin Gehörten zu tun, sondern richtig Klasse. Der Kleinlaster blieb beladen, wir spielten alles mit dem „Ost-Equipment“ ein und nach 3 Stunden war die ganze Sache erledigt. Bei einem anderen Recording hatte das 20m-Bühnenkabel des Gitarristen jeglichen Regeln zum Trotz den (subjektiv) besseren Klang als alle anderen, durchaus hochwertigen Kabel, die wir zur Verfügung hatten. Wo also anfangen? Und auf was sollte man achten? Aus Geschichten wie diesen habe ich gelernt, zunächst für einen guten beziehungsweise gewünschten Sound im Aufnahmeraum zu sorgen. Erst danach beginnt meine eigentliche Arbeit. Wenn ich durch meine Mikrofonie erreiche, über die Lautsprecher in der Regie das wieder zu finden, was im Aufnahmeraum stattfindet, ist ein wichtiger Schritt getan. Manchmal reicht dafür ein simples SM57. Ich kann mich aber auch an Sessions erinnern, bei denen ein Lautsprecher einer 4x10er Box mit 8 unterschiedlichen Mikrofonen zugekleistert wurde, um aus dem Mischungsverhältnis verschiedener Mikros den passenden Sound zu kreieren – inklusive Phasenfehlern und Kammfiltereffekten, die aber vielleicht gerade zu dem richtigen Ergebnis geführt haben. Oft wird man den Nahbesprechungseffekt nutzen, um einen „fetteren“ Sound zu bekommen, manchmal stelle ich aber auch ein AKG C12 etwa 50 Zentimeter von der Box entfernt auf, um einen natürlichen, offeneren Sound zu erhalten. Ausprobieren, hinhören, Meinung bilden und Entscheidungen treffen ist hier wieder einmal angesagt. Nun kann man weiter kreativ werden, um das, was man hört, für die Produktion zu optimieren. Ergänzen oder stören sich die Sounds gegenseitig? Vor allem bei Layer-Sounds, also der Mischung verschiedener, meist nacheinander aufgenommener Sounds, die alle verschiedene Aufgaben haben, aber am Ende wie eine „große“ Gitarre klingen sollen, ist dies entscheidend. Für das Spielgefühl des Instrumentalisten ist meiner Erfahrung nach auch sehr wichtig, dass er schon beim Einspielen den Sound hören kann, den wir letztlich auf der Aufnahme hören wollen. Deshalb verwende ich gerade bei Gitarren-Recordings jegliche Art von Bodentretern, Tape Delays, Federhall und so weiter und nehme konsequent einen Sound mit all seinen Effekten auf, wenn es sich gut und richtig anfühlt. Außerdem haben sich über die Jahre ein paar Kompressoren oder EQs zu meinen Favoriten entwickelt, die ich häufig auch im Recording mitbenutze. Dinge, wie die verwendeten Mikrofone getrennt aufzunehmen, um das Mischungsverhältnis später noch in der Hand zu haben oder Reamping mittels einer zusätzlich aufgenommenen DI-Spur, weil der aufgenommene Sound doch nicht gefällt, sind dank heutiger Aufnahmetechnik mit kaum begrenzter Spurenanzahl zwar möglich, aber nicht meine Welt. Wenn alles passt und (hoffentlich) die richtigen Entscheidungen getroffen sind, ist ein großer Teil des Sounddesigns bereits mit dem Recording erledigt und man kann sich später beim Mischen anderen, vielleicht sogar wichtigeren Details widmen. Deswegen: If it sounds good, tape it – Wenn´s gut klingt, dann nimm es auf!!!



Kommentare


von  Professional audio am 26.04.2012
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