Dynamics in a Nutshell
Hallo liebe Gelblinge,
das Recording von Schlagzeug und anderen Instrumenten ist ein Riesenkapitel für sich. Nach einem sauberen Recording stellen sich jedoch immer wieder die selben Fragen:
- Wie passe ich den EQ optimal an?
- Wie komprimiere ich die einzelnen Instrumente?
Zuerst sei Euch gesagt, dass es keine wirklichen Richtlinien gibt. Jeder kann seinen EQ und Kompressor so einstellen, wie es ihm gefällt, denn "Dynamics" (EQ und Kompression) sind schon ein Teil des Sounddesigns. Es gibt aber ein paar Anwendungsbeispiele, die ich Euch mit auf den Weg geben möchte.
Bassdrum:
- EQ-Bereich: 50 Hz (Anm.: Tim Tonic mag seine Bassdrum bei 62 Hz.)
- EQ-Eigenschaften: Überbetonung bi 250 bis 300 Hz, Anschlagsklang bei etwa 3 kHz
- Kompression: Attack = 40 - 50 ms, lange Release = kurzer Klang, kurze Release = langer Klang, keine Röhrenkompressoren benutzen (wegen träger Reaktion), Gate nur im Notfall nutzen
Snare:
- EQ-Bereich: 200 Hz
- EQ-Eigenschaften: unter 100 Hz heraus filtern, zwischen 2 und 5 kHz anheben
- Kompression: Attack = 30 ms Minimum, Release = nicht unter 10 ms, Ratio 4 bis 6:1, hoher Threshold, niedriger Threshold für wenig Dynamik, kein Gate benutzen
Toms:
- EQ-Bereich: 1,5 bis 2 kHz
- EQ-Eigenschaften: Druckpunkt suchbar durch verschiedene Größen der Toms, Überbetonung bei 300 Hz
- Kompression: Gate benutzbar (auch im Mixdown)
Overheads (Cymbals, Hihats):
- EQ-Bereich: ab 200 Hz
- EQ-Eigenschaften: Tiefen herausfiltern
- Kompression: benötigt keine Kompression
Bass:
- EQ-Bereich: unter 100 Hz
- EQ-Eigenschaften: nichts filtern, eher anheben, 1,5 kHz absenken für soft und anheben für „punk“, Slap- Bereich bei 400 Hz
- Kompression: Attack = 80 bis 90 ms (im Live-Bereich kann mit einem hohen Pegel komprimiert werden)
Akustikgitarre und andere Hohlkörper-Instrumente aus Holz:
- EQ-Bereich: 300 Hz
- EQ-Eigenschaften: Fülle bei 1,5 kHz, Stahlsaiten geben Obertöne ab (Air-Bereich)
- Kompression: nur komprimieren mit (kurzen Regelzeiten), wenn man kurze Töne (Arpeggio) spielt.
E-Gitarre:
- EQ-Bereich: 100 Hz bis 5-6 kHz
- EQ-Eigenschaften: unter 100 Hz rausfiltern (Konflikte mit Bass und Kick vermeiden), Blues-Töne bei 500 bis 800 Hz und „schneidige“ Töne (Metal) bei 3 bis 6 kHz anheben
- Kompression: keine Kompression vorgesehen
Piano:
- EQ-Bereich: bis 900 Hz
- EQ-Eigenschaften: „aggressiver“ bei 1,5 kHz Anhebung
- Kompression: keine Kompression vorgesehen
Stimme (Vocals):
- EQ-Bereich: underschiedlich
- EQ-Eigenschaften: „Nase“ zwischen 700 Hz und 900 Hz absenken
- Kompression: Starke, mehre Kompressionen, unterschiedliche Regelzeiten
Wie gesagt, es handelt sich nicht um Richtlinien, sondern um reine Anwendungsbeispiele. So verschieden jeder Mensch ist, sind auch die Anwendungen. Zum Schluß möchte ich Euch aber noch eine kleine Übersicht der Frequenzbereiche geben:
- unter 60 Hz = Subbass
- 60 Hz bis 200 Hz = normaler Bass
- 200 Hz bis 2 kHz = untere Mitten
- 2 kHz bis 5 kHz = obere Mitten
- 5 kHz bis 7 kHz = Präsentien
- über 7 kHz = Höhen (Air-Bereich)
Und nun viel Spaß beim recorden! =)
(Bildquelle: eyeliam)
Kommentare
War ne gute Idee und ich denke von solchen standards ausgehend kann jeder
Der nicht viel davon versteht, einen guten Sound selber herstellen.......
Gruz Tom
Die Profis unter Euch werden sowieso Ihre ganz persönlichen Verfahrensweisen und Frequenzen haben, mit denen sie arbeiten.
Optimal tastet man sich aber selber an die Frequenzen ran denn wenn meine Base z.B. höher/niedriger klickt muss das im EQ berücksichtigt werden. Mit dem richtigen Trick ist das alles andere als Hexenwerk und eine sehr gute Lektion für Neulinge! Würde aber den Rahmen eines Kommentars sprengen.
Wie viel man dem EQ gibt ist dann natürlich eine frage des Stils, des Arrangements und natürlich persönlichem Geschmack.
Es geht rein um eine Recording-Situation. Das Piano ist ein sehr dynamisches Instrument. Wenn Töne leise gespielt sind, ist das meist gewollt. Einzelne Noten lassen sich heutzutage sehr einfach nach bearbeiten. Ich persönlich würde das so machen, denn die eigentliche Dynamik würde ich nicht mit ein Kompressor zerstören wollen.
Aber jeder kann es so machen, wie er will.
Beispiel 1: Eine echtes Piano ist ein hoch dynamisches Instrument dessen Klangfarbe "und" Lautstärke mit der Anschlagstärke variiert. Wenn jetzt sehr dynamisch gespielt wird, kriegst du ohne angemessene Kompression das Piano in einem komplexen Arrangement nicht im Mix integriert. Entweder die leisen Noten gehen unter oder die lauten fliegen Dir aus dem Mix. Gleiches Anwendungsfeld wie bei Vocals.
Beispiel 2: Du möchtest, dass sich der Anschlag des Pianos im Mix durchsetzt, aber der Ausklang nicht zu stark hervorkommt. Mittlerer bis langer Attack, so dass die Transienten nach Bedarf präsent bleiben und dann so stark komprimieren, dass der Ausklang im passenden Verhältnis abgesenkt wird. Dann eine Releasezeit wählen, dass der Ausklang leise gehalten bleibt, der Kompressor aber bis zur nächsten Note nicht mehr arbeitet. Immer dann eine Anwendungsfalls, wenn man die Transienten im Verhältnis zum Nachklang hervorheben möchte (bspw. bei Gitarren).
Ich finde, dass Aussagen wie "nicht vorgesehen" oder auch "kein Gate benutzen" bei Snares den Eindruck eine "Regel" erwecken, die so einfach nicht zutreffend ist ;-)
Auch wenn Du zweimal hervorhebst, dass es keine Richtlinien sind ... einige Aussagen wie bspw. "keine Kompression vorgesehen" bei Piano halte ich für irreführend. Etwas mehr Details bzw. der konkrete Anwendungsfall wären da vielleicht noch hilfreicher.