Steinberg UR22
Steinberg UR22
Test USB-Audio-Interface Steinberg UR 22
Ohne zu viel vorwegzunehmen, es ist immer eine Frage der Relation – manche nennen es auch Preis-Leistungs-Verhältnis –, ob auch ein relativ günstiges Produkt, wie das neue USB-Audio-Interface UR22 von Steinberg, als sehr guter Testkandidat beurteilt werden kann. Selbstredend kann ein zweikanaliges Audio-Interface für 148 Euro kein üppig ausgestattetes Top-Modell wie beispielsweise das Fireface UC von RME (Test in Heft 10/2009; UVP: 975 Euro) in allen Belangen in den Schatten stellen. Solche Vorstellungen bleiben wohl im Reich der Marketing-Träumerei. Dennoch kann ein auf bestimmte Belange hin optimiertes Produkt durchaus günstig sein und dennoch das, was es macht sehr gut machen. Genau da setzt Steinberg mit dem UR 22 an. Es handelt sich um ein mobiles USB-Audio-Interface, das sich in erster Linie an Musiker, Komponisten, Produzenten oder Tontechniker richtet, die ein robustes Produkt suchen, das zuverlässig, autark und bei klanglich hoher Qualität arbeitet.
Gut gerüstet: Das Steinberg UR 22
Auf der recht kleinen Frontplatte bleibt wenig Platz für Bedienelemente
Die Anzeigen des UR 22 sind sehr spartanisch und man kann auch nicht auf ein komfortables Software-Control-Panel auf dem Rechner zurückgreifen. Das rudimentäre Control-Panel des ASIO-Treibers beschränkt sich nämlich lediglich auf die Festlegung der Samplingfrequenz und der Buffer Size, um ein ausgewogenes Verhältnis von Betriebsstabilität und Latenzzeiten einstellen zu können. Die Hardware beschränkt sich ebenfalls auf das Nötigste und bietet nur je eine Peak-Anzeige pro Kanal. Diese erglimmt zunächst leicht, wenn die Übersteuerung naht und leuchtet auf, sobald der Eingang verzerrt. Außerdem stehen noch eine ebenfalls rot leuchtende Anzeige für die aktivierte Phantomspannung (Schalter auf der Rückseite) und eine weiße Anzeige, die über den Status der USB-Verbindung Auskunft gibt, zur Verfügung. Das war’s. Eine Pad- oder Phasenumkehrfunktion gibt es nicht. Der eine wird jetzt sagen: „Mehr braucht man doch auch nicht.“ Ein anderer wird hingegen die magere Ausstattung, unzureichende Aussteuerungsmöglichkeit und die Verwechslungsgefahr zwischen Peak- und 48V-Anzeige bemängeln. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit. Das UR 22 wird der üblichen Messroutine unterzogen. Zunächst stellt sich heraus, dass die Preamps über erfreulich hohe Verstärkungsreserven verfügen. Die Eingangsempfindlichkeit liegt bei extrem guten -67,5 Dezibel. Aufnahmen von leisen Schallquellen und mit ausgangsschwachen dynamischen Mikrofonen sind unproblematisch. Die Phantomspannung ist trotz USB-Bus-Speisung kein Thema und bewegt sich mit 47,3 Volt im Toleranzbereich. Weniger überzeugend sind die Messungen der Geräusch- und Fremdspannungsabstände. Für die Mikrofoneingänge liegen die Werte bei 75,0 und 72,0 Dezibel, was in Ordnung geht aber auch keine positive Überraschung ist. Der Noisefloor liegt zwar im Durchschnitt bei guten -95 Dezibel, Einstreuungen im Bass-Bereich (30 Hertz) liegen allerdings bei rund -78 Dezibel und trüben das Ergebnis etwas ein. Drastischer wird das noch bei den Messungen des Instrumenteneingangs. Geräusch- und Fremdspannungsabstand liegen jetzt bei 53,7 und 52,0 Dezibel. Peaks (30, 500 und 1.500 Hertz) im FFT-Spektrum reichen bis zu -66 Dezibel hinauf. Die THD+N-Werte sind dafür mit 0,03 Prozent wieder sehr ordentlich. Nur zur Orientierung: Der Klassenbeste, das RME Fireface UC, wartet mit einem Geräusch- und Fremdspannungsabstand (Mikrofoneingang) von 90,4 und 87,9 Dezibel, THD+N-Werten von 0,005 Prozent und einer Eingangsempfindlichkeit von -64,3 Dezibel auf. Allerdings kostet es auch rund 975 Euro, also das Sechsfache. Bei vergleichbar teuren Kandidaten wie dem US-144MKII von Tascam (Test in Heft 12/2009; UVP: 185 Euro) oder dem M-Audio Fast Track (Test in Heft 3/2010; UVP: 106 Euro) liegen die Werte in etwa auf Augenhöhe. Wobei die Geräusch- und Fremdspannungsabstände des UR 22 etwas schlechter, dafür aber die überzeugende Eingangsempfindlichkeit deutlich besser ist als die der Konkurrenten. Bei der Installation des Treibers und der Integration in die DAW (Magix Sequoia) treten keinerlei Probleme auf und das UR 22 ist im Handumdrehen einsatzbereit. Zunächst fällt die Stabilität des Treibers auf, der keinerlei Zicken macht, und erst bei Aufnahmen mit 192 Kilohertz und kleinster Buffer Size treten die ersten Aussetzer auf. Je nach System muss dann der Puffer-Wert erhöht werden aber ansonsten macht der Treiber einen sehr soliden Eindruck. Bei E-Gitarrenaufnahmen mit 96 Kilohertz, setze ich die Buffer Size auf 192 Samples und es kann ohne Probleme losgehen. Dabei zeigt die DAW mir Latenzzeiten von vier (In) und fünf (Out) Millisekunden an. Das Spielgefühl ist super und es gibt wahrlich nichts zu beanstanden. Selbst bei der Probe aufs Exempel – ich höre zunächst das Hardware Direct Monitoring und drehe den Mix-Regler dann auf die DAW-Position – ist kein Unterschied spürbar. Lediglich der Sound ist ein anderer: Das Signal klingt nicht mehr ganz so präzise und knackig wie vorher. Ansonsten ist der Klang des UR 22 überzeugend. Rauschen oder Nebengeräusche sind nicht auszumachen und die hohen Verstärkungsreserven der Preamps machen sich gerade bei Sprach- und Akustikgitarrenaufnahmen sehr positiv bemerkbar, da die Vorverstärker auch bei leisen Schallquellen nicht an ihrem Limit arbeiten müssen. Insgesamt ist der Klang eher zurückhaltend nüchtern und neutral, wobei die Auflösung und das Impulsverhalten für die Preisliga, in der das UR 22 spielt, absolut in Ordnung gehen. Bei Gesangs- und Akustikgitarrenaufnahmen vermisse ich zwar ein wenig Offenheit und Präzision beim Einfangen der Anschlaggeräusche und der Timbredetails. Für mobiles Recording und schnelles Festhalten von Songskizzen oder Ideen ist das UR 22 aber sehr gut geeignet. Das Interface macht klanglich einen insgesamt eher unprätentiösen und ehrlichen Eindruck und seine zuverlässige und unkomplizierte Art wird sich in vielen Aufnahmesituationen sehr positiv bemerkbar machen.
Besonders die unkomplizeirte Stromversorgung via USB prädestiniert das UR 22 für den mobilien Einsatz
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