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Test: Sample Library UVI Mello und IRCAM Prepared Piano

Test: Sample Library UVI Mello und IRCAM Prepared Piano

Die Gerätegattung Sampler zählt heutzutage zu den Selbstverständlichkeiten bei der Produktion von Musik. Doch im Grunde genommen ist das ein alter Hut, wenn man rund 50 Jahre zurückblickt. Denn bereits seit den 1960er Jahren feiert der analoge Vorläufer der heutigen Sampler Erfolge und beeindruckte seinerzeit die Musiker mit seinen klanglichen Möglichkeiten. Die Rede ist vom Mellotron, einer sozusagen per Klaviatur spielbaren, polyphonen Tonband-Maschine. Das Flöten-Intro des Beatles-Songs „Strawberry Fields“ steht dabei als bekannteste Visitenkarte für den markanten Sound des Mellotron.Doch es geht noch weiter zurück. Konzentrieren wir uns einmal auf den Haupt-Wesenszug des Samplers, dass beim Drücken einer Taste alles andere zu hören ist, nur nicht wie erwartet ein Klavier-, Synthesizer- oder E-Piano-Klang und gehen wir jetzt rund 70 Jahre zurück in die Geschichte, finden wir die akustisch-mechanische Variante des Samplers in Form des sogenannten „Prepared Pianos“, das seinerzeit in Vollendung vom amerikanischen Komponisten John Cage ersonnen wurde (siehe Kasten auf Seite 38). Zwischen die Klavier-Saiten eines Flügels werden dabei Schrauben, Holzstücke, Papier, Münzen, ja sogar Radiergummis gesteckt, die den Klavierklang auf eigentümliche Weise verfremden und in gleicher Weise die Klang-Palette des Instruments erheblich erweitert und sogar umwidmet. Beiden Vorvätern des modernen Digital-Samplings hat das französische Soundware-Unternehmen UVI mit der Mello- und IRCAM Prepared Piano-Library die Ehre erwiesen und beide Klassiker auf die virtuelle Ebene portiert. Das IRCAM Prepared Piano ist dabei unseres Wissens nach die bislang erste und einzige Library, die dieses klanglich eigentümlich erweiterte Instrument abbildet. Das hat folglich auch seinen Preis, der mit rund 350 Euro im höheren Preis-Segment angesiedelt ist. Ob der Preis gerechtfertigt ist, wird der Test noch zeigen. Bei der Mello-Library sind die Verhältnisse anders gelagert, denn virtuelle Umsetzungen des Mellotrons gibt es mittlerweile einige. Zu nennen wäre etwa die Sampletron-Library von IK Multimedia (Test in Heft 7/2008) oder das M-Tron-Pro-Instrument von Gforce, denen sich Mello gegenüber behaupten muss.

UVI Mello enthält die Sounds des Mellotron M400 und wartet mit vielfältigen Eingriffsmöglichkeiten in die Sounds auf.

Bei Bedarf können die Mellotron-Sounds völlig frei transponiert werden.

UVI IRCAM Prepared Piano erlaubt das Präparieren jeder einzelnen Klaviernote.

Im Hörtest werden wir schließlich nicht enttäuscht von den sich bietenden Klang-Spektren. In seiner Originalgestalt, also ohne Präparierungen, besticht der Klang des C7-Flügels durch einen eher nüchternen Grundsound mit betontem Attack, der in allen Registern transparent erklingt. Damit lässt er sich universell in jeder Art von Pop- und Rockmusik bestens einsetzen. Für Schubert- oder Schumann-Sonaten eignet er sich hingegen weniger, wie wir finden. Doch gerade dieser Grundsound liefert den Nährboden für die anschließenden Präparierungen, die stets glasklar und detailliert durchhörbar sind. Erwartungsgemäß sind mit einem Mal seltsam schnarrende und rasselnde Sounds zu hören, Klavierklänge, die mit unharmonischen Obertönen überlaut durchsetzt sind, ein anderes Mal sind perkussive Klänge in vielen Schattierungen hörbar, die vom Klavierklang als solchem gar nichts mehr übrig lassen und recht schnell eher an Woodblocks erinnern, an teils verstimmte Banjos oder Zithern oder an andere Instrumentenfremde Geräusche, etwa wenn an einem Vogelkäfig aus Metall gerüttelt wird. Diese Klangspektren werden durch die verschiedenen Möglichkeiten zum Anregen/Anschlagen der Saiten dabei zusätzlich variiert und präsentieren die Grundsounds in klanglichen Abstufungen von dumpf bis spitz. Wer schon einmal ein Preparded Piano live gehört hat, wird in jedem Fall viele bekannte Klänge direkt wieder erkennen. Doch wie erwähnt, geht das IRCAM Prepared Piano noch ein paar Schritte weiter. Gerade die Sounds, die mit Bogen und E-Bow erzeugt werden, sind eine akustische Show und verwandeln ein akustisches Instrument wie von Geisterhand in einen eigentümlich klingenden Synthesizer. Insgesamt haben wir solche Klangfarben im Bereich der Pop-, Rock- und Dancefloor-Musik bislang noch nicht gehört, weshalb sie als besondere i-Tüpfelchen in jeder Produktion einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen dürften. Sicherlich, ein ganz und gar perfektes Produkt ist die Library nicht. So gibt es keine Möglichkeit, auf virtuellem Weg die Präparierung kontinuierlich über die Klaviersaite zu bewegen und zu positionieren. Doch das müsste durch eine riesige zusätzliche Datenmenge teuer erkauft werden. Den Spaß beim Spielen der IRCAM Preparded Piano Library hat dies jedenfalls inkeiner Weise geschmälert. Glückwunsch daher für die gelungene Umsetzung eines markant klingenden Klavier-Klassikers mit absolutem Exoten-Status.

Über die Settings-Page sind grundlegende Eingriffe in die Verhaltensweise der Library möglich.



Kommentare


von  Professional audio am 28.10.2013
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