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ITEM:N am 23.02.23 um 17:50

Nyquist...oder warum es auch im Sommer nicht warm wird

Es ist schon faszinierend auf YouTube den großen Mixern zuzuschauen, wie sie mit ihren Saturation Plug-in´s und den emulierten Hardware Kompressoren auf den Spuren und Bussen umgehen. Welche Plug-in´s sie wie und wo verwenden und wie das dann klingt, so schön warm, analog und einfach HIMMLISCH!

Und ich als Anfänger und Bedroom Producer war natürlich begeistert von diesen Plug-in´s sprich, wenn das bei Andrew Scheps, CLA, Silvia Massey und Konsorten so gut klingt, dann muss das doch auch bei mir auf meiner DAW genau so gut klingen...oder etwa nicht?

Die Antwort ist ganz einfach: NÖ

Ich bin Blauäugig (wie viele von uns) durch die Plug-in Landschaft gewandert, kaufte mir dieses Saturation Plug-in, diesen Hardware Nachbau, dieses und jenes Tape Plug-in und obwohl es von der Presse hochgelobt wurde und sogar Top Mixer es als den GAMECHANGER angepriesen haben, war bei mir von analoger Wärme gar nichts zu hören, sondern genau das Gegenteil.

...Das Nyquist Theorem...spukte bei mir schon immer im Hinterstübchen rum, aber ich hab es nie wirklich beachtet. Warum auch? Ich bin Musiker und kein Ingenieur :-) Aber so einfach ist es nicht, besonders nicht in der digitalen Umgebung.

Wem das Nyquist Theorem nichts sagt, ich habs hier mal zusammengefasst:

Das Nyquist Theorem besagt, dass ein digitales Abtastsystem eine Abtastrate haben muss, die mindestens doppelt so hoch ist wie die der höchsten abgetasteten Tonfrequenz, um Aliasing zu vermeiden und somit den gewünschten Ton perfekt zu reproduzieren.
Da Anti-Aliasing-Filter nicht perfekt sind, muss die Abtastfrequenz in der Regel etwas mehr als doppelt so hoch sein wie die maximale Eingangsfrequenz. Deshalb wurde die Standard-Audiofrequenz von 44,1 kHz für eine nominale Audiobandbreite von 20 kHz gewählt.

In der Regel produzieren wir (Amateure) alle mit 44,1 Khz für Musik und für Film, Video mit 48 Khz. Das hat sich bewährt. Die Dateien bleiben klein und man handelt sich beim Dithering keine störenden Artefakte ein. Passt also soweit. ABER:

Die Nyqusit Frequenz ist bei 44,1 Khz die Hälfte des Wertes, also 22, 5 Khz. Ja toll das zu wissen aber was sagt uns das?

Angenommen Du kaufst Dir ein tolles Saturation Plugin oder einen Kompressor, der Second Order Harmonics Deinem Sound hinzufügt. Sprich, wenn Du einen Ton bei 200 Hz hast, gibt es Dir Obertöne bei 400, 800, 1600, 3200, 6400, 12800 und 25600 Hz dazu...Da aber bei der Nyquist Frequenz Ende ist, also bei 44.1 kHz: 22050 Hz, prallen alle Frequenzen auf Dein gesamtes Frequenz Spektrum zurück. (Stell es Dir wie eine digitale Wand vor). Und das schaukelt sich natürlich auf und der Sound klingt hart und harsch...und Du hast genau das Gegenteil von dem was Du eigentlich erreichen wolltest, nämlich Aliasing.

Die Mix Profis in den Videos haben das selbe Problem, aber da Sie mit Abtastraten jenseits von 96 kHz arbeiten, kommt von den harschen Frequenzen kaum was an. Und es klingt damit immer besser als mit unserer „lausigen“ 44.1 kHz Abtastrate.

Aber da ist Licht im Tunnel: OVERSAMPLING

Um Aliasing weitgehenst zu vermeiden, haben sich Software Entwickler natürlich Gedanken gemacht. Und die Lösung nennt sich Oversampling:

Oversampling ist eine Funktion in den Plug-ins, die die Samplingrate des zu verarbeitenden Signals um ein Vielfaches wie 2 oder 4 erhöht. Wenn Deine Sampling-Rate also 48 kHz beträgt, wird die Sampling-Rate durch die Einstellung 2x Oversampling auf 96 kHz intern erhöht.
Leider ist das Anwenden von Oversampling CPU-intensiver, aber selbst meine Uralt Kiste (7Jahre alt) kommt bei vielen Plugins auf den Spuren und Bussen mit 4x fach Oversampling gut klar.

Bewundernswert finde ich das Feature das die Macher von der DAW REAPER vor einiger Zeit gemacht haben. Denn Reaper ist jetzt die einzige DAW die JEDES Plugin Oversamplen kann, grandiose Idee. Hoffe aber das andere DAW ´s bald nachziehen, das wäre wirklich wichtig.

Also, wenn Ihr Euch ein Saturation Plug-in, eine Tape Emulation, einen Kompressor, ein Tube EQ Plug-in holen wollt, alles was Eurem Sound, second oder third Harmonics hinzufügt, schaut darauf das es eine Oversampling Funktion gibt: Denn ansonsten klingt es auch im Sommer nicht warm ;-)


Ein tolles Video zu diesem Thema gibt es von Dan Worral (ich liebe diesen Kerl)



SevenValues
SevenValues April 2023
Klasse Beitrag! Das ist ein wichtiger Blog für das Verständnis von Oversampling, Dithering und Abtastraten.

Ich persönlich schicke neuerdings meine Songs durch eine weiche Analogstufe.
Hab auch schon überlegt, wie denn das Ergebnis mit einem Arduino sein würde.

Gruß,
7

Tom Wolf
Tom Wolf Februar 2023
Klasse Beitrag.
Ich persönlich mag den klaren, transparenten, digitalen Klang gern in dem ich jede Feinheit hören und wahrnehmen kann. Wenn ich analogen Klang brauche, nutze ich die Fostex 16-Spur Bandmaschine. Das kommt aber eher selten vor.

Mindmovie
Mindmovie Februar 2023
....und.....ich nutze keine Saturation plug ins sollte ich noch hinzufügen !

Mindmovie
Mindmovie Februar 2023
Tolle Abhandlung. Wenn man trotzdem keine utopisch hohen Samplingrates und sehr große Dateien haben möchte, wäre meine einfache Lösung - benutze einen Brickwall EQ jenseits der 22000 hz (das hört der normale Mensch eh nicht mehr, es sei denn er wurde gerade geboren) und blende alles darüber mit maximaler Reduktion aus.

Ich selbst arbeite mit 32bit float und 44.100 khz und bin mit den Resultaten durchaus zufrieden, habe aber auf jeder Spur sowohl einen Brickwall bei extrem niedrigen hz Frequenzen, als auch bei denen über 22.000 hz.

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